Montag, 5. Mai 2025
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Kollegah

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Hamburg ist durchaus eine Reise wert. Zumindest dann, wenn man dort jemand zum Interview trifft. Was heißt hier „jemand“? Kollegah ist schließlich nicht irgendjemand, immerhin hat er den Punchline-Rap revolutioniert. Jedenfalls behauptet er das gleich zu Beginn seines Auftritts in der Hamburger Markthalle (rap.de berichtete). Vor dem Konzert aber lädt er uns noch in seinen Backstagebereich ein und bietet uns sogar von seinem leckeren und vor allem sehr eiweißreichen Catering an. Dann gewährt er uns in einem einstündigen Gespräch tiefere Einblicke in die Persönlichkeit des Boss, nur gelegentlich unterbrochen von ein paar Einwürfen seines Labelchefs Slick One, der sich auch dazu gesellt hat. 

rap.de: War es ein schönes Gefühl, den fünften Platz in den Albumcharts mit „Bossaura“ verbuchen zu können?

Kollegah: Ja, Hammergefühl, damit hätte ich nicht mit gerechnet muss ich sagen, da die Woche sehr hart war. Gemessen an der hochkarätigen Konkurrenz ist Platz 5 super, wobei ich denke, in der Woche zuvor wäre mein Album sicherlich Platz 1 gegangen. Es wäre auch gar kein Problem gewesen, das Album eine Woche davor bzw. eine danach zu legen, aber ich wollte mich der Konkurrenz eben stellen. Vor allem auch der Konkurrenz aus Berlin, dem Projekt “23“. Dass ich nur zwei Plätze dahinter gelandet bin, ist für mich ein Riesenerfolg. An dieser Stelle danke auch an alle meine Fans welche das Interview lesen und das Album gekauft haben. Das weiß ich sehr zu schätzen.

rap.de: Wie groß wäre deine Freude gewesen, wenn du vor 23 gelandet wärst?

Kollegah: Das wäre utopisch gewesen. Damit hätte man gar nicht gerechnet. Vielleicht beim nächsten Album.

rap.de: Es gab Gerüchte, dass du etwa dreiviertel der Verkaufszahlen von “23“ erreicht haben sollst.

Kollegah: Ich kenne die genauen Zahlen, aber ich habe es nie so gemacht, dass ich Zahlen an die Öffentlichkeit trage, weil das unfair gegenüber anderen Künstlern ist, die nicht so viel verkaufen, der Öffentlichkeit gegenüber aber ein gutes Bild abgeben wollen. Ich sage deshalb keine genauen Zahlen, aber ich gebe zu, es ist ein kleinerer Unterscheid, als man denkt und für mich ist es ein Riesenerfolg, denn ich habe die Verkaufszahlen vom vorherigen vervielfacht. Solche Verkaufszahlen haben wir noch nie erreicht und es ist definitiv der größte kommerzielle Erfolg, den wir jemals verbuchen konnten. Und damit sind wir sehr zufrieden.

rap.de: Wo siehst du die Gründe für diesen Erfolg?

Kollegah: Da muss man in erster Linie wirklich die Labelarbeit hervorheben. Wir sind jahrelange dabei und haben die Fans immer versorgt. Wir haben immer krasse Promoarbeit geleistet, das Label funktioniert wie kein anderes in Deutschland. Aber natürlich auch die Künstler selber, denn ich habe es ja auch geschafft, über die Jahre immer mehr Fans dazu zu gewinnen, auch mit diesem Album wieder. Diese beiden Faktoren gehören einfach zusammen. In Deutschland ist es generell so, das sich Langlebigkeit immer auszahlt, also man muss Durchhaltevermögen haben, vor allem im deutschen Rap und das zahlt sich im Endeffekt aus. Dann potenzieren sich die Zahlen immer mehr und dann sieht man gut aus. Man muss natürlich auch gute Arbeit liefern, man kann jetzt nicht 10 Jahre schlechten Rap machen, dann wird auch nichts passieren, das ist klar.

Random Axe

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Der feuchte Traum aller Freunde der guten, alten Golden Era bzw. deren Fortführung bis in die heutige Zeit, wurde wahr, als Sean P., Guilty Simpson und Black Milk sich für das gemeinsame Random Axe-Album zusammentaten. Natürlich sind alle Interviews mit den Jungs voller Retro-Beschwörungen, Real-Keeper-Phrasen und anderem unerquicklichen Zeug. Nicht so das Interview, das die einzigartige Lisa für rap.de mit zwei Dritteln von Random Axe kurz vor derem Konzert letzte Woche in Berlin geführt hat. Das ist nicht nur sehr informativ, sondern auch noch saukomisch und bietet dem Leser einen kurzen Ausschnitt aus dem wahren, echten, ja authentischen Leben der drei, naja, zumindest von zwei von ihnen.

Die Kollegen von GermynRhymes.de waren übrigens auch vor Ort und haben dort ein schönes Video gedreht.

 
rap.de: Ich hab gehört, ihr wart einkaufen?

Sean Price: Ja, bei diesem Sneakerladen, Overkill. Ich habe ein Paar Nikes und Asics gekauft. Einfach so. Ich warte jetzt bis zum nächsten Sommer, bis ich sie trage. Ich habe ein Paar für jeden Tag des Jahres. Ich trage auch nur Sneakers, hauptsächlich Nikes.

rap.de: Wenn ihr also auf Tour seid, wie viele Paare nimmst du dann mit?

Sean Price: Nicht so viele, weil ich wahnsinnig viele kaufe.

Guilty Simpson: Es gibt hier auch viele Schuhe, die ich in den USA noch nie gesehen habe.

Sean Price: Nach diesen Asics habe ich gesucht und konnte sie nirgendwo finden. Ich habe sogar einen Hilferuf an meinen Kumpel Premium P, den Sneakerkönig, gestartet. Aber jetzt habe ich sie gefunden.

rap.de: Hast du ein eigenes Zimmer für deine Schuhe?

Sean Price: Ich habe die in drei 114-Liter-Boxen, die in zwei Schränken stehen.

Guilty Simpson: Ich habe nur ungefähr 40 Paar, auch hauptsächlich Nikes. Ich plane aber, meine Sammlung zu vergrößern. Wir fahren viel rum, viele Leute sehen uns und deshalb können wir ja nicht immer dieselben Schuhe tragen.

Sean Price: Ich ärgere immer meine Freunde damit. Sie sagen “Woah, die Schuhe sind dope!“ und ich antworte dann “Ja, du hast verdammt nochmal recht. Sie SIND dope und du hast sie nicht!“ (Gelächter) Ich verarsche die gerne.

rap.de: Mögen sie dich trotzdem?

Sean Price: Wahrscheinlich nicht! (lacht) Sie lieben mich, aber sie mögen mich dafür definitiv nicht. Ich bin ein netter Typ, aber damit verarsche ich sie die ganze Zeit. Das ist meine Lebensaufgabe.

rap.de: Was ist das verrückteste Paar, das ihr habt?

Sean Price: Ich stehe nicht so auf verrückte Farben und wilde Sachen. Ich habe ein Paar Air Force Ones, in Braun und aus Alligatorenhaut. Für die habe ich 2.000 Dollar bezahlt. Die haben 18karätige Goldspitzen an den Schnürsenkeln und sind auf jeden Fall sehr besonders. Meine Frau wollte mich wegen diesen Schuhen aus dem Haus werfen.

Guilty Simpson: Ich bin sehr zurückhaltend, was Schuhe angeht. Cremefarbene Jordans und so was. Die findet man auch überall. Ich will mir aber morgen welche in Orange kaufen, wenn du mich also morgen nochmal danach fragst, sind das die verrücktesten Schuhe, die ich habe. Detroit Tigers Orange.

rap.de: Zwei von euch (Anm. d. Red.: Guilty Simpson und Black Milk) sind aus Detroit, einer aus New York – gibt’s deswegen öfter mal Stress?

Sean Price: Die Detroit Tigers haben die New York Yankees geschlagen, deshalb haben wir immer wieder diese kleinen New York-Detroit Streitereien. Sie ärgern mich, weil ich aus New York bin, aber das ist nichts Ernstes. Alles nur Spaß. Die Knicks sind auch einfach besser als die Pistons, also kann ich sie dann damit ärgern.

Guilty Simpson: Das stimmt wirklich.

Sean Price: Sie ärgern mich mit Baseball, ich ärgere sie mit Basketball. Yay New York!

rap.de: Ihr seid ja nun drei verschiedene Künstler mit unterschiedlichem Hintergrund. Wie würdet ihr denn euren gerade abwesenden Kollegen Black Milk charakterisieren?

Sean Price: Black ist ein Genie. Viele geniale Produzenten Schrägstrich Rapper sind Spinner. Er nicht, was definitiv ein Plus ist. Als ich das erste Mal mit seiner Musik in Berührung gekommen bin, dachte ich: Seine Stimme ist unglaublich, sein Flow ist großartig und viele wissen das nicht zu schätzen. Jeder reimt, aber niemand macht es so wie er. Deshalb sticht er heraus.

Guilty Simpson: Black Milk ist, was Musik angeht, wahnsinnig getrieben. Egal für wie großartig die Leute seine Musik halten, er sucht immer nach einem Weg, noch besser zu werden. Für ihn gibt es nach oben hin keine Grenzen. Er ist einfach einzigartig. Er hat einen sehr feinen Sinn für Humor, aber er kommt auch von der Straße. Immer wenn man denkt, er ist einfach nur ein lustiger Typ und ein Comedian, erzählt er dir etwas Ernsthaftes und man merkt trotz seinem Humor, dass er schon viel durchgemacht hat. Er hat schon viel gesehen und das macht ihm zu dem, was er ist. Einzigartig. Ich habe noch nie jemanden wie ihn getroffen.

rap.de: Wie lief denn die Zusammenarbeit an dem Random Axe-Album ab?

Sean Price: Das erste Mal, als ich unten war, hat er noch an “Ode To The Ghetto“ gearbeitet und wir haben ein paar Sachen zusammen gemacht. Eigentlich haben wir die meiste Zeit Blödsinn geredet, Witze gerissen, uns Knastgeschichten erzählt, den ganzen Tag gelacht und sind ein bisschen durch die Gegend gefahren. Aber als das Konzept für dieses Album stand, haben wir das Ganze in einer Woche durchgezogen. Black hat mich jeden Morgen abgeholt und dann haben wir uns mit Guilt getroffen. Jeder saß in einem anderen Zimmer, hat sein Ding gemacht und wer zuerst seinen Text fertig hatte, durfte auch zuerst einrappen. Das war eine total entspannte Atmosphäre.

Guilty Simpson: Dass Black sehr gut organisiert ist, hat das Arbeiten wahnsinnig einfach gemacht. Ich glaube beim nächsten Album wird es noch besser.

rap.de: Kann man einem Album anhören, ob die Atmosphäre bei den Aufnahmen gut war?

Sean Price: Ich würde schon sagen: Je besser die Atmosphäre, umso besser das Album. Wir wollten das einfach alle durchziehen und haben deshalb auch darauf geachtet, dass das alles richtig läuft. Das war super. Lasst uns das einfach nochmal machen! (lacht)

Guilty Simpson: Der Vibe ist seh wichtig. Wie du dich reinhängst, wie sehr du dich im Studio frei machen kannst und dass man sich nicht unter Druck setzt. Das sind so die wichtigen Dinge, damit ein Projekt gut wird. Ansonsten leidet die Musik darunter.

Sean Price: Wir haben auch nicht versucht, uns beim Rappen gegenseitig auszustechen. Manchmal ist es ja bei diesen Super-Gruppen so, dass die einzelnen Typen gut sind, das auch wissen und sich dann gegenseitig auf dem Track töten wollen. So hört sich das dann auch an. Als ginge es um eine Goldmedaille.

rap.de: Welche Super-Gruppen klingen so?

Sean Price: Alle außer uns!

rap.de: Dann brauche ich meine nächste Frage ja gar nicht zu stellen. Ich hätte nämlich gerne gewusst, welches für euch das beste Kollabo-Album ist – abgesehen von euren eigenen Sachen.

Sean Price: Hmmm… R. Kelly und Jay-Z.

Guilty Simpson: Das ist für dich das beste Kollabo-Album?

Sean Price: Ja, das meine ich todernst. (fängt an, “Best Of Both Worlds“ zu singen) Die haben sich zusammengetan und einfach gemacht, worauf sie Lust hatten. Ich finde, das ist ein super Album.

Guilty Simpson: Mir fällt gerade keins ein… Da müsste ich jetzt länger drüber nachdenken. Vielleicht auch das, was du gesagt hast. Ist das denn überhaupt jemals rausgekommen?

Sean Price: Ja, das ist definitiv rausgekommen. “Best Of Both Worlds“, Mann. Ich glaube, es gab sogar einen zweiten Teil. Als sie damit auf Tour gegangen sind, war es richtig krass. Das “Dynasty“-Album von Jay-Z war auch sehr gut.

rap.de: Euer Album orientiert sich vom Sound her sehr stark an den Neunzigern. War das so von euch geplant?

Sean Price: Ich weiß gar nicht, was das heißen soll. Blacks Beats sind die Zukunft. Niemand hat im Studio gesagt “Lasst uns mal den alten Scheiß zurückbringen“. Es ist einfach so geworden, wie es jetzt ist. Das haben sie über mein Album  auch gesagt. “Das klingt wie in den Neunzigern“ – was soll das denn heißen? Langsam fühle ich mich davon auch ein bisschen angegriffen. Wahrscheinlich soll es aber ein Kompliment sein, in den Neunzigern sind ja viele gute Sachen rausgekommen. Es gibt jetzt so viele Rapper, die gar nicht richtig rappen und diese whack Niggas machen allen möglichen Scheiß, da werde ich dann lieber mit den Neunzigern in Verbindung gebracht. Die 2000er sind einfach nur whack wie sonst was.

Guilty Simpson: Wir machen uns einfach Gedanken darüber, was wir schreiben. Bei vielen aktuellen Künstlern hörst du, dass sie in ihre Musik überhaupt keine Mühe gesteckt haben. Manchmal wird das einfach belohnt, wenn man sich wirklich Mühe gibt und sich einen Kopf macht. Das ist dann für viele Leute vielleicht einfach etwas, was sie mit früher verbinden. Heutzutage geht es um Swag – was übrigens ein furchtbares Wort ist.

Sean Price: Ich stelle mich nicht hin und sage:“Yo, ich will jetzt den Beat hier, der klingt nämlich nach 1997“. Ich mache einfach, was mir gefällt und wenn das für manche nach Neunzigern klingt, dann ist das eben so. Wenn mir das demnächst mal jemand persönlich sagt, werde ich ihn vielleicht schlagen müssen. Langsam macht mich das sauer. Ich verstehe, was sie damit meinen, aber es nervt mich trotzdem.

rap.de: Vielleicht wünschen sich die Leute einfach nur die alten Sachen zurück, weil sie damit bestimmte Erinnerungen verknüpfen und finden deshalb aus Prinzip alles Neue scheiße.

Sean Price: Ich will jetzt keine Namen nennen, aber Guilty und ich haben uns kürzlich einen Rapper angehört, dessen Song wirklich scheußlich war. Ich konnte das gar nicht glauben. Wie kann man denn so was mögen? Ich bin jetzt kein Super-Hater, aber die Essenz von Rapmusik ist doch einfach, dass man reimen muss. Bei dem dachte ich mir: “Du reimst noch nicht mal. Was zur Hölle machst du da eigentlich? Du klingst wie ein Scheißidiot. Muss das jetzt so sein?“ Wenn es heutzutage darum geht, wie ein Idiot zu klingen, bin ich dann doch lieber die Neunziger.

rap.de: Aber wäre es nicht langweilig, wenn jeder gleich rappen würde?

Sean Price: Es soll ja nicht jeder gleich rappen! In den Neunzigern wussten die Leute einfach noch, was sie tun. Wir sind nicht Brand Nubian, die einfach die Götter waren. Es ist total egal, worum es in ihren Songs geht, die können immer noch reimen. Das Elementare ist einfach, dass du verdammt nochmal reimen musst. Das, was wir uns da angehört haben, war einfach total furchtbar und die Leute lieben diesen Scheiß. Die sollen mal aufhören, Pillen zu schlucken. Die müssen ihre Köpfe mal frei kriegen. Die ganze Welt braucht im Moment einen Entzug. Was zur Hölle ist denn mit diesen Leuten los?

rap.de: Vielleicht braucht die neue Generation einfach eine andere Art von Musik. Alles andere hat sich ja auch geändert.

Sean Price: Zuerst einmal brauchen sie eine Therapie.

Guilty Simpson: Insbesondere wenn man sich mal nicht nur auf HipHop beschränkt, würdigt die neue Generation ihre Wurzeln gar nicht mehr. Als ich ein Kind war, hat mir mein Vater eine Jimi Hendrix Platte gegeben und gesagt  “So spielt man Gitarre“. Ich würde niemals sagen “Baah, nee, das ist alt. Fick dich, Jimi Hendrix!“

Sean Price: Respektiere die Älteren. Die neuen Rock-Gruppen mögen ja cool sein, aber die Rolling Stones sind immer noch die Rolling Stones und man muss sie respektieren. Ohne Musiker wie Run DMC wäre ich auch nicht hier. Wenn die mir sagen, dass sie meine Sachen mögen, fühlt sich das großartig an. Ich will ja auch den Respekt der älteren Leute und die Jungen interessiert das gar nicht mehr. Ich würde ihnen so lange Schellen geben, bis sie mich respektieren.

rap.de: Fühlt ihr euch manchmal alt?

Guilty Simpson: Ja, total. Aber das ist okay. Ich bin so wahnsinnig weit von dem entfernt, was die jungen Künstler machen…

Sean Price: Mein Sohn ist 15 Jahre alt und ihr müsstest euch den Scheiß mal reinziehen, den er so hört. Ich denke mir jedes Mal “Oh Gott…“, aber vielleicht ist das einfach so. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter genau dasselbe gedacht hat, als ich jung war und Run DMC gehört habe. Er muss da seinen eigenen Weg finden.

Guilty Simpson: Ich habe da kein Problem mit. Mein Vater würde sich ja auch nie eine Scarface-CD kaufen. Er findet es nicht schlimm, das zu hören, aber da gibt es dann eben doch einen Unterschied zwischen einem jungen und einem erwachsenen Mann. Ich will jetzt auch gar nicht so rüberkommen, als würde ich denken, dass jemand Junges keine gute Musik machen kann.

Sean Price: Ich liebe Kendrick Lamar und Danny Brown. Es gibt viele unter den Youngstern, die ich respektiere.

Guilty Simpson: Fashawn ist super. Diese ganzen Leute die wir jetzt erwähnt haben, scheren sich wirklich um ihre Musik. Und das hört man auch. Heutzutage sollten einfach mehr Rapper erst mal nachdenken, bevor sie anfangen zu schreiben.

rap.de: Black Milk ist ja jetzt auch fast zehn Jahre jünger als ihr…

Sean Price: Ich bin der alte Mann der Gruppe. Ich befinde mich schon in einem gewissen Alter. Ja, das bin ich. (lacht) Aber das ist kein Problem. Das ist wie bei einem alten Basketballspieler. So lange man noch Leistung bringt, kann man auch noch rausgehen und spielen.

Guilty Simpson: Black Milk verhält sich auch alt. Insbesondere wenn es um Musik geht, macht er nichts junges oder unreifes. Er ist wahrscheinlich verantwortungsbewusster als wir. Deshalb ist es auch angenehm mit ihm zu arbeiten. Er ist definitiv kein unreifer Idiot.

Sean Price: Er nimmt nicht mal Drogen! Und nach zwei Shots Hennessy schläft er zwei Tage. (Gelächter)

rap.de: Wo ist er eigentlich jetzt gerade?

Sean Price: Er ist unten. Er hat ein Projekt mit Danny Brown namens “Black And Brown“ gemacht und dazu ist jetzt die erste Single veröffentlicht. Er will einfach sicher gehen, dass das alles ordentlich gemacht wird.

rap.de: Bevor wir jetzt gleich fertig sind, musst du nochmal erzählen, was du da vorhin für ein Fischspiel gespielt hast. Ich fand es sehr faszinierend.

Guilty Simpson: Oh, oh. Er konnte doch kaum erwarten, dass diese Frage jetzt kommt und er endlich über sein Fischbecken sprechen kann!

Sean Price: Es heißt Tap Fish und ich liebe es. Es ist großartig. Also, ich habe hier auf meinem iPad ein virtuelles Aquarium. Früher hatte ich wirklich mal Fische, aber das ist ein teures Hobby. Okay, siehst du? Die haben jetzt Hunger. Das ist der Diskus-Fisch, das ist der Green Snapper, hier ist der Clownfisch…

Guilty Simpson: Warum klingst du jetzt eigentlich wie irgend so ein Tierspezialist?

Sean Price: Ich liebe einfach Fische, Mann! Ich bin sogar als Sternzeichen Fisch.

rap.de: Ich auch.

Sean Price: Ach, wirklich? Wann hast du Geburtstag?

rap.de: Am 9. März.

Sean Price: Ich hab am 17.! An meinem Geburtstag wurde Biggie beerdigt. In jedem Fall liebe ich dieses Spiel.

rap.de: Redet er wirklich die ganze Zeit darüber?

Guilty Simpson: Ja, absolut. Vor allem in den letzten Tagen hat er alle möglichen Spiele gespielt, am Flughafen und überall.

Sean Price: Das hier liebe ich auch. Finger Golf. Hast du jemals Finger gegolft?

rap.de: Nein…

Guilty Simpson: Das klingt ziemlich anstößig. (Gelächter)

Sean Price: Damit könnte man Frauen ansprechen. Hey Baby, willst du Finger golfen? (spielt das Spiel und trifft direkt ins Loch) Wow, ich bin wie Tiger Woods. Mit den Fingern.

rap.de: Das klingt übrigens auch ziemlich anstößig.

Sean Price: (lacht) Mal gucken, ob es noch schlimmer wird.

rap.de: Ich bedanke mich auf jeden Fall erstmal für das Gespräch und wünsche euch eine gute Show.

Bushido bekommt Bambi

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Am Donnerstag verleiht der Burda-Verlag wieder seinen Medienpreis Bambi. Zu den geehrten gehört, wie gestern bekannt wurde, auch Bushido. Er soll für seine Vorbildrolle bei der Integration geehrt werden. Bushido habe mit seinem Satz "Egal, woher unsere Väter kommen, wir sind Deutsche" das Selbstverständnis vieler "Deutscher mit Migrationshintergrund" zum Ausdruck gebracht, lässt die Jury wissen. Außerdem setze er sich gegen Gewalt und für ein respektvolles Miteinander in einer multikulturellen Gesellschaft ein.

Wie nicht anders zu erwarten, regt sich bereits Widerspruch gegen die Ehrung, besonders in HipHop-Kreisen. Tenor: Was, ausgerechnet der? Die damit verknüpften Vorwürfe sind erstaunlich nahe an dem Zerrbild, das rechtskonservative Blogger gerne pauschal von, naja, Deutschen mit Migrationshintergrund zeichnen. Natürlich hat Bushido vor allem in der Frühphase seiner Karriere gerne mit verbotenen Früchten, mit Tabuthemen provoziert. Aber erstens ist derlei Übertreibung und Überzeichnung im Rap nun wirklich keinesfalls unüblich, sondern gängiges künstlerisches Stilmittel. Und zweitens zählen Worte mehr als Taten. Bushidos Engagement gegen Gewalt an Schulen sei an dieser Stelle ins Gedächtnis aller Kritiker gerufen.

Was die Jury als Begründung angibt, ist also formal vollkommen richtig. Berechtigt ist der Preis aber aus einem ganz anderen Grund, der schon ein paar Jahre zurück liegt.
Erinnern wir uns mal kurz an die deutsche Raplandschaft vor Bushido, also so um 2002. Der sogenannte Studenten- oder Spaßrap war in Rückzugsgefechte verwickelt, aber es gab ihn noch. Gleichzeitig erlebte der Battlerap vor allem dank Kool Savas seinen fulminanten Aufstieg. Und erinnern wir uns, wie sehr das die Jungs von der Straße, im Volksmund auch gerne Kanaken genannt, interessiert: Null. Deutscher Rap war für "Jugendliche mit Migrationshintergrund" so ziemlich das letzte, unsexy, peinlich und definitiv nichts, womit sie sich identifizieren konnten. Klar, es gab einen Azad und seine Frankfurter Jungs, aber seien wir ehrlich, deren Bekanntheitsgrad war damals noch recht beschränkt.

Dann kam Bushido. Er trug eine Lederjacke, er kuckte meistens böse aus der Wäsche und er gab Interviews, die mit ihrer Mischung aus Größenwahn, Respektlosigkeit und Anmaßung munter provozierten. Große Teile der deutschen Rapszene reagierten darauf mit Ablehnung. Die Jungs in den getuneten 3er BMWs aber waren begeistert. Endlich einer, der ihre Sprache beherrschte, der sie verstand und repräsentierte. Der Gedanke, dass Rap denen, die in der Gesellschaft keine Stimme haben, ein Stimmrecht erkämpfen soll, wurde plötzlich von einem umgesetzt, der sich solch sozialromantisches Gedöns nie auf seine Fahnen geschrieben hätte.

Plötzlich ertönten aus den besagten 3er und 5er BMWs, die mit überhöhter Geschwindigkeit an einem vorbeirauschten, neue Töne: Deutscher Rap. Die Söhne und Enkel von Gastarbeitern in Deutschland hatten jetzt eine Stimme, einen, der wie sie provokant und großspurig auftrat, der sich nicht brav an den deutschen Mainstream anpasste und immer schön die Fresse hielt. Sie hatten jemand, mit dem sie sich guten Gewissens identifizieren konnten, einen, der sich nichts gefallen ließ und nicht bereit war, den netten Ali von nebenan zu geben. Und das war zu diesem Zeitpunkt neu. Kein anderer deutscher Promi, geschweige denn Rapper, mit dem berühmt-berüchtigten "südländischen" Aussehen war seinerzeit so forsch in seinem Auftreten, so wenig zurückhaltend, so respektlos gegenüber allen Tabus, sei es solchen in der Rapszene oder in der Gesellschaft.

Die Frage, inwieweit Bushidos Image übertrieben oder gar ausgedacht war, interessiert in diesem Zusammenhang übrigens nicht. Fakt ist, es wurde geglaubt. Dass Bushido im weiteren Verlauf seiner Karriere maßvoller und kompromissbereiter geworden zu sein scheint und sich wie bereits erwähnt auch offensiv gegen Gewalt engagiert, ist natürlich zu begrüßen. Es wäre aber nicht so glaubwürdig, wenn Bushido nicht immer noch von der Authentizität seiner Anfangsphase zehren könnte, von der Zeit, als er glaubwürdig wie niemand den Bad Boy, den gandenlosen, aufrechten Außenseiter gab und damit die Blaupause für viele andere deutsche Rapper, von Massiv bis Farid Bang, von Nate57 bis Haftbefehl lieferte.

Und für diese integrative Leistung, ganz egal, ob sie in der Form überhaupt beabsichtigt war oder ob es, wie von vielen unterstellt, nur eine besonders kluge Form der Selbstvermarktung darstellte, hat Bushido diesen Bambi definitiv verdient. Weshalb ihm rap.de dazu auch ohne falsche Höflichkeit gratuliert. Und klar, ihr dürft uns jetzt dafür hassen und uns unterstellen, wir wären gekauft, hätten Angst oder seien einfach dumm. Ist euer gutes Recht.

Doppelreview: Hiob „Drama Konkret“ / Absztrakkt „Diamantgeiszt“

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Als Kool Savas oder Aggro Berlin zur Jahrtausendwende mit harten Texten und neuen Styles das bis dahin verweichlichte Rapgame aufmischten und das Motto „Rap braucht kein Abitur“ lautete, war nicht viel Platz für zurückhaltende Texte und tiefsinnige Aussagen. Intellektuelle Vertreter schienen plötzlich der Lächerlichkeit preisgegeben und hatten das teilweise durch Überheblichkeit oder Unfähigkeit selbst verschuldet. Viele Jahre schienen sich anspruchsvolles Niveau und überdurchschnittliche Rapskillz gegenseitig auszuschließen – von einer gelungenen musikalischen Untermalung der Raps mal ganz abgesehen. Doch war dieser Eindruck nur das Ergebnis einer oberflächlicher Betrachtung, denn von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet ist seit längerem eine neue Generation herangereift, die bewährte Konzepte weiterentwickelt und zu neuen Styles kombiniert hat. Zum Beispiel Absztrakkt und Hiob.

Absztrakkt veröffentlichte 2001 die erste EP mit DJ Eule über das Underground-Label Put Da Needle To Da Records, auf dem, lustige Nebensächlichkeit am Rande, auch Kool Savas seine ersten musikalischen Gehversuche unternahm. „Diamantgeizst“ ist sein dritte Soloalbum. Musikalisch sozialisiert wurden er und seine Lüdenscheider Kollegen vom X-Men Klans im Umkreis von Roey Marquis II, mit dem auch ein ganzes Kollaboalbum entstanden ist. Hiobs erstes Soloalbum „Fragmente“ wiederum erschien unter seinem früheren Pseudonym V-Mann 2004 als Tape über das Minilabel Funkviertel. Mittlerweile hat Hiob dieses Frühwerk nachträglich zum Mixtape degradiert und bezeichnet „Drama Konkret“ als sein erstes Soloalbum.

Absztrakt setzt auf „Diamantgeiszt“ seinen bisherigen Weg konsequent fort. AsiatischeLebensweisheiten, buddhistische Philosophien werden mit harten, straighten und vor allem intelligenten Battle-Raps verquickt. Diese gehen nicht unter die Gürtellinie, sondern nehmen den Gegner auf der spirituellen Ebene auseinander. Dazu passt die Musik: Asiatische Klänge treffen auf minimalistische, harte Beats. Manchmal wirkt diese Kombination ohne irgendwelche Schnörkel schon fast zu trocken, zumal Absztrakkt keine Featuregäste präsentiert. Die braucht es aber auch gar nicht. Absztrakkt wechselt oft die Rollen und Sichtweisen in seinen Texten, deshalb muss man den Reimen und Sinnbildern aufmerksam folgen, um den Inhalt zu erfassen. Meist analysiert sich Absztrakkt selbst und gibt dabei Erkenntnisse und Fragestellungen weiter.

Natürlich gibt es auch die raptypischen Selbstbeweihräucherungen: „[…] Ich wurde bei einer günstigen Konstellation der Sterne gebor´n / Die Nachbarn freute es. Doch sie fanden es seltsam / Denn noch Wochen nachdem ich zur Welt kam, kreuzten sich Regenbögen über der Wohnung meiner Eltern. / Meine Ma hatte bei der Geburt keinerlei Schmerzen. / Sie sang Freiheitslieder aus vollem Herzen“ heißt es in der letzten Strophe von „Schützer des Glüx“. Stimmgewaltig und hart kickt Absztrakkt seine Raps über die auf das notwendigste reduzierten Beats. Dadurch hämmert er seine Message regelrecht durch die Gehörgänge in die Gehirnwindungen. Refrains mit Hitpotential oder gefällige Melodien sucht man vergeblich.

Produziert wurde das Album komplett von Influenza´s Finest aus Hannover. Als Vergleich kann man durchaus den Sound des Wu-Tang Clans sowie weiterer Künstler aus diesem Dunstkreis heranziehen. Die Wurzeln der Beats liegen klar im Eastcoast-Sound der 90er Jahre. Durch diese Verbindung von speziellem Rapsound und geistigen Anspruch der Texte schrumpft Absztrakkt von vornherein die Zielgruppe. Aber wie Absztrakkt selbst sagt: „Ich will mit meiner Musik sowieso keine Fans, ich will Gleichgesinnte erreichen. Ich will nur Friends.“ Ein Reisebericht der Selbstfindung für den Liebhaber speziellen Raps.

Hiob wiedeurm fuhr auf den letzten beiden Alben mit Morlockk Dilemma ebenfalls eine sehr spezielle Schiene, zu düsteren Soundcollagen aus Science-Fiction- und Agenten-Filmen der 70er lieferte das Duo Weltuntergangsszenarien und apokalyptische Visionen. Im Gegensatz zu Absztrakkt war nicht klar, welche Richtung der gebürtige Ostberliner auf seinen Soloweg einschlagen würde, auf seinen älteren Veröffentlichungen hatte er noch eher makrosoziologische Studien aus seinem Kiez geliefert. Auch der Titel „Drama Konkret“ ließ Interpretationsmöglichkeiten in alle möglichen Richtungen zu. Ein Blick auf die Featureliste (Morlockk Dilemma, Pierre Sonality, Sylabil Spill, Lunte und Yassin) gab erste Hinweise auf einen Mix aus Battlerap und Themensongs, die sich um globale, lokale und persönliche Angelegenheiten drehen. Hiob braut in seinem Meth-Labor schon seit längerer Zeit als Hieronymuz Beats zusammen, auf „Drama Konkret“ verzichtet er vollständig auf Fremdproduktionen. Das gibt ihm dieFreiheit, musikalische Details auf die Texte abzustimmen bzw. andersherum. Auch hier schöpfen die Beats aus der Kraft der Golden Era, verbinden sich aber zudem mit fetten Funksounds und grotesken Samples zu einem sehr organischen Soundgebilde.

Beim Battlertack „Aschenputtelkomplex“ mit Sylabil Spill wird das E-Piano  mit nur kurz angespielten Riffs spärlich ins Spiel gebracht. Genauso dezent klopft der Beat im Hintergrund wie ein Uhrwerk und bietet die perfekte Grundlage, um Punchlines ins Ziel zu bringen. „Blankoscheck“  hingegen greift das Feeling der Oldschooltracks kongenial auf. Obwohl viele Songs eher schleppend und melancholisch wirken, bringen groovendene Beats, Scratches und teilweise fast schon absurde Klänge Lebendigkeit ins Spiel und sorgen für eine durchaus positive Grundstimmung.

Überraschend auch, mit welcher Leichtigkeit Hiob über die Beats geht: Versuchte er zu „Fragmente„-Zeiten noch bei jedem Song krampfhaft so viele Silben wie möglich in einer Zeile unterzubringen, spielt er nun viel mehr mit seinen Möglichkeiten und schaltet diesen Modus akzentuierter ein. Dadurch vermittelt er deutlich mehr Lässigkeit, ohne merklich an Geschwindigkeit einzubüßen. Schier unglaublich ist der Refrain von „Alles“: Wie Hiob dort die Worte auseinanderzieht, grenzt an Genialität oder Wahnsinn. Wahrscheinlich an beidem.

Textlich hat sich Hiob auch nicht lumpen lassen. Hinter schlichten Titel wie „Gardine“, „Zement“ oder „Oktober“ verstecken sich Stories, die zwar einfache Themen aufgreifen, aber durch Detailreichtum und sprachliche Gewandtheit zu glänzen wissen. Manchmal endet das soweit vom Ausgangspunkt entfernt, dass man nur anerkennend mit dem Kopf schütteln kann. Hiob ist mittlerweile ein echter Kiezpoet geworden, der sich in der Gosse genauso gut wie in der  Bibliothek auskennt. Durch all diese Facetten kann Hiob mit allen Songs seine Stärken ausspielen, die zudem musikalisch perfekt dem Thema angepasst sind. Kurzum: Mit „Drama Konkret“ hat Hiob ein verdammtes Meisterwerk geschaffen.

Beide Rapper haben, aufbauend auf ihren bisherigen Arbeiten und ohne falsche Kompromisse einzugehen, eine deutliche Steigerung hingelegt. Dadurch sind zwei einzigartige, durchweg überzeugende Werke entstanden, die die deutsche Raplandschaft um eine weitere, wenn auch etwas abseitige Facette bereichern.

Drake reagiert auf Leak

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Drakes Album "Take Care", das am 15. November erscheinen wird, ist derzeit eines der am meisten erwarteten Alben. Gestern Abend ist das gute Stück nun im Netz gelandet.

Drizzy selbst reagierte gelassen auf diese Tatsache. Er sei nicht sicher, ob das ganze Album geleakt sei, ließ er via Twitter wissen – zu diesem Zeitpunkt kursierten erst einige Songs im Internet. "I am not sure if the album leaked."
Aber, so fuhr er fort, wenn dies der Fall sei, danke er Gott, dass es nicht schon vor einem Monat passiert sei. "But if it did thank god it doesn't happen a month early anymore."

Was den Umgang seiner Fans mit dem Leak angeht, zeigte Drake sich großzügig. Er empfahl ihnen, es sich anzuhören und zu genießen, und bei Gefallen natürlich auch zu kaufen. "Listen, enjoy it, buy it if you like it…and take care until next time." Nicht jeder reagiert so souverän und gelassen auf Dinge, die nicht mehr zu ändern sind.

"Take Care" war ursprünglich für den 24. Oktober angekündigt gewesen, wegen einiger ungeklärter Samples aber auf Mitte November verschoben worden (rap.de berichtete).

Ägyptischer Rapper über Freiheit

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rap.de hat seit Beginn des arabischen Volksaufstandes immer wieder über arabische Rapper, die direkt oder indirekt damit zu hatten, berichtet. Nicht, weil wir so vermessen sind, zu glauben, dass Rap der Auslöser dieser Aufstände und Revolutionen wäre, bei allem berechtigten Glauben an die revolutionäre, rebellische Kraft, die immer noch in Rap steckt. Sondern weil es unserer Meinung nach einen interessanten Blickwinkel auf ein wichtiges politisches Thema eröffnet.

So hat der ägyptische Rapper Deeb beispielsweise plötzlich die Möglichkeit, sich auf Bühnen zu präsentieren, die für ihn vorher unerreichbar erschienen. Er gibt Interview bei der BBC und war zu Gast bei der Frankfurter Buchmesse, die Mitte Oktober stattfand. Dort gab er dem Sonntagsblatt Bayern (!) ein Interview, in dem er über sich, seine Musik und sein persönliches Leben nach und vor dem Sturz Mubaraks sprach.

Dabei erklärte er, dass er unter dem Regime des inzwischen gestürzten Mubaraks, seine Texte noch zensieren musste. Seinerzeit habe er immer von den "großen Männern" gerappt, wenn er die Regierung gemeint habe. Er sehe sich nicht als politischen Rapper, aber: "Ich rappe über das, worüber die Menschen auf der Straße sprechen. Und wenn sie über Politik reden, dann rappe ich eben über Politik."

Der arabische Frühling habe Rap Auftrieb gegeben, erklärte er weiter, immer mehr Radiosender spielten Rapsongs. Seinen Job als Finanzberater will Deeb bald aufgeben, um sich ganz der Musik widmen zu können.

Bei aller Freude über die neugewonnene Freiheit betont Deeb aber auch: "Die Revolution ist noch nicht vorbei!" In einem neuen Song, der auf deutsch etwa "Steh auf, Ägypten" heißt, fordert er die Ägypter auf, weiter zu demonstrieren. Obwohl auch die neuen Machthaber viele Netzaktivisten und Revolutionäre ins Gefängnis gesteckt hätten, glaubt Deeb aber nicht an eine Rückkher zu alten Verhältnissen. "Ich habe heute keine Angst, öffentlich zu sagen, was ich denke. Wenn ich festgenommen werden sollte, würde ich twittern: Leute, ich bin im Gefängnis. Dann würden meine Freunde protestieren, so lange, bis ich wieder frei komme."

Von Deebs Musik könnt ihr euch hier einen Eindruck verschaffen:

Dazzle – Schlechter Einfluss (Videosnippet)

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Manchmal glaubt man, man habe schon alles gesehen und jeden gehört. Und meistens kommt genau dann wieder ein Rapper um die Ecke, der neu, fresh und unverbraucht ist. In diesem Fall Dazzle aus Berlin-Kreuzberg, dessen Video "Schlechter Einfluss" wir euch kürzlich erst präsentiert haben. Heute gibt es etwas neues von Dazzle, und das ist vermutlich sogar eine Weltneuheit. Oder kennt ihr jemand, der schon mal ein Videosnippet zu seinem neuen Album veröffentlich hat? Eben. Weltpremiere, here we go:
 
 
rap.de: Bitte ein wenig über deine Hintergründe. Wann hast du mit Rappen angefangen?
 
Dazzle: Ich komme aus Berlin-Kreuzberg, meine Crew heißt WBR und ich rappe seit 2002.
 
rap.de: Warum hast du mit Rappen angefangen? Dazzle: Ich wollte cool sein.
 
rap.de: Hat dich der spezielle Rapflavor in Berlin geprägt?
 
Dazzle: Berliner Battle-Rap zerstört! Es ist wie 'ne Sportart, in der man der Beste sein will.
 
rap.de: Welche spezielle Note möchtest du mit deinem Rap ins Game miteinbringen?
 
Dazzle: Ich habe keine Ahnung vom Rap-Game. Ich mache einfach Musik. Vielleicht kannst du das besser einordnen als ich.
 
rap.de: Schließen sich Rap und intelligente Texte gegenseitig aus?
 
Dazzle: Nein, Rap ist die lyrischste Musikart, die es gibt und darum bietet sie auch am meisten Platz für intelligenten Text.
 
rap.de: Was möchtest du mit Rap erreichen?
 
Dazzle: Ich will Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. Ich glaube, das kann ich mit Rap besser als in der Politik, weil ich bei meinen Aussagen nicht darauf achten muss, was die Wähler verschrecken könnte.
 
rap.de: Wie wichtig ist Rap in deinem persönlichen Leben?
 
Dazzle: Ich mache eigntlich nichts als Rap. Wenn ich von der Arbeit komme, geh ich zur Probe. Ich glaube, ich bin ein Freak. Ich hab nicht mal genug Zeit für meine Familie
 
rap.de: Was wärst du ohne Rap?
 
Dazzle: Entweder Martin Jondo oder Hagen Rether.
 
rap.de: Was erhoffst du dir von deinem Album?
 
Dazzle: Hauptsache, die Leute Tanzen zu Lied 10.
 
rap.de: Möchtest du noch jemanden grüßen?
 
Dazzle: Alle meine Homies, die die Scheiße fühlen, yo.

Was macht eigentlich… Murs?

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Stellen wir uns vor, einer unserer Mitarbeiter erhält eine E-Mail, ob er sofort für ein Interview mit Murs zu dessen neuem Album "Love & Rockets Vol. 1“ zur Verfügung steht, besitzt aber kein iPad und sonstigen Hightech, sondern einen ganz gewöhnlichen PC, den er abends, wenn die Kinder im Bett sind, anschaltet… klingt spießig und altmodisch? Ist aber genau so passiert. Zum Glück gibt es ja noch das gute alte Telefon, mit dem man tatsächlich auch noch fernsprechen kann.
 
 
rap.de: Du bist gerade wieder auf Tour, als hätte man es nicht anders erwartet. Um welche Tour handelt es sich diesmal?
 
Murs: Die Hip Hop & Love Tour, zusammen mit allen Künstlern von Bluroc, mit Ski Beatz & The Senseies, Mc Kenzie Eddy, Da$h, Tabi Bonney und Sean O'Connell. Heute hatten wir den ersten von fünfzig Auftritten.
 
rap.de: Übernimmt Damon Dash die Rolle des Managers während der Tour?
 
Murs: Nein, er ist einfach nur Da$h, der Rapper.
 
rap.de: Wie bist du überhaupt bei Ski Beatz, Bluroc und Damon Dash gelandet? Murs: Ich habe mit Tabi Bonney zu tun. Er hat mich Damon vorgestellt. Daraufhin haben wir uns immer wieder einmal unterhalten, bis Damon fragte, ob wir nicht ein Album aufnehmen wollten. Ich dachte mir, warum nicht, weshalb wir uns dann auch gleich an die Arbeit machten.
 
rap.de: Und deine Frau? Ist sie mit euch auf Tour?
 
 
Murs: Sie war nur einen Tag dabei, und ist gestern wieder nach Hause gefahren. Eigentlich ist sie bei allen meinen Tourneen dabei. Diesmal widmet sie sich aber wieder Habitat for Humanity, auf der Suche nach Kindern zur Adoption. Wir planen aber auch selbst, eine eigene Familie mit eigenen Kindern zu gründen.
 
rap.de: Es ist wirklich erstaunlich, wie du das alles unter einen Hut bekommst, ständig auf Achse zu sein, und dann noch in die Rolle des Familienvaters zu schlüpfen.
 
Murs: Klar, über mangelnde Arbeit kann ich mich nicht beklagen.
 
 
rap.de: Dabei fällt mir doch glatt die Los Angeles Mid-City Collabo mit Rakaa, 2Mex und dir ein. Habt ihr inzwischen schon etwas ernsthafter darüber gesprochen?
 
 
Murs: Was soll ich sagen? Da schwebt etwas in der Luft. Es ist schon eine Weile her, dass wir den Titel "Six Shooters“ aufgenommen haben. Damals musste ich aber auch schon Rakaas Part mit übernehmen. Daher weiß ich auch gar nicht so richtig, wie es weitergehen soll. Es liegt voll und ganz an ihnen.
 
rap.de: Du organisierst jedes Jahr das Festival Paid Dues. Welche Aufgaben übernimmst du dabei?
 
Murs: Ich bin nur eine Hälfte des Festivals und lediglich für die Künstler zuständig. Ich rufe sie an, lade sie ein, was am Ende zu einer ziemlich familiären Atmosphäre führt. Ich sammle die Telefonnummern ein, wähle die Künstler aus, welche am Ende auf der Bühne stehen sollen und binde meine Partner mit ein. Zuletzt hatten wir die "Grind Time Now“ Bühne, für MC-Battles.
 
rap.de: Du warst Murs bei den Living Legends, Murs unter den Bag Packern, Murs beim Major Warner Bros., und jetzt Murs bei den Big Willies Damon Dash und Ski Beatz. Wo soll dein Weg dich noch hinführen? Hollywood?
 
Murs: Ich würde mich freuen, nach Hollywood zu kommen. Hoffentlich ist das schon die nächste Station! Ich weiß nie, wer mich wann und wohin einlädt, aber Hollywood, das wäre schon eine tolle Geschichte!
 
rap.de: Was ich von deinem neuen Album "Love & Rockets Vol. 1“ mit Ski Beatz gehört habe, das ist aber der ganz gewöhnliche Murs, richtig?
 
Murs: Die Grundlagen haben sich verändert, aber ansonsten bleibt alles beim Alten. Nimm Dali, die Skulpturen, die Malerei… Alles zusammen ergibt wieder Dali. Was ich also anpacke, am Ende war ich es, der es gemalt hat, wenn du verstehst, was ich meine.
 
rap.de: Ich verstehe. Was machst du im Anschluss an unser Interview?
 
Murs: Ich warte darauf, dass wir irgendwo ankommen, damit ich sie alle auf der Xbox schlagen kann! Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken, bei Karin (von Subotage Entertainment – Anm. d. Verf.) und allen Künstlern, die daran arbeiten, HipHop wieder zurückzubringen. Anderseits hat Deutschland eine tolle eigene HipHop-Szene und viele Fans, welche HipHop unterstützen. Ich freue mich, dass Ihr mir Gehör schenkt!
 

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