Bastian Fleig (Goldstandard) – Goldstandard

Das Rapper oft die bizarrsten Nebenberufe haben, ist hinlänglich bekannt. Neben Straßenapothekern und Straußenzüchtern befindet sich nun aber auch ein Redenschreiber für die SPD in der Kartei. Bastian Fleig, geboren 1982, schreibt hauptberuflich reden für die Sozialdemokraten, rappt allerdings auch seit mittlerweile 15 Jahren. Seit knapp einem Monat ist sein Album „Goldstandard“ draußen, welches er gemeinsam mit seinem DJ Sean produziert hat und illustre Namen wie Cora E. featured. Wir sprachen mit Bastian Fleig über Politik, Rap und rappende Politiker.
Eigentlich wolltest Du Dein erstes Album „1982“ nennen, nach  Deinem Geburtsjahr. Warum heißt es jetzt doch „Goldstandard“
Bastian Fleig:  „Goldstandard“ ist der Name meines gemeinsamen Projekts mit DJ Sean  und auch der Titel unseres ersten  Albums. Ich hatte ursprünglich ein Soloalbum mit dem Titel  „1982“ gemacht und eines, das „Aus der  Dunkelheit ans Licht“ heißen sollte, aber die beiden werden wohl für  immer mein Geheimnis bleiben. Das Projekt Goldstandard war für mich  nach vielen Enttäuschungen rund um die Musikindustrie für mich die  bewusste Entscheidung, mich nur noch auf das zu konzentrieren, warum  ich das überhaupt angefangen hatte, die Musik. Ohne irgendwelches  Schielen, was auf dem Markt funktionieren könnte, wie man das  positioniert oder den ganzen Quatsch. Einfach genau die  Musik zu  machen, auf die wir Bock haben und wenn die Leute sie fühlen, schön,  wenn nicht auch ok. Und Goldstandard haben wir als Titel gewählt, weil wir zeigen wollten, dass unsere Musik Substanz hat, einen echten Wert  eben wie eine Währung, die durch Gold gedeckt wird.
Du hast bereits mit namenhaften Künstlern wie Moses P, Sabrina  Setlur, Stieber Twins und Cora E gearbeitet. Aber Du warst auch der  Support bei der Deutschlandtour von Guru. Wer hat Dich am meisten  beeindruckt und warum
Bastian Fleig: Ich bin ehrlich gesagt nicht so leicht durch Namen zu beeindrucken.  Am prägendsten waren für mich was HipHop angeht eh Erlebnisse, die  lange vor solchen Projekten lagen,Sachen wie die erste Jam, auf der  ich war, das erste Mal als ich auf einer Bühne war oder auch auch mein  erster Auftritt in Berlin, damals bei Lost Elements. Aber von Moses  war ich als Mensch sehr beeindruckt, er ist krass charismatisch,wir  haben uns auch gleich gut verstanden. Bei Cora oder den Stiebers ist  das auch so, da kommt für mich erst der Mensch, dann der Künstler. Ich  bin auf jeden Fall dankbar, dass ich durch HipHop so viele Menschen  kennen gelernt hab, das ist auch das, was unter dem Strich für immer  bleiben wird.
Du kommst aus Stuttgart und lebst jetzt in Berlin. Deinen  Vorbildern, wie zum Beispiel Freundeskreis, nach zu urteilen, bist Du  kein Fan vom deutschen Straßenrap. Wie glaubst Du,kannst Du Dich mit  Deiner Musik, die eher Curse als Sido ähnelt, in Berlin durchsetzten?
Bastian Fleig: Ich hab über überhaupt nichts gegen Straßenrap. Wenn jemand das  hier mit Skills und reflektierten Lyrics ehrlich machen würde, wäre  ich der größte Fan überhaupt. Ich habe ehrlich gesagt gar nicht so  sehr das Gefühl, mich da durchsetzen zu müssen. Ich mach meine Musik  zusammen mit DJ Sean, mit der Soundästhetik, die wir feiern und was  mich als MC angeht, sieht in der Szene  jeder, dass ich authentisch  bin, mich nicht irgendwie verstelle und das wird auch respektiert. Ich  hatte da noch nie Probleme. Und was Berlin angeht, ist die Stadt  einfach auch groß genug, dass es da verschiedene Flügel der Szene gibt  und man kann sich aussuchen, wo man sich mit wem bewegt.
Mit gerade 27 Jahren, bist Du erfolgreicher Rapper, hast Politik  studierst, arbeitest jetzt an der Doktorarbeit und arbeitest im  deutschen Bundestag. Wie organisierst Du Deinen Alltag? Kommen Deine Freunde zu kurz? Hast Du eine Freundin? Schläfst Du überhaupt?
Bastian Fleig: Erfolg ist ja für Rapper heute relativ (lacht). Wenn man das an  Verkaufszahlen misst, bleiben da zumindest nicht mehr viele übrig.  Mein Erfolg liegt da auch eher darin, dass ich mit Sean zusammen meine  Vorstellung zu 100% umsetze und damit einige Leute erreiche. Was  meinen Alltag angeht, ist eine wichtige Sache Zeitmanagement, dazu  habe ich das Glück, dass ich sehr schnell arbeiten kann. Und Musik  machen ist für mich sowieso wie Urlaub machen. Den Businesaspekt der  Musik hab ich  auf ein Minimum reduziert, das ist der Vorteil, wenn  man nicht kommerziell erfolgreich sein muss. Also das geht schon  alles, ich denk manchmal eher, dass ich meine Zeit zu wenig nutze und viel mehr machen  sollte. Mit meiner Freundin wohn ich zusammen, nur meine Freunde seh ich zu selten, da muss ich mich 2010 verbessern.
Rap wird unter den Politikern eher kritisch betrachtet. Kannst  Du und willst Du etwas machen, um die Abgeordneten vom Gegenteil zu überzeugen?
Bastian Fleig: Also ich trenne schon meine Arbeit und die Musik weitgehend, auch  weil man da einfach schnell in einen Topf geworfen wird mit vielen  Sachen, die Rap in ein schlechtes Licht rücken. Wir müssen uns nicht  wundern, wenn Leute außerhalb der Szene uns für idioten halten, wenn  wir uns als Szene so darstellen. Aber wann immer ich mit jemandem  außerhalb desHipHop- Kontextes über HipHop spreche,sei es jemand aus  der Politik oder anderen Bereichen, versuche ich ihm  zu vermittelt,  wie schön und positiv unsere Kultur eigentlich ist. Da bin ich ganz  klar HipHop- Lobbyist. „Goldstandard“ ist auch ganz klar ein Versuch,  da ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass unsere Kultur eigentlich  nichts zu tun hat mit klischeehaften Images und dummen Promostunts.
Wenn Du genau jetzt wählen müsstest, würdest Du Dich für die  Politik oder die Musik entscheiden?
Bastian Fleig:  Muss ich ja zum Glück nicht. Ich bin froh, dass ich studiert hab,  als Mensch gewachsen bin und auch nicht darauf angewiesen bin, mit  Musik mein Geld zu verdienen. Das gibt mir die Freiheit, wirklich die  Musik zu machen, die ich machen will. Gleichzeitig mach ich gefühlt schon immer Musik und werde mich auch immer kreativ ausleben. Ob das  jetzt mit 50 noch Rap ist oder etwas anderes, werde ich sehen, aber  ich brauche auf jeden Fall beides.
Die Generation Hip Hop übernimmt das Ruder. Siehst Du Dich, mit  einem Blick in die ferne Zukunft, als den ersten rappenden  Bundespräsidenten?
Bastian Fleig:  Wär bestimmt lustig (lacht). Aber ich glaube so ein Amt würde mir  zuviel Freiheit nehmen, da bezahlt man einen sehr hohen Preis.
Das Video von Goldstandard feat. Cora E wollen wir Euch natürlich auch nicht vorenthalten und deshalb zeigen wir es Euch: