Nach den EPs „Mein Grund“ und „Bam!!!Boozled“, dem Debut „Neo Geo“ meldet sich der sympathische Riese, Kodimey Awokou zurück mit dem dritten Chimperator-Label Release beziehungsweise seinem neuen Album „Gorilla“. Mit viel Sozialkritik, startet der Sohn einer deutschen Mutter und eines togolesischen Vaters von Stuttgart raus in die Welt. Was ihn geprägt und was Barack Obama mit seinen Zukunftsvisionen zu tun hat erfahrt ihr hier.
Deine Lyrics sind teilweise sehr sozialkritisch. Welche 3 Dinge würdest du als erstes ändern, wenn du könntest?
Gar nichts mehr, Obama ist jetzt Präsident, der macht das schon… Ne im Ernst, ich seh mich eigentlich gar nicht so als sozialkritischen Rapper. Ich find das klingt immer so, als würde ich mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne streng über den Brillenrand kucken und dem Publikum erzählen wie es zu leben hat. Ich rappe über das was ich sehe, dabei versuch ich so wenig wie möglich zu werten. Aber wenn ich die Macht hätte, würde ich definitiv Geld umverteilen. Es ist wirklich eklig mit anzusehen wie die Einen immer mehr haben und die Anderen immer weniger. Trotzdem hass ich Kommunismus. Ich nenns dann anders.
In Hip Hop Hollywood sagst du, dass die Zuschauer [nur] still rumsitzen. Was sollten sie stattdessen machen?
Damit mein ich eigentlich eher diese Haltung die in Deutschland, jedenfalls in der „HipHop-Szene“, sehr verbreitet ist, was anderes nicht feiern zu können. Jeder macht sein Ding und im Freundeskreis klopfen sich dann gegenseitig auf die Schulter, aber offen zuzugeben, dass man was richtig gut findet was ein anderer macht, ist selten. Das ist das Schwule an Hip Hop. Jeder denkt er wäre der Beste
Michael Jackson oder Prince? Warum?
Gaaaaanz klar Michael Jackson. Weil er ein vollkommener Entertainer ist, oder besser gesagt, war. Von der Musik, dem Tanz, dem Ausdruck bei Live-Shows und Videos bis hin zum Marketing. So kaputt er jetzt auch ist. Der Typ ist ein Genie, und bei allem Respekt der ihm heute schon entgegengebracht wird, denk ich, wird man das erst später begreifen, wie krass der eigentlich war. Prince kenn ich nicht.
Gibt es so etwas wie eine neue Stuttgarter Szene? So etwas wie die jungen Wilden? Gehörst du dazu?
Es passiert viel in Stuttgart, aber ehrlich gesagt ist es eher so, dass jeder sein eigenes Ding macht. Dieser „Kolchose-Gedanke“ ist tot. Es gibt hier alle möglichen Facetten von Rap. Aber jeder scheißt auf den anderen und freut sich über dessen Fehltritte. Aber wie gesagt, ich glaub das ist mit Hip Hop in Deutschland mittlerweile überall so.
Während des Hip Hop Open in Stuttgart kam es in diesem Jahr wieder mal zu erheblichen Schwierigkeiten mit der Stuttgarter Polizei. Warum sind die Bullen so aggressiv bei Euch?
Ich bin hier groß geworden, ich kenn das gar nicht anders. Erst als ich dann zum ersten mal in Berlin etc. war hab ich gemerkt wie verrückt die Bullen hier eigentlich sind. Die ficken dich wegen jedem kleinen scheiß. In Berlin hat ich das Gefühl, ich könnte ganz gemütlich mit nem Sprengstoff-Gürtel im Supermarkt einkaufen. Ich denk in Stuttgart ist das Problem dass so ziemlich alle Bullen aus irgendwelchen Dörfern kommen, dann kommen sie in die Stadt weil sie mal was erleben wollen, wissen aber überhaupt nicht was läuft, und Kanaken sind für die eh was Fremdes. Schwaben sind generell sehr penibel und wollen alles ganz korrekt machen. Das hat aber auch viele Vorteile. Ich liebe es hier, ich bin quasi Afro-Schwabe.
In deinem Track Scheinehen spielst du sehr mit rassistischen Klischees und Vorurteilen. Wie viel Afrika steckt in dir?
Das is die Frage, die sich jeder Mischling sein Leben lang stellt. Also ich bin afrikanisch genug um mich nicht als Deutschen zu sehen, und deutsch genug um in Afrika als Europäer, sogar als Weißer angesehen zu werden. Zu dem Track muss ich sagen, dass mich Rap der zwanghaft versucht politisch korrekt zu sein nur langweilt. Ich bin groß geworden mit NWA und dem ganzen West-Küsten Kram. Für mich gehört das zu Rap dazu. Da darf man so Sachen sagen. Das war schon immer das was mich an Rap fasziniert hat.
Was ist typisch afrikanisch?
Selbst in bittersten Zeiten dem Leben mit einem Lächeln begegnen und versuchen das Beste daraus zu machen, Religion, starke Frauen, Stolz und auch die Unfähigkeit zu organisieren.
Was ist typisch deutsch?
Selbst in fröhlichsten Zeiten dem Leben mit einem unzufriedenen Gesichtsausdruck begegnen. Zuverlässigkeit. Organisationstalent. Deutsche verkacken einfach nicht. Mein Opa ist ein Schwabe der alten Schule, was er macht hat Hand und Fuß, da gibt’s keine Fehler.
Wo möchtest du leben, wenn du in Rente gehst?
Definitiv in Deutschland, weil bei allem Missmut der einen hier umgibt, ist das Leben hier einfach sicherer. Weißt du, ich hab z.B. einen Cousin in Togo, der Diabetes hat. Wenn wir dem kein Geld für Medikamente schicken würden, würde der da knallhart verrecken. Und du darfst dir den nicht so vorstellen, mit paar Fetzen um den Leib, Blähbauch und total ungebildet. Der hat studiert, spricht 4 Sprachen, der ist wie du und ich. Aber hat kein Zugang zu ärztlicher Versorgung. Soziales Netzt gibt’s auch nicht. Deine Familie ist dein Rückhalt. Wenn ich alt bin bleib ich in Deutschland, hier gibt’s Viagra und besseres Bier.