Nachdem Yung Hurn letztes Jahr auf dem Openair Frauenfeld ein legendäres und zugleich skurriles Interview ablieferte, bekommen wir nun endlich neuen Stoff: Yung Hurn ist wieder beim Schweizer Rundfunk im Interview zu Gast – und es ist verstörend.
Die Vorgeschichte
Um Yung Hurns Verhalten verstehen zu können – zumindest ein bisschen – müssen wir uns an das Interview im vergangenen Jahr zurückerinnern: die Idee des SRF war es, 100 Sekunden Yung Hurn zu liefern. Das Interview gestaltete sich aber so außergewöhnlich, dass der SRF einige Zeit nach der Veröffentlichung der 100 Sekunden Version auch das ungeschnittene Video hochlud.
Dass die ungekürzte Version ebenfalls veröffentlicht wird, war dabei anscheinend nicht abgesprochen. Natürlich ging das Interview viral und erreichte über 600.000 Klicks auf YouTube. Ein Grund für den SRF, Yung Hurn erneut vor die Kamera bekommen zu wollen. Das Konzept des diesjährigen Interviews sollte folgendes sein: Yung Hurn werden exakt die selben Fragen wie im Vorjahr gestellt und man schaut, was passieren wird. Aber daraus wurde nichts.
Das Interview 2018
Gleich zu Beginn verlangt er eine Entschuldigung von Ivo Amarilli, dem Interviewer. Wofür er sich entschuldigen soll, geht daraus nicht hervor, es lässt sich aber annehmen, dass das Interview vom letzten Jahr der Grund dafür ist. Sollte es wirklich nicht abgesprochen gewesen sein, dass die ungeschnittene Version vom SRF hochgeladen wird, so ist Yung Hurn diese Entschuldigung auch gewährt.
Die Fragen vom letzten Jahr will der Rapper nicht beantwortet, sondern „nur schöne Fragen“. Mit skurrilen und sarkastischen Antworten versucht Yung Hurn den Interviewer aus dem Konzept zu bringen – mit einigem Erfolg. Auf die Frage, ob seine Crew und er sich öfters unter das Publikum mischen, also „zu den Leuten rausgehen“, antwortet dieser nur: „Jeden Tag. Ich geh jeden Tag hinaus zu den Leuten“.
Yung Hurn versucht den Spieß umzudrehen und zu interviewen, anstatt interviewt zu werden. Nur zu gerne würde man wissen wollen, was in seinem Kopf vorgeht, denn wie aus dem Nichts stellt er pseudo-philosophische Fragen anstatt zu antworten. An dieser Stelle kann man dem Interviewer großes Lob aussprechen, der mit der skurrilen Situation ausgesprochen gut umgeht. Er passt sich an Yung Hurns unerklärliches Verhalten an, versucht, auf seine Aussagen einzugehen und „nur schöne Fragen“ zu stellen.
Darüber zu sprechen, dass er mit Rin später noch den gemeinsamen Song „Bianco“ performen wird, scheint ihn nicht zu interessieren, lieber fragt er: „Wenn du wirklich nachdenkst, denkst du, bist du wichtig?“. Als es dann um die Schulzeit des Interviewers geht, ist Yung Hurn plötzlich wieder konzentriert und motiviert genug nachzufragen.
Gerade als wir denken, das Interview ist zu Ende, folgt noch eine letzte schön unangenehme Situation: Yung Hurn umarmt den Interviewer viel zu lang und viel zu intensiv. Dabei macht er beruhigende „Psssscht“-Geräusche und streichelt den Interviewer. Dieser hält der weirden Situation aber tapfer stand.
Ist das Taktik?
Yung Hurn behauptet, sich an das Interview vom letzten Jahr nicht mehr erinnern zu können, was eher schwer vorstellbar ist, wenn man bedenkt, für wie viel Aufmerksamkeit das Video gesorgt hatte. Aber Yung Hurn ist nunmal Yung Hurn, es könnte also auch gut sein, dass er sich einfach nicht für sein mediales Auftreten und seinen Ruf interessiert. Aufgrund der eingeforderten Entschuldigung scheint es aber durchaus realistischer, dass Yung Hurn den Spieß diesmal umdrehen wollte.
Wie viel Taktik und Planung seinerseits dahinter steckt, wissen wir natürlich nicht. Was wir aber auch anmerken müssen ist, dass Yung Hurn für so ein Verhalten bekannt ist. Vor allem nach dem Interview von 2017 sollte es also nicht allzu überraschend sein, dass er wieder ein legendäres Interview liefert und vielleicht eben auch liefern wollte.
Das Interview zeigt mal wieder das gesamte Yung Hurn Phänomen auf: Irgendwo zwischen Selbstinszenierung und keinen Fick geben. Wie viel Strategie hinter seinem medialen Auftreten steckt lässt sich schwer beurteilen. Unterhaltsam ist das Interview auf jeden Fall, ob so ein Verhalten gegenüber Interviewpartnern fair ist, ist eine andere Sache.