Dennis Dies Das im Interview über Einflüsse, Sascha Urlaub und Genre-Crossover

Dennis Dies Das steht wie kein Zweiter im Deutschrap-Kosmos für die Symbiose aus Hip Hop und elektronischer Musik wie Techno, House oder Trance. Zusammen mit seinem Produzenten Sascha Urlaub hat er über diese Verbindung seinen ganz eigenen Sound kreiert. Auch aufgrund dieses Eigenanspruchs konnte er in der aufstrebenden Kölner Szene auf sich aufmerksam machen und sich zu einem der interessantesten Künstler entwickeln. Wir haben mit ihm über sein neues Tape „Midnight Express”, die Zusammenarbeit mit Sascha Urlaub und den Einfluss seiner Heimatstadt gesprochen. Außerdem hat er uns einige seiner Inspirationsquellen verraten und erklärt, wieso er seine Musik immer noch als Hip Hop bezeichnen würde.

Dein neues Tape heißt „Midnight Express”. Ist das eine Referenz zu dem Film von Alan Parker?

Ich kenne den Film und hab ihn auch gefeiert. Eine inhaltliche Referenz gibt es aber nicht. Ich fand den Titel einfach geil. Ich fahr rund um die Uhr Bahn und das ist ein großer Bestandteil meines Lebens. Deswegen hat es irgendwie gepasst.

Dir droht also keine Haftstrafe wegen Drogenhandels?

(lacht) Nein, das war jetzt nicht unbedingt der Grund.

Die dazugehörige Musik wurde von Giorgio Moroder produziert. Hat das vielleicht auch eine Rolle gespielt?

Es war wirklich nur der Name. Ich dachte mir, dass das echt ein geiler Titel ist und ich den einfach übernehme. Ich hab den Film und seinen Inhalt ja auch textlich nicht aufgegriffen.

Du hast häufig Popkultur-Referenzen in deinen Texten. Hast du eine Lieblings-Popkultur-Referenz im Deutschrap?

Schön, dass dir das aufgefallen ist. Spontan fällt mir was von mir selber ein. Ich find die Rockafeller-Skank-Line aus „Play” ganz geil („und seit Fifa 99 pump ich Rockafeller Skank”).

Du scheinst dich ja relativ viel von Popkultur inspirieren zu lassen. Sind Filme und Serien etc. für dich eine Inspirationsquelle?

Ja save. Ich kann das jetzt aber nicht pauschalisieren und sagen, wie genau mich das inspiriert. Das kann eigentlich alles sein, das Visuelle, der Soundtrack oder ganz simples Namedropping. Es können auch einzelne Charaktere sein, das ist schwer zu sagen.

Dein Tape wurde fast komplett von Sascha Urlaub produziert. Wie habt ihr euch kennengelernt?

Ich kenne Sascha seit der Schulzeit. Wir haben uns über die Musik kennengelernt. Ich hatte damals Bock Mucke zu machen und hatte gehört, dass Sascha ein kleines Homestudio bei sich zu Hause hat. Ich habe ihn dann einfach angesprochen. Wir waren zusammen in einer Stufe, aber nicht in einer Klasse. Du kennst das ja, man hat nicht mit jedem aus der ganzen Stufe zu tun. Ich habe ihn dann einfach angelabert und er hat mich zu sich eingeladen. So hat das angefangen.

Kannst du die Zusammenarbeit mit Sascha beschreiben? Sitzt ihr zusammen im Studio oder schickt ihr euch gegenseitig Ideen?

Es ist eine Mischung aus allem. Manchmal hören wir zusammen Musik und finden Sachen, die uns gefallen, die wir dann übernehmen oder ähnlich umsetzen. Manchmal schickt Sascha mir Beats von sich und ich picke dann, was mir gefällt. Oder ich habe eine Idee und frage ihn, ob wir versuchen können sie irgendwie umzusetzen. Es ist wirklich eine Mischung aus ganz vielen unterschiedlichen Arbeitsweisen.

Gibt er dir auch Input in Sachen Lyrics?

Meine Lyrics schreibe ich komplett alleine. Allerdings nehme ich die meisten meiner Tracks bei ihm im Studio auf. Während der Aufnahme gibt er mir dann nochmal Input, was meinen Stimmeinsatz und sowas angeht – oder jetzt neuerdings auch beim Töne treffen (lacht). Ich habe während Corona auch ein paar Sachen bei mir aufgenommen, bei ihm macht es aber mehr Spaß.

Wessen Idee war es elektronische Musik und Hip Hop miteinander zu verbinden?

Die ursprüngliche Idee kam von mir. Es gibt noch einen meiner früheren Songs auf YouTube zu finden, „Alle Wieder Techno”. Da hatte ich einen Techno-Track gehört, der Mobb Deeps „Shook Ones Pt. 2” gesamplet hat. Das hat mich so krass geflasht, dass ich darauf gerappt habe. Seitdem habe ich immer den Anspruch Hip Hop und elektronische Musik miteinander zu vermischen.

Welche Producer sind sonst auf deinem Tape dabei?

„Play” wurde von Maschinerie produziert. Das ist ein Duo aus Köln, das englischsprachige Musik macht und viel aus dem Drum’n’Bass-Bereich mit in ihre Musik einfließen lässt. Die sind echt cool und machen richtig gute Musik, weshalb ich was mit ihnen zusammen machen wollte. Das sind richtige Juwelen, was den Untergrund angeht. Die haben auch schon was mit Lugatti und 9ine gemacht.

Außerdem wurde der „Metro Remix” von Moses Mehdi produziert. Den hab ich ganz gezielt ausgewählt, weil der, was House und Techno angeht voll drin ist. Wir haben den einfach angefragt und ich finde, dass das ein richtig geiles Ding geworden ist.

Wie ist denn dein musikalischer Background? Hast du schon immer beide Stile gehört?

Save. Es ist wirklich schwer zu sagen, was mein musikalischer Hintergrund ist, weil ich mit so vielen verschiedenen Sachen aufgewachsen bin. Ich habe MTV geschaut, da lief ja alles rauf und runter, ob Hip Hop oder irgendwelche Hits. Oder ich habe Playstation gespielt, GTA San Andreas, Fifa, Tony Hawk. Über all das habe ich schon früh in meiner Kindheit viele Eindrücke sammeln können. Aber Hip Hop habe ich auf jeden Fall zuerst gepumpt. Irgendwann kam dann dadurch, dass man feiern gegangen ist, Techno dazu. Zum Ausgehen ist das einfach mega nice. Ich gehe auch gerne auf Hip-Hop-Partys, aber Techno gefällt mir da einfach ein bisschen besser, um ehrlich zu sein. So hat es sich dann entwickelt, dass ich beides gehört habe.

Was sind denn ein paar Beispiele für deine musikalischen Einflüsse? Dein Sound ist ja im Deutschrap und eigentlich auch global ziemlich einzigartig.

Zunächst einmal danke für die Props. Man hört sehr gerne, dass die eigenen Sachen unique klingen. Wir haben immer viel Techno gehört. Dieses Jahr habe ich mit meinen Jungs ganz viel House gehört, Künstler wie Mall Grab, Computer Data oder Demuja. Das alles hat Einfluss auf meine Musik genommen. Bei „Am Ende der Allee” und „Baba Sound” hört man das besonders. Wir haben auf dem Tape aber auch versucht bekannte Hip-Hop-Tracks zu samplen oder die Soundbilder in einem Techno-Beat zu verpacken. Bei „Tunnel” haben wir die Melodie an CNNs „You Don’t Wanna” angelehnt. Die Idee zu „Sonic” wurde durch „Forgot About Dre” inspiriert. „Trance” wurde durch Eurodance beeinflusst, wie „Sandstorm” von Darude oder „Encore Une Fois” von Sash. Das sind alles Beispiele für einige meiner vielen Einflüsse. Wir fanden diese Ideen spannend, denn vielleicht entsteht so etwas ganz besonderes.

Und aus’m Deutschrap-Bereich? Was feierst du da?

Ich habe früher im Deutschrap Celo & Abdi voll abgefeiert, auch Carlo Cokxxx Nutten oder die frühe Optik-Zeit mit Savas und Eko. Weil ich Kölner bin, habe ich auch ganz viel German Dream gehört. Haftbefehl feier ich auch. Ansonsten höre ich aktuell die Künstler aus meinem Umfeld – BLOKKBOY$, Lugatti, 9ine. Neuerdings feiere ich auch 2LADE.

Da sprichst du was interessantes an. In Köln und auch Bonn ist ja gerade total viel los, seien es Kinder der Küste oder auch Bantu Nation und so weiter. Wie siehst du aktuell die Szene bei euch?

Es ist einfach unnormal schön das zu sehen. Früher war Köln und unsere Umgebung kaum auf der Karte. Das war damals schon sehr frustrierend, wenn man gesehen hat, wie es in Berlin, Hamburg und Frankfurt abgegangen ist. Die haben sich da ja auch alle gegenseitig gepusht, so funktioniert das ja. Wir mussten halt immer versuchen uns so durchzuboxen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass uns das allen gelungen ist. Es ist richtig schön zu sehen, wie viele Künstler immer wieder dazukommen, die richtig freshes Zeug machen.

Inwiefern hat Köln Einfluss auf dich als Typen und auf deine Musik genommen?

Ich schulde dieser Stadt meine ganze Inspiration, alle Erlebnisse. Allein, wenn ich hier feiern gehe; wie oft ich da Songs entdeckt habe, die mich inspirieren. Ich bin dann immer kurz abwesend und gehe zum Schreiben um die Ecke, weil mir gerade in dieser Situation eine geile Line eingefallen ist (lacht). Das ist bei meinen Freunden mittlerweile schon ein Running Gag geworden.

In dem Video zu „Metro” bist du ja in Berlin. Wie kam es dazu?

Das Video wurde in Berlin, aber auch in Bonn gedreht. Eigentlich hatte das nur praktische Gründe. Wir hatten in der Entstehung ein bisschen Zeitdruck. Mein Videograf war an dem Wochenende in Berlin und meinte zu mir, dass es praktischer wäre, wenn ich einfach nach zu ihm kommen könnte, um es dort zu drehen. Und nicht nur das, in Berlin ist ja auch viel mehr Bahnverkehr, als in Köln. Dort kommt gefühlt alle zwei Minute eine Bahn. Du kannst da einfach durch die Stadt fahren und drauf los filmen. Es hatte also in erster Linie praktische Gründe. Ich bin morgens hin und abends wieder zurück geflogen, ich war 24 Stunden wach.

Ihr konntet in der Entstehung von „Midnight Express” ja nicht feiern gehen. Das war bei der „Punch-Drunk Love EP” natürlich noch anders. Haben die Umstände für deine Inspiration eine Rolle gespielt?

Ja klar. Es ist schon ziemlich deprimierend als Künstler, wenn du nicht feiern oder rausgehen kannst. Trotzdem fällt es mir in der ganzen Zeit erstaunlicherweise nicht so schwer Songs zu schreiben, weil ich mich immer an alte Momente zurückerinnern und mich in sie hineinversetzen kann. In der Zeit, in der wir zwischenzeitlich keinen Lockdown hatten, waren wir auch oft draußen. So anders war es jetzt also auch nicht, da wir auch vorher nicht so oft in Clubs gegangen sind. Wir hängen auch normalerweise eher draußen ab.

Im Musikjournalismus ist man auf gewisse Art und Weise gezwungen Musik einzuordnen. Wie würdest du deinen Sound nennen, wenn du ihm ein Genre zuordnen müsstest?

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich würde den Stil immer noch als Rap bezeichnen, weil ich ja auf den Beats rappe. Klar, von den Instrumentals her ist es ein bisschen anders, aber ich habe ja jetzt auch nicht das Rad neu erfunden. Run DMC haben ja zum Beispiel auch auf schnelleren elektronischen Beats gerappt. Generell haben die viele Genres gemischt. Bei „Rock Box” haben die auch mit Rock-Beats gearbeitet. Trotzdem wurde das dann als Rap betitelt, weil das einfach die Attitüde beschreibt. Deswegen würde ich auch meine Musik als Rap oder Hip Hop bezeichnen. Über einen speziellen Namen habe ich mir nie Gedanken gemacht.

Du stellst ja irgendwie die Symbiose aus diesen zwei Welten dar. Würdest du in Ferropolis lieber auf’m Splash oder auf’m Melt spielen?

Splash, 100%. Melt wäre natürlich auch irgendwie spannend, aber auf’m Splash würde ich, glaube ich, besser angenommen werden (lacht). Auf meinem Tape gibt es ja auch ein paar klassischere Sachen.

Was hast du als nächstes geplant? Machst du weiterhin dein eigenes Ding oder kommt jetzt eine Conscious-Rap-Platte?

Also eigentlich will ich weiterhin das machen, was ich mache. Ich will meiner Linie treu bleiben, nur versuche ich das Ganze immer noch auf ein neues Level zu bringen, indem ich weiter neue Sachen ausprobieren. Ich werde vielleicht auch mal ein bisschen mehr mit meiner Stimme spielen, um da noch mehr rauszuholen. Ansonsten soll bald Merch kommen, T-Shirts sind geplant. Bis Ende nächsten Jahres will ich außerdem wieder einen Kurzfilm drehen, ich habe schon mal einen gemacht.