Er ist nicht totzukriegen: Der gute, alte Jahresrückblick. In den kalten Tagen zwischen Weihnachten und Silvester gibt es meist nicht viel zu tun – genug Zeit also, das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. Während unsere geschätzten Kollegen verstärkt auf subjektive Jahresrückblicke aus der Sicht ausgewählter Künstler setzen, bietet rap.de die umfassende Story: Alles, was im Rapjahr 2012 relevant und wichtig war, findet ihr in diesem dreiteiligen Artikel. Wirklich alles? Ja, wirklich alles. Hier der dritte Teil mit den Monaten September, Oktober, November und Dezember.
Der September beginnt mit weiteren kommerziellen Erfolgen: Max Herre entert mit seinem neuen Soloalbum “Hallo Welt“ die Albumcharts ganz oben, während Cro weiter munter Rekorde bricht. Auch der erste Vorbote von Xavas, dem gemeinsamen Projekt von Savas und Xavier Naidoo, die Single „Schau nicht mehr zurück“ startet hoffnungsfroh auf Rang #2 der deutschen Singlecharts. Ist aber noch lange nicht alles…
Auch Eko legt mit seinem neuen Doppelalbum “Ek to the roots“, das viele als das beste und reifste seiner bisherigen Karriere bezeichnen, einen hohen Chartentry hin: Bis auf die #3 schafft er es, was bedeutet, dass er nun 700 Bars für seine Fans aufnehmen muss.
Mach One meldet sich sieben Jahre nach Teil 1 mit dem zweiten „Meisterstück“ zurück und legt, man ist es ja schon fast gewohnt, aber halt nicht unbedingt von Mach, ebenfalls einen sauberen Charteinstieg hin. Schönes Ding, zumal der Mann ja nun wirklich nicht auf den Mund gefallen ist.
Bass Sultan Hengzt ist endlich ein freier Mann: Sein altes Label Murderbass lässt ihn endgültig ziehen. Neue Projekte sind bereits in der Mache, konkrete Ankündigungen lassen aber zunächst auf sich warten.
Hochinteressante Releases kommen zum einen von den 257ers, die mit “HRNSHN“ die Top Ten entern sowie von Nazar, dem mit „Narkose“ das gleiche gelingt. Auch der Bonner Ssio, ein junger Gangsta-Rapper aus dem Xatar-Umfeld wird mit einem sehr sauberen Mixtape vorstellig. „Spezial Material“ schafft es bis auf Platz 69.
Bei einer Live-Session in Berlin stellen Savas und Xavier Naidoo erste Songs ihres kommenden Albums „Gespaltene Persönlichkeit“ vor. Marteria schnappt sich derweil Yasha und Miss Platnum und sichert sich mit der „Lila Wolken“-EP die Pole Position in den Singlecharts.
Die Orsons wiederum bekommen Ärger mit der Hauptfigur eines ihrer Songs: „Horst und Monika“ handelt vom Ex-Nazi Horst, der sich einer Geschlechtsumwandlung unterzieht und zu Monika wird, heute Abgeordnete der Linkspartei. Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und die Besungene findet Transsexualität in dem Song nicht richtig dargestellt. Die Orsons aber sind sich keiner Schuld bewusst.
Mit Olexesh schicken die Azzlackz einen weiteren Newcomer ins Rennen, der mit „16 Bars“ vorstellig wird und das Mixtape „Authentic Athletic“ für Dezember ankündigt.
Kurz vor Monatsende dann diese Nachricht: „Cannabis Coka Nouga“, das gemeinsame Album von Saad und SadiQ, wird nicht erscheinen. Überhaupt löst sich das Label des Bremers zusehends auf, Sadiq und Dú Maroc verlassen Halunkenbande, und auch sonst hält kaum noch jemand Saad die Treue. Der zieht sich erst mal für einige Zeit in den Libanon zurück.
Zum Abschluss des Monats holen sich Xavas die Bundesvision Songcontest-Trophäe aus den Händen von Stefan Raab. Andere Rapacts wie Die Orsons feat. Cro oder B-Tight haben das Nachsehen. Noch mehr dürfte Savas und Xavier aber freuen, dass ihr Album „Gespaltene Persönlichkeit“ direkt auf 1 einsteigt und noch in der ersten Woche Goldstatus erreicht. Massiv hingegen landet mit seinem neuen Album „Solange mein Herz schkägt“, das ungewohnt melodiös und inhaltlich soft ausgefallen ist, auf der 18.
Der September endet also wie er begonnen hat: Metall-freudig. Anfang Oktober kann Cro dann nachziehen bzw. erneut vorlegen. Sein Album „Raop“ erhält Platin, ebenso die Single „Easy“. Die Single „Du“ muss sich dagegen noch mit schnödem Gold zufrieden geben.
In der Causa Kay One gibt es ebenfalls neues: Shindy erklärt, er wolle in Zukunft nicht mehr mit Kay auftreten. Später tauchen Fotos auf, die ihn an der Seite Bushidos zeigen. Da hat jemand offensichtlich das Lager gewechselt. Die Hintergründe bleiben aber, wie auch schon bei dem Streit zwischen Kay und Bushido, im Unklaren. Auch im Interview mit rap.de kommt in dieser Angelegenheit nicht viel heraus. Bushido erklärt, keine Ahnung zu haben, was mit Kay los sei. Ungewohnterweise lässt er sich insgesamt aber recht ausführlich über Rapper aus, mit denen er in letzter Zeit Streit hatte bzw. sie mit ihm. PA Sports und Kay sehen sich dann auch genötigt, auf das Interview zu reagieren. Auch Nazar meldet sich zu Wort. Von Fiko, der den Song „Bushido“ aufnimmt, wohl, weil der Be- äh, -sungene verlauten ließ, er finde den Ex-Kumpel von Playboy51 ganz amüsant, ganz zu schweigen…
Bushido kündigt außerdem an, ein neues Buch schreiben zu wollen, Co-Autor: ex-rap.de-Chefredakteur Staiger. Thema: Integration. Das Gegenstück zu Sarrazin. Voraussichtlicher Erscheinungstermin: Anfang 2013. Mit seinem neuen Album „AMYF“ indes entert Bushido mal wieder die Top Ten – direkt auf der 1.
Die Orsons hingegen verpassen dieses Ziel leider, obwohl ihr neues Werk „Das Chaos und die Ordnung“ vor Ideen nur so sprüht. Trotzdem müssen sie sich mit einem fast schon enttäuschenden Platz 12 begnügen. Aber hey – als ob es nur um diese Zahlen ginge.
Manchmal löst auch eine Ankündigung schon eine Art Hysterie aus – so geschehen, als Farid Bang und Kollegah den zweiten Teil von “Jung Brutal Gutaussehend“ für Februar 2013 ankündigen. Der erste Vorbote von Haftbefehls neuem Album “Blockplatin“ indes fällt ebenfalls sehr verheißungsvoll aus: “Chabos wissen wer der Babo ist“ rasiert so einiges weg. Das gilt auch für Schwesta Ewas erstes Mixtape „Realität„, das bereits seit Sommer angekündigt war.
Indes äußern sich SadiQ und Dú Maroc erstmals zu ihrer Trennung von Halunkenbande und kündigen an, ein eigenes Label gründen zu wollen.
Xavas wiederum überlegen schon, dem ausgesprochen erfolgreichen Album „Gespaltene Persönlichkeit“ einen zweiten Teil folgen zu lassen.
Sido liefert sich derweil eine amüsante kleine Auseinandersetzung mit dem ORF. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Juror der Castingshow „Die große Chance“ gerät er mit dem Klatschjournalisten Dominik Heinzl aneinander. Es kommt zu Handgreiflichkeiten und verbalen Beleidigungen („Deine Mutter ist eine Hure!“), aufgrund derer der österreichische Sender Sido zuerst feuert, dann, nach einer reumütigen Entschuldigung inklusive Absage an Gewalt aber wieder aufnimmt wie einen verlorenen Sohn – rührend, dabei sind es noch locker zwei Monate bis Weihnachten.
Farid Bang und Kollegah wiederum finden es witzig, ein Laas Unltd-Konzert zu besuchen und dort auf Kamera festzuhalten, wie wenig Besucher gekommen sind. Der so Bloßgestellte reagiert verschnupft und mit einer Erklärung, dass er Rap nicht für Geld und Erfolg, sondern nur der Sache wegen mache.
Trailerpark wiederum machen es sehr wohl auch des Geldes, hauptsächlich aber wohl des Wahnsinns wegen. Das wird belohnt, und zwar mit einem Charteinstieg auf der 22 für ihr neues Album „Crackstreet Boys II“. Im rap.de-Interview fahren die vier Chaoten plus Vortex mit einem gerade gekauften Bus durch die Gegend, der noch am selben Abend in Flammen aufgehen wird und reden dabei jede Menge dummes Zeug. Groß.