Xatar und Haftbefehl zeigen, wie Kollabo-Album richtig geht

Ein Kollaboalbum von Haftbefehl und Xatar? Skinny war sehr skeptisch - zu Unrecht, wie er nun feststellen muss. Ein Kommentar.

Vor genau einem halben Jahr diskutierte ich mit ein paar Freunden über Xatar und Haftbefehl – das war lange vor Ankündigung von „Der Holland Job“. Einer warf jedoch die steile These in dem Raum, dass ein Kollabo-Album der beiden mit Sicherheit bald erscheinen würde (s/o Elmo). Kleinere Anhaltspunkte, etwa dass Hafti in Festival Line-Ups stets „+ Special Guest“ angekündigt wurde, bildeten seine Argumentationsgrundlage. Mich überzeugte er nicht – ich war der festen Überzeugung, die musikalische Kluft zwischen den beiden wäre zu groß. Eine Zusammenarbeit über das ein oder andere Feature hinaus hielt ich für unmöglich.

Wie falsch ich lag! Aber der Reihe nach: Die Ankündigung von „Der Holland Job“ stimmte mich skeptisch, die, von peinlichen Promo-Moves, wie ich sie keinem von beiden zugetraut hätte, durchzogene Promophase ließ die Skepsis wachsen. Der erste Vorgeschmack namens „AfD“ trat dann den letzten Hoffnungsschimmer in den Staub. Daran änderte auch ein reichlich uninteressanter, dreiteiliger Kurzfilm nichts, der zwar interessante Songausschnitte bot, sich aber ansonsten nicht als besonders aussagekräftig erwies.

Projekt gescheitert also. Ich fand das schade, aber immerhin konnte ich mir die Genugtuung auf die Fahne schreiben, recht zu behalten. Das mit Haftbefehl und Xatar – das passt einfach nicht! Die jeweiligen Trademark-Sounds der beiden sind einfach zu unterschiedlich. Falsch gedacht – besagtes „AfD“ stellt letztlich den einzigen Ausfall auf dem ansonsten rundum gelungenen Album dar. Schade für mein Rechthaber-Gen, wunderbar für mein Ohr! So sollten Kollabo-Alben klingen.

Markant und originell produziert

Coup haben es tatsächlich geschafft, ihrem gemeinsamen Projekt einen ganz eigenen Anstrich zu verpassen, der durchaus gewisse Schnittmengen mit dem jeweiligen Solo-Schaffen der Protagonisten aufweist, allerdings eigen genug ist, um erstens beiden wie angegossen zu passen und zweitens Coup als ganz eigenes Projekt in Stein zu meißeln.

Die wuchtigen, schweren Beats, für die Reaf, Choukri, Baibu, Tai Jason, Brenk Sinatra, die Enginearz und die Achse verantwortlich zeichnen, lassen „Der Holland Job“ mit ihrem konsequent umgesetzten metallenen Brecher-Sound und den ausgefallenen Drum-Arrangements klingen wie bisher kein zweites Album in Deutschland. Nicht, dass jede Norm über Bord geworfen würde – das Album ist einfach markant und originell produziert.

Genau das ist wichtig, wenn ein Kollabo-Projekt für sich stehen soll. Was aber mindestens ebenso wichtig ist: Dass die Spielpartner zusammen arbeiten. Dass man sich den Ball zuwirft, interagiert. Musterbeispiel für gelungenen Zusammenspiel: „Alles Kebap“, auf dem der Bira und der Babo einen Part über den jeweils anderen geschrieben haben. Bisschen süß, aber vor allem eine perfekte Idee für ein gemeinsames Album. Generell bleiben beide thematisch und atmosphärisch stets auf einer Wellenlänge. Lediglich schnelle Wechsel während eines Parts vermisst man. Das ist ein prinzipiell sehr unterschätztes Stilmittel, auch auf einzelnen Feature-Songs. Gerade für Kollabo-Alben kann man damit eine Eigendynamik erschaffen, die die jeweiligen Stile der Künstler betont und gleichzeitig verschmilzt.

Bis auf das starre 16er – Hook – 16er Schema zeigen Coup Deutschland aber, wie ein Kollabo-Album klingen sollte: So wie „Der Holland Job“. Case closed.