Crystal F ist seit mittlerweile mehr als einer Dekade fester Bestandteil der deutschen HipHop-Szene. Er bringt sowohl im Alleingang als auch mit seiner Gruppe Ruffiction regelmäßig neue Alben an den Start, die man irgendwo zwischen Horrorcore, Battlerap und eigener Nische verorten kann. Nach „Panzerband und billiges Crack“ von 2018 gibt es nun sein nächste Album zu hören – allerdings nicht im Alleingang, denn die neue Platte „Bunkerromantik“ entstand im Dreiergespann mit Karmo Kaputto und Dawid DST.
Weniger Ekel, weniger Splatter
Wie schon beim ersten Titel des Albums „Lelele Lalala Fotzen“ klar wird, handelt es sich auf „Bunkerromantik“ nicht um den, im aktuellen Deutschrap-Mainstream prominenten, „Lelele“-Sound. Damit machen Crystal F, Karmo Kaputto und Dawid DST ab Satz Eins klar, von welchen Teilen der Szene sie sich musikalisch abgrenzen wollen.
Die Wahl der Inhalte auf „Bunkerromantik“ unterscheidet sich vor allem durch wesentlich weniger Ekelgeschichten von vergangenen Veröffentlichungen des Crystal F. Es werden zwar weiterhin Mütter und Schwestern gefickt, jedoch sind auffallend wenig Lines rund um Bluttaten und Horror zu finden. Die tiefergehenden Themen des Themenkosmos, also Dinge wie Depressionen, Drogen und Gewalt fehlen nicht. Auch die Stimmung auf dem Album bleibt generell düster, aggressiv und hart.
„Bunkerromantik“ ist eine musikalisch eine vielseitige Platte geworden, doch leider schafft nicht jeder Track es, den energetischen Stimmen der Rapper gerecht zu werden: „Zahl die Miete“ fällt mit seiner unpassenden Hook und gewollt klingendem Rock-Sound aus der Reihe. Auch „Bald ist der Sommer wieder da“ überzeugt leider weder durch textlichen Einfallsreichtum noch durch musikalische Finesse.
Für Fans seiner langsameren, weniger aggressiven Sounds von Crystal F war auf seinem letzten Album „Panzerband und billiges Crack“ wahrscheinlich mehr dabei als auf „Bunkerromantik“. Dies mag auch daran liegen, dass viele der Tracks – vor allem wenn noch mehr Features zu hören sind – durchaus überlastet wirken. Auch Karmo Kaputto Fans dürften derlei viele Gastbeiträge nicht gewohnt sein.
Auf „Bunkerposse“ sind Mach One, Mike Martn, Tschappy, Hoyin, Nils Davis und Provo zu hören. Leider verleiht die Masse an Feature-Gästen dem Track einen unübersichtlichen Sound. Trotz dessen sind auch einige starke Songs zu hören. Vor allem der Titeltrack „Bunkerromantik“ geht ins Ohr: „Es ist der Sound, der die Toten weckt. Das ist kein Modetrend, das ist Bunkerromantik“.
„Der Sound, der die Toten weckt“
Es kann festgehalten werden, dass der musikalische Einfluss von Karmo Kaputto und Dawid DST auf „Bunkerromantik“ das Album inhaltlich eher in Richtung ‚Straße‘ bewegte – und das im besten Sinne.
Eingefleischte Horrorcore-Fans werden die expliziten Passagen über Bluttaten auf „Bunkerromantik“ vermissen, doch aus einem anderen Blickwinkel tut die Abwechslung der Platte gut. Sowohl die Inhalte und Beats als auch die Sound-Elemente sind von ruhigeren melodiösen Songs wie „Is Ok“ zu bretternden Tracks wie „Hurensohn“ mit Tschappy durchaus vielseitig. Dies verpasst dem Album fraglos einen bunten Anstrich und scheint sowohl der musikalischen Entwicklung von Crystal F als auch der Zusammenarbeit mit Karmo Kaputto und Dawid DST geschuldet zu sein.
Obwohl auf „Bunkerromantik“ kaum wirklich ekelerregende Textpassagen vorkommen werden, ist das neue Album trotzdem keines für Zartbesaitete. Laut der offiziellen Pressemitteilung sei „Bunkerromantik“ ein Werk, das „gleichzeitig schwer im Magen liegt wie Depressionen“, aber auch klinge wie eine „Session mit Freunden“. Diesen Aussagen kann in vollen Maße zugestimmt werden.