Spax & Mirko Machine

Spax und Mirko Machine – ein Duo, von dem in dieser Konstellation lange nichts mehr zu hören war. Das ist nun vorbei. Auf ihrer 96 Til Infinity-Tour werden die beiden ihr neues Album unter dem Namen "Die Profis" weitgehend exklusiv zum Verlauf anbieten. Einen ebenso exklusiven Vorgeschmack darauf, nämlich den Song "Wir waren da" sowie ein Interview mit Spax präsentiert euch rap.de.
rap.de: Was habt ihr denn so in der Zwischenzeit getrieben?
 
Spax: In den vergangenen zehn Jahren, die wir nicht zusammen auf der Bühne standen, sind eine Menge Sachen passiert und wir haben eine Menge Sachen gemacht. Alles aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, aber eine Sache, die uns beide betrifft, ist, dass wir beide – mit ein wenig Zeitunterschied – Väter geworden sind. Das war schon eine einschneidende Sache in unseren Leben. Ansonsten hat Mirko ultraviel aufgelegt, macht eine erfolgreiche Partyreihe im Grünen Jäger in Hamburg und hat auf dem ein oder anderen Album z.B. dem der Funkverteidiger, Cuts und Beats beigesteuert. Ich habe viele Workshops und Projekte gemacht – hauptsächlich im Bereich Jugendarbeit, habe Theater gespielt, Moderiert und viel geschrieben und aufgenommen.
 
rap.de: Was hat euch bewegt, ein gemeinsames Projekt gerade jetzt wieder zu starten?
 
Spax: Mirko und ich haben uns, nachdem wir uns 2000 getrennt haben, ca. sieben Jahre nicht gesehen oder gesprochen. Dann wurden wir beide unabhängig von einander von der HipHop-Academy Hamburg engagiert und dadurch trafen wir uns fast wöchentlich. Durch diese Arbeit haben wir dann auch wieder zu einander gefunden und konnten entspannt die Dinge, die uns zur Trennung bewogen haben, klären. 2010 wurden wir – vermittelt durch unseren alten Freund Storm – vom Goethe Institut gemeinsam nach Singapur eingeladen, um dort ein Projekt zu machen. Während dieser Reise  und während des Projektes haben wir gemerkt, dass es uns einfach Spaß macht gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Wir beide passen einfach zusammen – wir haben eine ähnliche musikalische Sozialisation erfahren, haben eine ähnliche Idee von unseren Beweggründen und teilen viele gemeinsame Erinnerungen. Wenn man sich "Wir waren da“ von unserem Album anhört, dann hört man aus welcher Zeit wir kommen und was wir erlebt haben. Diese Gemeinsamkeiten und einfach auch die Lust wieder zusammen auf die Bühne zu steigen waren der Grund. Um es simpel zu sagen – und ich zitiere mich mal selbst aus einem anderen Song unseres Albums "... Wir wollen nichts beweisen – wir hatten einfach wieder Lust ins Rampenlicht zu steigen – die Teller anzuwerfen und das Mic zu nehmen – wir sind noch nicht bereit zu gehen!
 
rap.de: Was glaubst du denn, dem aktuellen Rapgeschehen hinzufügen zu können, was es ohne dich nicht gäbe?
 
Spax: Wenn ich mir die Frage stellen würde, dann dürfte ich mir "Nichts!“ antworten. Ich meine, ich frage dich ja auch nicht: "Was glaubst du, kannst du dem aktuellen Online-Magazin-Geschehen hinzufügen, was es ohne dich nicht gäbe?“ Es gibt doch schon alles, alles wurde schon gesagt, jeder Ton gespielt, aber es ist doch die Einzigartigkeit, die jeder von besitzt oder besitzen sollte. Meine Gedanken mit meinen Worten auf die Beats, die ich mag und die in mir etwas bewegen. Man darf sich nicht immer die Sinnfrage stellen, denn da würden sich vielleicht ganze Berufszweige kollektiv das Leben nehmen. Ich schreibe und wem es gefällt, der hört mich und wem es nichts gibt, der hat doch jegliche Entscheidungsgewalt, etwas anderes anzumachen. Vielleicht bin ich ja für manche ein Missing Link in ihrem Rap-Universum. Ich weiß es nicht. I am what I am.
 
rap.de: Warum beziehst du dich in "Wir waren da" so dezidiert auf Gangsta Rap, obwohl dieser Trend offensichtlich gar nicht mehr so bestimmend ist?
 
Spax: Wenn man sich "Wir waren da“ anhört, dann gibt es eigentlich nur eine Zeile, die dieses Thema aufgreift: "…wir waren da… bevor jeder einen auf Gangster machte – war das SM58 die einzige Waffe – jetzt zieht jeder schnell sein Butterfly….“ – einen großen Bezug auf dieses Thema kann ich beim besten Willen nicht erkennen – außer, man möchte dieser einen Zeile eine große Bedeutung geben. Allerdings trenne ich auch zwischen Szene – gibt es eine gemeinsame? – und dem Gros dessen, was auf dem Schulhof läuft. Da wir viele Workshops an Schulen geben, bin ich täglich mit Jugendlichen konfrontiert, die sich selbst dem Gangsta Rap verordnen und für sie sind Gangsta Rapper identitätsstiftend und realitätsbildend. Ist Gangsta Rap ein Trend oder einfach ein Teil unserer musikalischen Gegenwart? Aber am Ende bleibt die einfache Antwort auf die Frage: "Wir waren da“ geht nicht gegen Gangsta Rap.
 
rap.de: Ist der Song eher als Geschichtsstunde oder als Abrechnung mit der heutigen Szene gemeint?
 
Spax: "Wir waren da“ ist nichts weiter als ein "I was here“ auf jedem Klo. Der Track ist ein Taki Tag – ein Song, der sagt "Wir waren da!“ und zudem noch erklärt, wann. Wir positionieren uns lediglich im Bezug auf die Geschichte des HipHop in Deutschland. Außerdem gibt es für uns gar keinen Grund, mit der heutigen Szene abzurechnen. Warum auch? Es hat uns niemand etwas getan und es gibt doch viele tolle, innovative Schreiber und Produzenten.
 
rap.de: Findest du nicht sogar, dass deutscher Rap inzwischen vielfältiger und bunter ist als je zuvor, inklusive der vermeintlich guten, alten Zeit?
 
Spax: Ich finde nicht, dass es vielfältiger geworden ist. Es ist mittlerweile mehr möglich und erlaubt als früher, wo man sich für alles mögliche vor der Szene rechtfertigen musste, aber vielfältig war es auch früher. Das Künstler wie Casper oder Materia mittlerweile szeneübergreifend funktionieren, ist super. Tolle Menschen, super Sound, großartige Texte. Es hängt ganz vom Blickwinkel ab. Mich würde da interessieren, welche Dinge bunter und vielfältiger sein sollen als das, was es gab. Ich möchte nicht altklug rüberkommen, aber wir sind zu alt für so eine Schwarz/Weiß-Position.
 
rap.de: Wo genau in der heutigen Szene verortest du dich denn?
 
Spax: Ich verorte mich in keiner Szene, ich verorte mich bei den Menschen, die die Musik mögen, die ich mag, die eine bestimmte Vorstellung haben von dem, was in der Musik eine Rolle spielen soll und was nicht. Menschen, die ähnliche Wertevorstellungen teilen. Ich habe nicht vor, die Welt zu erobern, die Charts zu stürmen oder irgendwem irgendwas zu beweisen. Ich will einfach meine Gedanken teilen. Wenn Impulse dabei rauskommen, dann freut es mich. Impulse sind wichtig, Impulse sind inspirierend. Trends sind nicht mein Ding. Was sind Trends? Modeerscheinungen – heute da, morgen weg.
 
rap.de: Was darf man von dem ganzen Album denn erwarten? Neoklassische BoomBap-Beats? In welche Richtung gehen die Themen?
 
Spax: Erwarten kann man uns. Wer uns kennt, wird uns wieder erkennen. Beattechnisch eher BoomBap, nichts modernes. Nicht, weil wir modernes ablehnen, wir hatten einfach mal Bock auf so ein Album. Von meinen insgesamt drei Soloalben sind zwei aus der gemeinsamen Zeit mit Mirko, aber das waren dann meistens Fremdproduktionen in Sachen Beats  – Glamerlicious von Main Concept bei dem "Privat"-Album, Lord Wax bei "Alles Relativ". Bei diesem Album hat Mirko 80 Prozent der Beats gebaut, wir haben Cuts und Themen in Teamarbeit abgesprochen. Dieses Album ist ein hundertprozentiges Mirko Machine und Spax-Album. Textlich geht es um verschiedene Dinge. Ich habe versucht, eine Mischung zu machen aus dem, wie und was ich jetzt schreibe und dem, was ich zur Zeit des "Privat"-Albums geschrieben habe. Es geht um unsere Geschichte, unsere Re-Union, um die Liebe zum BoomBap, zum HipHop und um das Leben.
 
rap.de: Was wollt ihr mit dem Album erreicht werden? Oder wen? Und was kommt danach?
 
Spax: Nichts. Oder sagen wir mal – nichts bestimmtes, nichts großes. Wir haben ein Album gemacht, weil wir Lust hatten, ein Album zu machen. Und das schöne ist, jeder darf es hören. Erreicht werden soll niemand – wir haben keine Zielgruppe. Diese Marketing-Ding ist nicht unseres. Wir denken nicht mal so. Mirko hat gerade so Kofferraum-mäßig – um mal seine Facebook-Aktion so zu nennen – die komplette Vinyl Auflage verkauft. CDs machen wir auch, haben aber keinen Vertrieb. Wir haben keine Ambition auf großes Kino, aber wir freuen uns, wenn unsere Sounds und unsere Shows einigen Leuten gefallen und wir wieder ein paar Shows zusammen spielen können. Und was danach kommt entscheidet dann der Bauch. Wir sind da, wo wir angefangen haben und da war es für uns kein Geschäft. Klar haben wir Merchandise, aber unsere Motivation ist einfach, zu machen, was wir lieben.