Mit seinem Alter Ego K. Ronaldo verwirrt Yung Hurn seine Zuhörer. Letzten November tauchte der „große Bruder aus Los Angelese“ erstmals auf – inzwischen gewinnt er immer mehr die Oberhand. Wir fragen uns, ob hinter diesem Move ein Stück weit Berechnung steckt oder ob es nur ein weiterer, völlig unkalkulierter Auswurf seines Wahnsinns ist. Diskutieren wir:
Skinny: Yung Hurn hat’s mal wieder geschafft. Kaum ist sein Name soweit etabliert und die Leute nehmen sein weirdes Zeug an, sattelt er um und zieht sich das Alter Ego K. Ronaldo aus der Nase, mit dem er noch exzentrischer auftritt. Aus Business-Sicht vielleicht kein kluger Move, seine nun noch gewöhnungsbedürftigere Musik nun unter anderem Namen zu veröffentlichen, aber diese Unberechenbarkeit und Unbedarftheit macht ihn ja gerade aus.
Tina: Kristallo Ronaldo ist sehr wohl ein kluger Move – denn je weirder, desto besser kommt es an bei den Leuten. Will damit ja nicht sagen, dass es gleich gut ankommt – kann natürlich auch kontraproduktiv sein, aber er gewinnt jedenfalls viel Aufmerksamkeit dadurch und schafft es, dass immer mehr Menschen sich mit dem Phänomen Yung Hurn beschäftigen, auch wenn sie die Musik nicht feiern. Die Hater geben sich – meistens – auch die Musik und verbreiten erst dann den Hate, aber immerhin klingelt es bei dem Namen Yung Hurn – und dann trifft man auch auf K. Ronaldo, wenn man sich ein wenig mit der Musik auseinandersetzt.
Skinny: Die Hater klicken doch nur auf Videos, um zu haten. Leute, die damit nur nichts anfangen können, ohne es gleich zu haten, ignorieren das einfach. Ein Hurn-Hater klickt also nicht auf ein Video von einem K. Ronaldo, von dem er noch nie etwas gehört hat. Und selbst wenn der Move wirklich kalkuliert ist, Hater sind da ja wohl absolut nicht das Primärziel. Wenn doch, dann wäre es erst recht ein dummer Move. Aufmerksamkeit gewinnt er dadurch auch nicht wirklich, das würde eher durch künstlich provozierte Skandale unter dem Namen Yung Hurn, den mittlerweile jedermann auf dem Radar hat, funktionieren. Das wird geklickt. Aber selbst wenn er die Ronaldo-Videos auch auf seinen eigenen Social Media-Kanälen streut – seiner Eigendarstellung nach handelt es sich dabei ja um seinen großen Bruder aus L.A. – die daraus resultierende Aufmerksamkeit ist verhältnismäßig gering. Weder die Suchmaschinendominanz, die der Name YH mittlerweile hat, greift (besonders nicht mit einem „Ronaldo“ im Namen, versuch’s mal), noch wird die organische Reichweite per Interaktion angekurbelt. Casual-Fans bekommen das überhaupt nicht mit. Ich sage: Das ist einfach wieder so ein völlig willkürlicher, freigeistiger Hurn-Move, den er sich irgendwie zusammengesponnen hat.
Tina: Es ist schon klar, dass Hater nicht das Primärziel sind, aber wenn es weird ist, dann beschäftigen sich auch Menschen damit, die nicht viel von ihm halten und auch durch Hate kann man Liebe gewinnen. Wenn der Hate groß genug ist, kann ein Hater auch zu einem Fan werden, daher kann es schon mal vorkommen, dass auch ein K. Ronaldo angeklickt wird. Aber das weicht jetzt etwas vom Thema ab. Ja, natürlich ist die Aufmerksamkeit jetzt noch gering – es gibt auch erst seit kurzem die Fanpage auf Facebook und Instagram. Es mag anfangs ein völlig willkürlicher Move gewesen sein, aber jetzt arbeitet er offenbar langsam, aber zielsicher darauf hin, seinen großen Bruder ans Tageslicht zu bringen. Ich glaube, er will einfach mehr Leute erreichen damit. Die Fans kennen sich schon aus, und die Casual-Fans, die Hater sowie die Menschen, die das noch getrost ignorieren, werden demnächst vom K. Ronaldo-Hype erfahren.
Skinny: Ich bleibe dabei: Aus kommerzieller Sicht ist K. Ronaldo absolut kontraproduktiv. Der Yung Hurn-Hype ist doch momentan in vollem Gange. K. Ronaldo existiert seit letztem November, nur hat er offenbar jetzt Bock, diesen Character weiter auszubauen – trotz des YH-Hypes. Wäre das eine kalkuliert eingesetzte Figur, hätte er ihn aus dem Nichts aufleben lassen und wäre direkt in die Vollen gegangen. Natürlich kann auch um das Alter Ego ein Hype entstehen, aber es gibt keine Hinweise darauf, dass er das irgendwie künstlich provoziert oder befeuert. Worauf basiert denn deine These, er mache das „gezielt“? Er teilt die Songs auch über seine Yung Hurn Kanäle, das war’s. Genau wie Hurn seine Musik macht, agiert er auch „geschäftlich“: Völlig ohne Berechnung. Man erreicht nicht mehr Menschen, indem man die aufgebaute Reputation durch verwirrende neue Persönlichkeiten schmälert. Die Erschaffung von Kristallo Ronaldo ist aus ökonomischer Sicht absolut kontraproduktiv – und gerade deshalb aus künstlerischer Sicht ein Geniestreich. Kaum setzt so etwas wie Stagnation ein, werden die Zelte abgebrochen und eine neue Baustelle eröffnet.
Tina: Mit K.Ronaldo verdirbt man doch keinesfalls die Reputation – ganz im Gegenteil, ich finde, dass er die seines Bruders sogar weiter pusht. Gezielt oder spontan – er weiß, wie er seine Fanbase erreicht und sowohl Yung Hurn als auch seinem Bruder geht es gut dabei.
Skinny: Man verdirbt sie nicht, aber man lässt sie ungenutzt – und genau das zeigt, wie wenig berechnend Hurn arbeitet. Zahlen scheinen keine Rolle zu spielen, die künstlerische Selbstverwirklichung steht im Vordergrund. Das klingt zwar sehr hochtrabend, aber es ist genau diese unverkopfte Herangehensweise, die ihn und seine Musik überhaupt ausmacht. Aber selbst, wenn du recht haben solltest: Man merkt ihm keinerlei Berechnung an und das Endergebnis stimmt – der Junge fährt einfach seinen Film. Und das ist gut so.