Fundkiste #15: Eunique, die K-K-K-Kobra


Foto: Michael Jackson

Das Internet ist voller Schätze. Nicht selten stößt man auf einen wenig beachteten Rohdiamanten. Das Format „Fundkiste“ gibt eben jenen Juwelen die Möglichkeit, einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. In unregelmäßigen Abständen werden handverlesene Künstler, Tapes oder Songs vorgestellt. Ob aktuell oder alt – Hauptsache dope.

Heute: Eunique

Erste größere Aufmerksamkeit bekam die junge Dame durch ihr Cover von „Nie wieder“ des 385ideal-Members Nimo. Sie entwirft ihre eigene Version des Tracks und zählt hier all die Dinge auf, die sie nie wieder machen wird und legt Rechenschaft vor ihrer Mutter ab. Ganz schnell wird klar, dass sie sich gerade in einer Phase der „Selbstfindung“ bewegt, wie sie selbst sagt. Aber nicht nur dafür ist sie von Hamburg nach Berlin gekommen. Sie will musikalisch produktiv sein und zeigt schon seit geraumer Zeit ihre Fortschritte direkt visuell umgesetzt auf Facebook, die Tracks gibt’s dann kostenlos auf soundcloud dazu.

Abgesehen davon, dass die Kobra, so wie sie sich selbst auch nennt, zum Rappen eine angenehme und besondere Stimme hat, kann man sie auch, ob akustisch mit Klavierbegleitung oder bereits aufgenommen mit Autotune-Untermalung, singen hören. Anhand von dem, was dazu bereits veröffentlicht ist, zeigt sich, dass sie auch etwas kitschig werden kann, statt nur die selbstsichere Frau zu präsentieren.

Scrollt man ein wenig auf ihrer Timeline in die Vergangenheit, dann findet man einige Videos, in denen sie ihre Rapskills zum besten gibt und mindestens beweist, dass ihr live nicht der Atem wegbleiben wird, da sie viele One-Take-Videos hochgeladen hat. Schaut man sich ihr erstes Rap-Video aus Oktober letzten Jahres an, kann man schon die positive Entwicklung bemerken, da ihr Stimmeinsatz bei weitem nicht mehr so unsicher klingt. Sie scheint ihre Flows gefunden zu haben. Lyrisch gesehen ist da zwar noch Luft nach oben, doch es scheint sowieso der Fall zu sein, dass sie sich noch viel ausprobiert, bis es zu einem Albumrelease kommt. Allerdings hat sie auch mit Facebook-Videos erste Erfolge zu verzeichnen, immerhin hat ihr „Nie Wieder“-Cover mittlerweile fast eine halbe Millionen Klicks, was wohl auch daran liegt, dass Nimo selbst dies supportet hat. Um viral zu gehen ist die Variante der Facebook-Videos also vielleicht gar nicht so schlecht.

Mit „Rückblick“ zeigte sie, wie die Bars der „kleinen Kobra“ vor einem halben Jahr noch klangen, in denen sie wiederum darüber rappt, was sie vorhat zu erreichen. Im Anschluss daran hängt sie noch Lines, in denen sie diese Zeit reflektiert. Bei „Stabil“ hingegen, zu dem sie ihr zweites professionelleres Video präsentiert hat, merkt man spätestens, dass sie auch viel über die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft nachdenkt und diese Gedanken lyrisch verpackt. Es würde ihren Texten allerdings gut tun, wenn sie etwas seltener betont, dass sie eine Frau ist, die rappt. Trotzdem ist das verständlich, da es Frauen auch 2016 noch nicht leicht haben, sich in einer männerdominierten Szene durchzusetzen. Ihre Gelegenheit also, vom Gegenteil zu überzeugen, und wenn sie dafür noch fünf Songs über ehrenlose Männer und starke Frauen schreiben muss (ohne gleich eine Gender-Debatte lostreten zu wollen, denn vielleicht muss sie erst ihre negativen Erfahrungen verarbeiten).

Dass ihre Lyrics tatsächlich noch steigerungsfähig waren, belegt ihr aktuellster Song „100 Prozent“. Denn sie hat sich dazu entschieden, „100 Prozent zu geben, statt nur ein bisschen Talent zu haben oder nur ein bisschen in [ihren] Lebensweg zu investieren“, wie sie auf Facebook schreibt. Der Text ist hier on point und auch flowtechnisch lässt sie auf keinen Fall nach. Kurzum: In ihr steckt durchaus Potenzial, das Game wieder etwas auf- und die Karten neu zu mischen. Die Grundsteine dafür sind gelegt.