Auch wenn wir 2021 wieder nur für einen kurzen Moment ein Stück weit Normalität erleben durften, hatte das Jahr in Sachen Deutschrap trotzdem einiges zu bieten. Auch wenn leider weiterhin eine Versteifung auf Gossip und Kindergarten-Beef stattfindet, gab es neben diversen Album-Highlights, langersehnten Comebacks und anderweitig denkwürdigen Momenten wieder zahlreiche Newcomer, die unser Interesse geweckt haben. Im Folgenden stellen wir euch neun Künstler*innen vor, auf deren Musik wir im neuen Jahr besonders gespannt sind. Grund dafür kann der Output des letzten Jahres, genauso aber einfach massives Potenzial sein. Bitte beachtet, dass die Reihenfolge der Auflistung hier keine Rolle spielt.
1. LIZ
Frankfurt ist seit den Anfängen die vielleicht bedeutendste Talent-Schmiede in Sachen Deutschrap. LIZ ist dabei eine der jüngsten Entdeckungen der Region. Zwischen Offenbach und FFM steht die Rapperin für kompromisslosen Straßenrap, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Schon 2020 machte sie erstmals auf sich aufmerksam, ehe sie im letzten Jahr ihre Debüt-EP „Bleibe Echt” veröffentlichte. Passender kann sie ihr Credo nicht beschreiben. Im Januar steht das Release ihres ersten Albums „Mona Liza” an. Der Longplayer verspricht die Vertiefung ihres Signature-Sounds. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird LIZ danach endgültig ein fester Bestandteil der Deutschrap-Szene über die Grenzen Frankfurts hinaus sein.
2. nikan
Es gibt nur eine Handvoll Producer in Deutschland, deren Beats einem Rapper direkt zur nötigen Kredibilität verhelfen. Stickle ist einer von ihnen. Mithilfe seiner Instrumentals konnte nikan 2021 seinen eigenen Sound entwickeln, den er auf seiner ersten EP „All In // Plan A” endgültig manifestierte. Eine unaufgeregte Delivery, eine gesunde Portion popkulturelle Referenzen und jede Menge Vibes sind das Rezept für einen typischen nikan-Track. Damit fängt er die Stimmung einer neuen Generation im hiesigen Deutschrap-Kosmos ein. Wir dürfen gespannt sein, was der Düsseldorfer für 2022 geplant hat.
3. Teuterekordz
„70 Hip-Hop, 30 Punk” – so beschreiben sich die Jungs von Teuterekordz selbst. Eine passendere Beschreibung der P-Berger fällt mir an dieser Stelle nicht ein. Die sechs Rapper, die durch ihren Produzenten Arkona ergänzt werden, sorgen mit ihrer Musik für ordentlich Stimmung unter Bier- und Vodka-Trinkern, vernachlässigen dabei aber nicht ihren eigenen Anspruch, ab und an auch mal Dinge anzusprechen. Der Output der Jungs kann sich sehen lassen. Neben zwei Crew-Alben veröffentlichten Teuterekordz 2021 einen weiteren Longplayer zusammen mit der befreundeten Glen Gang. Längst ist evident, dass Nordberliner Assi-Rap, wenn man ihn denn so nennen mag, wieder eine gehobene Rolle spielt. Auch 2022 werden Teuterekordz Deutschrap ihren Stempel aufdrücken.
4. Dante YN
Wolfsburg gilt nicht unbedingt als Hotspot für kontemporären Deutschrap. Einer, der es trotzdem geschafft hat, aus der Volkswagen-Stadt in höhere Sphären auszusteigen, ist Dante YN. Zusammen mit seinem Produzenten Maxe hat er im letzten Jahr einen Sound geprägt, der zwischen trappigen 808s und fast hyperpoppigen Synthies ein melancholisches Konglomerat bildet. Gemeinsam hat das Duo aus Dante und Maxe so einen Stil geprägt, der innerhalb weniger Sekunden erkennbar ist. Nach diversen losen Singleauskopplungen veröffentlichte Dante Ende 2021 seine Debüt-EP „Kleinstadt Uniques”, die sein charakterisierendes Sound- und Stimmungsbild perfekt einfängt. Das neue Jahr wird hoffentlich weitere wegweisende Produktionen und vielleicht sogar ein erstes größeres Projekt hervorbringen.
5. Josi
Im Oktober 2020 gründete Olexesh sein eigenes Label Authentic Athletic Records. Zu den ersten Signings des Imprints gehörte unter anderem JosiFromDaBlock. Mittlerweile nennt sich die junge Rapperin nur noch Josi und hat eine Handvoll Singles über AAR veröffentlicht, wobei „Icy” zusammen mit ihrem Labelchef die bislang größte Summe an Streams erzielen konnte. Josi beweist von Anfang an ein Gefühl für eingängige Tracks und schreckt dabei keineswegs vor Herausforderungen oder scheinbar zu großen Fußstapfen zurück. Wenn sie ihren bisherigen Film weiterfährt, dürfen wir uns 2022 auf einiges gefasst machen.
6. O.G.
Letztes Jahr veröffentlichte O.G. die LP „Ott Sei Dank”. Eigentlich hatte er das Album schon 2019 in Marseille aufgenommen, allerdings musste er im Dezember eine eineinhalbjährige Auszeit nehmen – aus Gründen. Knapp zehn Jahre lang spielte er dieses Spiel, ehe er 2021 endlich eine Perspektive geboten bekam. Der eigene Durchbruch gelang, seitdem sorgt er mit diversen Singleveröffentlichungen für ordentlich Aufmerksamkeit. Die Hauptzutat seines Erfolgsrezeptes ist dabei wie so oft seine Glaubwürdigkeit. Denn fehlende Authentizität kann man O.G. auf keinen Fall nachsagen. Der Begriff „Newcomer” mag bei ihm vielleicht nicht zu 100 Prozent zutreffen, trotzdem dürfen wir 2022 damit rechnen, dass O.G. den Weg bis nach ganz oben geht.
7. Teven
Schon seit einer ganzen Weile veröffentlicht Teven über TikTok und Instagram kurze Snippets zu eigenen Songs und Freestyles. Im April erschien dann mit der Hilfe der Bantu Nation ihre erste offizielle Single „Intro”. Mittlerweile umfasst ihre Diskografie sechs Tracks und es gibt keine Anzeichen, dass sich ihr Output in nächster Zeit verringern wird. In Zeiten von Autotune-Rap und dem Single-Tüchtigkeit als oberste Maxime vor Lyrik und Flow liefert Teven eine erfrischende Alternative, ohne dabei Eingängigkeit zu vernachlässigen. In ihren Texten erzählt sie Geschichten aus ihrem Leben, in dem sie sich trotz ihres jungen Alters schon mit einigen Herausforderungen konfrontiert gesehen hat. Dieses Jahr wird sie mit Sicherheit weiter daraus berichten.
8. Viko63
Im Juli 2021 veröffentlichte Aboveground die zweite Episode der vierten Staffel ihrer Studiosessions. Zu Gast war Viko63. Zuerst schenkte die Öffentlichkeit der Folge keine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit, ein paar Monate später sorgten unzählige Memes aber für die plötzliche Explosion des Videos und dementsprechend seines Urhebers. „Mucho Gusto” war allerdings keineswegs die Geburtsstunde von Viko63. Schon 2019 veröffentlichte er zusammen mit seinem Producer penglord die EP „Feuerzeug Diebstahl”. Seitdem arbeiten die beiden fleißig an ihrer Reputation als Musiker, die eigene Wege gehen, ohne dabei den Spaß zu vernachlässigen. Zwar hat der Baseler seinen ersten großen Hype einem Meme zu verdanken, er hat aber einiges mehr zu bieten als vermeintlich belanglosen Spaß-Rap. Haltet die Ohren offen.
9. Bounty & Cocoa
Ende 2020 tauchten Bounty & Cocoa erstmals auf dem Radar diverser Deutschrap-Hörer auf. Mit einem stark durch US-amerikanische Vorbilder geprägten Sound sorgte das Duo dann im vergangenen Jahr für ordentlich Wirbel. Im Oktober erschien die Mini-EP „Crispy”, die nach diversen Singles die erste Bündelung mehrerer Songs darstellte. Zwischen Female Empowerment, Sexpositivität und Smack Talk bedienen Bounty & Cocoa eine Nische, die sich in der Vergangenheit als äußerst lukrativ erwiesen hat. Mit authentischer Attitüde und ehrlicher Ausstrahlung haben die beiden den Weg in ein vielversprechende Richtung geebnet. Wer weiß, vielleicht erwartet uns im neuen Jahr ja das erste größere Projekt von Bounty & Cocoa.