Tupac back – zumindest für zwei Songs auf dem Coachella-Festival am Sonntag in den USA, "Hail Mary" und "2 Of Amerikaz Most Wanted". Dort spazierte der 1996 verstorbene MC als perfekt inszeniertes, lebensechtes 3D-Hologramm über die Festival-Bühne und feierte zusammen mit Snoop kurz eine mothafuckin' gangsta party – bevor er sich wieder in Luft auflöste.
Unglaublich beeindruckende Szenen, die der gegenwärtige Stand der Technik problemlos möglich macht und ab und an für ausgewählte Zwecke zur Nutzung kommt: im letzten Jahr ist Mariah Carey beispielsweise an fünf verschiedenen Orten in Europa gleichzeitig aufgetreten – ebenfalls als Hologram. Auch die Gorillaz nutzen 3D-Technik und hauchen den Zeichentrickgestalten seit ihrem Auftitt bei den MTV-European Music Awards 2005 regelmäßig Leben für Konzertauftritte ein.
Neben der Freude über die geniale Inszenierung laufen einem allerdings auch kalte Schauer über den Rücken. Muss das wirklich sein? Werden dann bald Michael Jackson, John Lennon und J Dilla wieder auf der Bühne stehen? "Im gegenwärtigen Verhältnis zur Technik steckt etwas Übertriebenes, Irrationales, Pathogenes", meinte der Soziologe und Musiktheoretiker Theodor W. Adorno in seiner Abhandlung zur Fetischisierung der Technik bereits in den 1960ern und legte den Finger damals schon in weiser Voraussicht in eine Wunde, die in der Zukunft noch tiefer werden sollte (Vgl. "Erziehung nach Auschwitz", 1966). In einer durch und durch technologisierten Welt sollte man ethische Werte und gesellschaftliche Moralvorstellungen nicht vergessen und nicht auf Biegen und Brechen alles machen, was technisch möglich ist – klar könnte man auch Biggie, O.D.B., Big L oder Guru (Liste beliebig erweiterbar!) digital reanimieren. Aber pietätvoll wäre was anderes. Genießen wir also Tupacs fünfminütige 2.0-Wiedergeburt im Jahr 2012 – und hoffen, dass Hologramm-Konzerte verstorbener Künstler in Zukunft nicht zur Tagesordnung werden.