Inflabluntahz – Immer Noch

Die Inflabluntahz scheren sich nicht darum, was die Szene aktuell macht. Vom Herz wie auch vom Sound her orientieren sie sich ganz klar an den Neunziger Jahren, als im HipHop der Gemeinschaftsgedanke noch präsenter war als der des Battles. Franksta’ am Mikrofon und Nicoist an den Reglern beweisen auf ihrem aktuellen Album „Segen Und Fluch“, dass auch betont unaggressive Musik nicht langweilig sein muss. Weil auch die Menschen hinter diesen Songs alles andere als langweilig sind, unterhielten wir uns mit dem Rapper des Duos über emotionale Hypersensibilität, Arbeit neben dem Hobby Musik und bekommen außerdem erklärt, warum früher vielleicht nicht alles, aber einiges besser war. Zusätzlich gibt es noch den exklusiven Track „Immer Noch“ mit B.E. Feature und einem Beat von Nowak. Viel Spaß.
Euer Album „Segen und Fluch“ samt Bonus CD fasst sage und schreibe 40 Tracks. Wieso nicht etwas komprimierter und damit für den Hörer kurzweiliger und spannender?

Das eigentliche Album „Segen und Fluch“ besteht ja auch nur aus der ersten CD und ist nicht wirklich als Doppelalbum zu betrachten. Diese 22 „Album“-Tracks sind einfach unglaublich Facettenreich und es werden in jedem Song andere Themen angesprochen, daher gleicht bei genauem Hinhören auch kein Song dem anderen. Natürlich sind es meist eher nachdenkliche Tracks, aber auch Representer und Storytelling ist auf dem Album vertreten. Hätten wir nun einige Tracks aus der Liste gestrichen, dann wäre „Segen und Fluch“ für mich auch nicht komplett gewesen. Jeder Track steht für ein besonderes Thema in meinem Leben. Daher wollte ich kein Teil vom Puzzle vernachlässigen.

Ihr habt im Juice Interview über das HSP (Hyper Sensitive Person)-Syndrom gesprochen. Wurde bei euch tatsächlich so eine Diagnose gestellt? Wie beeinflusst das euer Leben als Musiker? 

Ich muss erst mal vorweg sagen, dass HSP ja auch keine Krankheit ist, die der Diagnose eines Arztes bedarf. Knapp 1/5 der Menschen sind HSPs und wissen es meist gar nicht. Ich bin eher durch Zufall auf dieses Thema gestoßen, da ich hin und wieder mal auch in Psychologie-Zeitschriften blättere und habe mich in diesem Thema dann ziemlich schnell wiedergefunden. Es sind meist sehr kreative Menschen, die aber auch mit einer schnellen Reizüberflutung zu kämpfen haben. Ich wäre sicher nicht der gleiche Mensch beziehungsweise Musiker, ohne diesen Teil in mir. Ich würde sagen, das wirkt sich schon sehr stark auf meine Texte und unsere Musik aus.

Ihr sagt, ihr zahlt beim Rap machen drauf. Womit verdient ihr dann euer Geld?

Mit ganz normalen Jobs. Ich habe die Ausbildung zum Industriemechaniker abgeschlossen und arbeite seitdem mal hier, mal da. Das ist sicher nicht mein Traumjob aber man muss seine Album-Releases ja von irgendwas finanzieren. Bleibt nur zu hoffen, dass mein Arbeitgeber dieses Interview nicht lesen wird (lacht).

Das ist ja alles sehr düster und nachdenklich bei euch. Wie kann man sich einen typischen Inflabluntahz Gig und die Fans vorstellen? Wird da dann gefeiert?

Es wird auf jeden Fall gefeiert. Wir spielen natürlich nicht die ganze Zeit nur melancholische Tracks, so darf man sich das nicht vorstellen. Es geht eher stark nach vorne bei der Trackauswahl, eine schöne Zusammenstellung aus unseren bisherigen Alben. Bei Immortal Technique, nur mal um ein krasses Beispiel zu nennen, laufen ja auch keine Party-Tracks, aber die Leute werden einfach mitgerissen in seinen Tracks durch die Kraft der Worte. Es muss also nicht immer Club Sound bei einem Auftritt gespielt werden, damit es eine gute Jam ist.

Wenn ihr im „Gottmodus“ die Rapszene nach euren Bedürfnissen verändern könntet: Wie würde diese dann aussehen?

Gute Frage. Im „Gottmodus“ würde ich sicher ein paar Dinge ändern. Erst mal würde ich den Rappern/Produzenten die es verdienen, etwas mehr Respekt und Beachtung zukommen lassen, weil viele Top-Rapper in dieser breiten Masse einfach untergehen. Aber als aller erstes würde ich wohl den Begriff „Rap/HipHop“ in einige Unterkategorien einteilen, damit man nicht sofort den falschen Stempel aufgedrückt bekommt, wenn man sagt, dass man Rapmusik macht. Dann würde ich dieser Szene erst mal dieses Ego-Ding austreiben, weil ich finde, dass der Zusammenhalt früher eine ganz andere, wichtigere Rolle gespielt hat. Damals hatte Rap halt etwas sehr positives an sich, ob nun auf Konzerten oder Jams. Es war einfach eine große Szene von Gleichgesinnten. Ich bin außerdem einfach auf diesem Mitte ’90er Ding hängen geblieben und deswegen machen wir auch nur genau die Musik, die wir selbst gerne wieder öfter hören würden.