KS blickt auf eine eher ungewöhnliche Laufbahn mit vielen Höhen und auch ein paar Tiefen zurück. 2012 beginnt der Österreicher, auf YouTube Videos hochzuladen, wenige Jahre später ist sein Kanal der größte des gesamten Landes. 2016 veröffentlicht Marcel Dähne, wie KS mit bürgerlichem Namen heißt, seinen ersten Song. Doch der Erfolg bringt auch Schattenseiten mit sich. Leichtsinn, Naivität und letztendlich Geldprobleme sorgen dafür, dass er sich immer weiter zurückzieht und schließlich der Plattform den Rücken kehrt. Während dieser Zeit ist die Musik sein größtes Ventil, weshalb er 2019 entscheidet, sich vollkommen auf seine Leidenschaft zu konzentrieren. Wir haben mit KS über die Vor- und Nachteile seiner Vergangenheit für die Musikkarriere, die wichtigsten Lektionen und das richtige Mindset gesprochen. Außerdem verrät er uns, welche Rolle Falco in seinen Songs und Musikvideos spielt und was er für 2021 geplant hat.
Du hast 2012 angefangen auf YouTube Videos zu veröffentlichen. Was für Content hast du gemacht?
Mit 17 habe ich angefangen, competitive Call of Duty zu spielen. Ich habe zu der Zeit zwischen 12 und 16 Stunden am Tag gespielt. Wir sind gegen Franzosen oder Amerikaner angetreten, ohne irgendwas auf YouTube hochzuladen. Irgendwann habe ich mitbekommen, dass die ganzen Amerikaner ihren Content hochladen und dafür Millionen von Views bekommen. So hat das bei mir angefangen. Als ich bei 100.000 Abonnenten angekommen bin, habe ich angefangen, auch Reallife-Videos hochzuladen – Challenges, Pranks, persönliche Sachen. Danach ist es komplett explodiert. Bei einer Million ist ein Song von mir rausgekommen, das hat mir am meisten gefallen. Auch wenn es nicht immer gleich erfolgreich ist, ist es ganz wichtig, dass man daran festhält.
Wieso hast du dich 2020 entschieden, mit YouTube aufzuhören und dich komplett auf die Musik zu konzentrieren?
Wenn ich mit der Musik erfolgreich sein will, muss ich da 100% reinstecken. Das geht nur, wenn ich dafür auch Zeit habe. Ich brauche ungefähr einen Monat für die komplette Produktion eines Projekts. Wenn ich nebenbei noch Videos drehe und schneide, funktioniert das nur ganz schwierig. Auch wenn ich jetzt nicht so viel Cash mache, wie wenn ich YouTube-Videos drehen würde, mache ich es trotzdem. Mein Herz sagt mir das. Wenn ich jetzt wieder zurück gehe, mache ich einen Schritt zurück und das möchte ich nicht. Ich habe mir gedacht, fuck it, entweder oder.
Wie bist du zum Hip Hop gekommen?
Grundsätzlich bin ich eher R’n’B-Fan. Ne-Yo, Trey Songz oder Mario waren immer eine große Inspiration für mich. Ich hatte damals immer den MP3-Player meiner Schwester, da war das alles drauf. Aber trotzdem steh ich auch auf die moderne Trap-Schiene. Ich möchte R’n’B-Trap machen, das heißt Trap Soul. Da ich eher der melodische Typ bin, will ich gar nicht unbedingt als Rapper gesehen werden. Ich mache ja Musik für die Ladies.
Du hast dich entschieden, deinen Künstlernamen von KSFreak zu KS zu ändern. Siehst du diesen Abschnitt als eine Fortsetzung deiner Karriere oder eher als einen Neustart?
Die Leute vergessen ja nicht, ich habe eine ganze Generation geprägt. Das ist einfach nur ein neuer Lebensabschnitt, ich bin älter geworden. Wir haben alle gelacht und gefeiert, und jetzt geht es weiter. Meine früheren Zuschauer sind ja auch älter geworden. Die verstehen das schon.
Siehst du deine Vergangenheit eher als Vorteil, weil du schon eine Community hast, oder eher als Nachteil, weil du erstmal den YouTuber-Stempel loswerden musst?
Ich glaube, dass dieser Stempel nur noch ganz minimal sichtbar ist. Wenn in diesem Jahr einer meiner Songs durch die Decke geht, dann sehe ich das eher als Vorteil, weil ich schon eine Zuschauerschaft hatte. Aber natürlich kann es auch negativ sein, weil es immer irgendwelche Hänger gibt, die es nie checken werden. Sobald aber ein Track durch die Decke geht, ist es vorbei. Ich glaube, dass ich dann dauerhaft in der Top-10 mitspielen kann. Aber ich möchte jetzt nicht zu groß reden, sondern erstmal daran arbeiten und weiter auf meiner Arbeit aufbauen. Denn ich habe gelernt, dass wenn du zu viel redest, nichts dabei rauskommt.
In der Vergangenheit ging es bei dir nicht nur bergauf. Auf „Tiefschwarz” sagst du: „Wenn ich springe vom Balkon, wird meine letzte Platte Gold”. Ist das ein Mindset, in dem du dich tatsächlich wiederfindest oder wiedergefunden hast?
Ich finde diese These einfach unglaublich spannend. Die Rapper oder Sänger, die sterben, werden aus dem Nichts weltbekannt. Das ist in letzter Zeit ja auch oft passiert. Ich finde die Frage auch im Bezug auf mich interessant. Wenn ich sterben würde, würde ich dann Gold gehen? Viele Leute haben mir gesagt, dass ich die Line nicht einbauen sollte, aber sie trifft perfekt unsere Zeit. Das hat auch den roten Faden in meinen Videos geprägt. Im Video zu „Tiefschwarz” falle ich vom Boot und gehe unter. Das soll zeigen: Muss ich sterben, um zu leben? Das war auch eine Nachricht von Falco. Im nächsten Video zu „Regen” sind wir auf dem Zentralfriedhof in Wien, wo Falco begraben wurde. Dort taucht die Nachricht auch wieder auf.
Wenn du in deinen Videos so ein Storytelling einbaust, scheinst du deine alte Profession ja noch nicht ganz hinter dir gelassen zu haben.
Nein, ich bin ja Profi, ich liebe das. Bei der Post-Production bin ich auch 24/7 dabei. Der Cutter darf nichts ohne mein Einverständnis schneiden. Das ist wirklich alles meins.
Musik hat für viele Künstler eine therapeutische Funktion. Verarbeitest du mit deinen Tracks deine eigenen Erfahrungen? Hilft dir die Musik dabei, dich mit Dingen auseinanderzusetzen und letztendlich mit ihnen abzuschließen?
Ja, natürlich. Auf „Vibe” sage ich zum Beispiel: „Babe ich will dass du weißt, alle Probleme die wir haben, sie vergehen mit der Zeit”. Auch auf „Tiefschwarz” verarbeite ich meine Erfahrungen und sage zum Beispiel: „Es fehlte die Balance, ich war geblendet vom Erfolg”. Solche Lines spiegeln mein Leben perfekt wider und reinigen vielleicht auch meine Seele. Trotzdem feier ich es auch, über Thematiken zu sprechen, die vielleicht gerade nicht unbedingt auf mein Leben passen, dafür aber auf das von vielen anderen Menschen. „Regen” ist zum Beispiel ein Song, der perfekt zu einer Trennungsphase passt. Auch wenn das gerade nicht zu mir passt, fühle ich trotzdem den Vibe. Einige Projekte sollen einfach zeitlos sein.
Für wen machst du deine Musik? Für deine alte Community oder für Leute, die sich so fühlen wie du?
Das ist schwierig. Ich glaube nicht, dass ich mich an meinen Fans orientiere, ich mache meine Musik grundsätzlich nur für mich selbst. Ich will den Leuten da draußen was beweisen. Eine Legende zu werden, eine Persönlichkeit, die jeder Mensch mit einem positiven Gedanken in Erinnerung behält. Ich folge dem Mond, ich folge meiner Leidenschaft und nicht, um damit reich zu werden, sondern damit Menschen meine Kunst fühlen. Wenn ich in einer riesigen Halle spielen könnte und alle schreien meine Songs mit, würde ich das tot feiern. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Fall das klappt, weiß ich nicht, was ich danach mache (lacht). Dann springe ich vielleicht wirklich vom Balkon.
Du hast gerade gesagt, dass du den Leuten was beweisen willst. Hast du das Gefühl, du musst den Leuten was beweisen?
Ich musste der Menschheit immer schon etwas beweisen. Ich habe damals auch mit YouTube angefangen, um den Leuten was zu beweisen. Den anderen Call-of-Duty-Spielern wollte ich zeigen, dass ich der bessere bin. Das ist in mir drinnen, vielleicht weil ich Skorpion bin oder weil mein Vater Albaner ist und wir Albaner immer die besten sein müssen. Aber ich kann es dir nicht erklären, das läuft durch meine Venen (lacht). Das ist mein Antrieb. In mir brennt es und ich muss dieses Feuer löschen, indem ich mir selbst und der ganzen Welt etwas beweise.
Was ist die wichtigste Lektion, die du in den letzten neun Jahren gelernt hast?
Hört auf, Drogen zu nehmen und Alkohol zu trinken. Trinkt viel Wasser, geht trainieren. Denkt immer an euch selbst und lasst euch von keinem sagen, dass ihr etwas nicht könnt. Ich habe dazu ein Beispiel. Wenn du im Jetzt ein gutes Gefühl hast, dann sagt dir dein Zukunfts-Ich, dass es richtig ist. Während du an die Vergangenheit denkst, sendest du ein Signal in die Vergangenheit. Wenn dieses Ich also im Hier und Jetzt steht, weiß es, dass es richtig ist. Wenn dir jeder sagt, dass du etwas nicht machen sollst, du aber ein gutes Gefühl dabei habt, dann mach es. Es wird dir weiterhelfen, nur das ist das einzig Wichtige. Du sollst im Leben weiterkommen und nicht die anderen.
Was hast du für 2021 geplant?
Ich habe einen Plan, aber den verrate ich besser nicht. Grundsätzlich habe ich in diesem Jahr zwölf Tracks geplant, das heißt, dass es einen Song pro Monat geben wird. Wenn einer durch die Decke geht, würde ich mich freuen – wenn nicht, dann veröffentliche ich nochmal zwölf Tracks in zwölf Monaten. Wenn es soweit ist, kann ich an einer EP oder einem Album arbeiten. Aber erstmal ist mein Gedanke, dass sich ein roter Faden durch meine Musikvideos zieht, ich ansonsten aber immer Freestyle mache. So habe ich es damals auf YouTube auch gemacht. Am Ende des Jahres kommt vielleicht ein kleiner Film, in dem alle Songs eingebaut sind. Dort werde ich auch selbst als Schauspieler auftreten und natürlich werde ich auch die Regie und Postproduktion übernehmen.