Johnny Katharsis im Interview + Vinyl-Verlosung von „Nostromo”

Johnny Katharsis lebt seit vielen Jahren im Herzen von Leipzig und ist mehr als nur ein einfacher Rapper. Mit seiner Crew den Funkverteidigern hält er seit Jahren die Flagge für anspruchsvollen Rap aus der Sachsen-Metropole hoch und erfindet sich dabei regelmäßig neu. Als Lyriker, Autor und Musiker schraubt er seit mehr als einem Jahrzehnt an seinem Lebenswerk und hat am 29. Januar mit der Veröffentlichung seines 19. Albums „Nostromo” ein weiteres Bauteil beigefügt. Im Interview haben wir mit ihm über seine Reiselust, die aktuellen Deutschrap-Trends und sein Journalismus-Studium gesprochen. Außerdem verriet er uns, auf welches kommende Album er sich besonders freut, wie das Leben in Connewitz aussieht und natürlich alles rund um „Nostromo”. Wir verlosen ein Vinyl-Exemplar seines neuen Albums. Um an dem Gewinnspiel teilzunehmen, könnt ihr uns bis zum 12. Februar eine Mail mit dem Betreff „Johnny” an win@rap.de schicken.

Dein Album „Nostromo” kommt am 29. Januar. Es ist bereits deine 19. LP und die hast du gemeinsam mit HeMightBe aufgenommen. Wo würdest du dein Album musikalisch und inhaltlich einordnen?

Was das Inhaltliche angeht, hat alles was ich schreibe immer eine persönliche Note. Mir ist wichtig, dass die Musik sich authentisch anfühlt und natürlich geht der Stil viel ins Erzählerische. Ich bin ja auch als Schriftsteller tätig. Ob das Prosa Texte, Lyrik Texte oder Songtexte sind, alles was ich schreibe kommt mittlerweile aus einem Kosmos und ich glaube das zeichnet auch das Album aus. Ich eröffne eine eigene Welt, die dann vom Producer untermalt wird. Mein Ding ist es auch eher, dass ich mir für meine Alben einen Producer suche, mit dem ich dann wie als Band zusammenarbeite. Dadurch entsteht ein gewisser Austausch und durch das gegenseitige Feedback wächst man aneinander.

Arbeitest du immer nur mit einem Produzenten zusammen?

Nicht unbedingt. Ich bin ja auch lange in einer Crew aktiv gewesen, und da hatte ich immer viele Producer und Features. Auf meinem Album „Sanfter Terrorismus” war beispielsweise auf jedem Track ein Feature Gast. Es kommt immer darauf an, was man künstlerisch vorhat. Bei „Nostromo” wusste ich, das wird ein kompaktes Album mit 12 Songs und ich wollte, dass es in sich schlüssig ist, deshalb habe ich hier nur einen Producer gewählt.

Du erwähntest deine Crew die Funkverteidiger. Gibt es sie noch und bist du noch Mitglied?

Die Crew gibt es noch. Der Producer Odd Job hat vor nicht allzu langer Zeit sein letztes Album gemacht und das war ein reguläres Funkverteidiger Release, weil wir alle drauf waren. Momentan sind wir nicht allzu aktiv, aber in den Hintergründen entstehen gelegentlich immer mal wieder Projekte.

Du lebst zwar seit vielen Jahren in Leipzig (Connewitz), bist aber im Erzgebirge geboren. Zwischenzeitlich hast du unter anderem in Hamburg, Berlin und Wien gelebt. Was genau hat dich nach Leipzig verschlagen?

Ich bin direkt nach dem Abitur im Jahre 2003 nach Leipzig gezogen. Schon als Teenager hatte ich Freunde in Leipzig und fand die Stadt immer sehr geil. Ich kam aus dem selben Grund her, warum heute noch viele nach Leipzig ziehen. Hier hat man das Gefühl, es gibt noch Freiräume. Meine erste Freundin kam aus Connewitz und ich fand es damals krass, was die Leute hier im Leipziger Süden für Action machen. Die Politik, die Antifas, die Zecken – das alles sind Gründe, warum ich herkam. Leipzig wurde meine Homebase, aber ich gehe gelegentlich auch für längere Zeit hier weg. Kürzlich war ich vier Jahre in Wien, hatte währenddessen aber immer meine Wohnung in Leipzig. Ich verlasse einfach gerne mal meinen Heimathafen, aber lasse mich immer wieder zurück treiben.

Inwiefern hat dich das Leben in Connewitz geprägt. Hat das Einfluss auf deine Musik und deine Texte?

Definitiv. Obwohl ich die letzten vier Jahre in Wien gelebt habe, bin ich trotzdem immer wieder nach Hause gekommen. Viele meiner Texte haben vom Vibe her mit Leipzig zu tun. Ich bin auch teilweise zum Schreiben hier her gefahren. Manchmal mache ich auch Projekte mit Pawcut. Das ist ein Producer aus Minden. Die Texte für dieses Projekt sind etwas dreckiger und die kann ich nur in Leipzig schreiben, deshalb komme ich dafür eigentlich immer zurück. Ich mag es, dass man in Connewitz aufeinander aufpasst. Dort ist es sehr familiär.

Dein Album hat einen sehr eigenen Sound. Es fällt auf, dass du dich weit weg vom Mainstream bewegst. Wie stehst du zum aktuellen Deutschrap? Verfolgst du Strömungen, aktuelle Künstler oder lebst du in deiner eigenen Bubble?

Ja, ich verfolge das Meiste und musikalisch finde ich das alles in großen Teilen auch sehr geil. Mir gefällt es, dass es im Hip Hop immer wieder neue Strömungen gibt, die das Game revolutionieren. Als Teenager habe ich viel Metal gehört. Das wurde mir irgendwann zu langweilig. Wenn du nach zehn Jahren auf ein Metal-Festival fährst, ist da alles immer noch genauso wie davor. Im Hip Hop ist nichts mehr wie vor zehn Jahren, das imponiert mir. Aus diesem Grund fahre ich auch meinen eigenen Sound, denn es ist im Rap einfach zulässig, sein eigenes Ding zu machen. Gleichzeitig gefällt mir, was da im Deutschrap gerade passiert. Was ich nicht so feiere, sind die Sachen, die sich nur um Konsum drehen – welcher Turnschuh, wie viele Girls lege ich flach? Das ist wie eine große Raupe Nimmersatt. Glücklicherweise gibt es aber genug andere gute Künstler, um das zu umgehen. Jedenfalls höre ich mir alles was neu ist an und entdecke immer wieder die ein oder andere Perle.

Hast du jemanden von den aktuellen Künstlern, den du momentan richtig pumpst?

Ich bin großer Fan vom Hamburger Rap. Dort habe ich selbst mal gewohnt und mir gefällt die Stadt und die Mentalität. Ich werde mir auf jeden Fall das neue LX Album anhören. In seiner Stimme ist noch viel Echtes drin. Da merkt man, wo es herkommt.

Du hast es ja zu Anfang schon erwähnt. Du schreibst diverse Gedichte und gerade dein 2. Buch, welches bald erscheint. Wovon handeln deine Gedichte und vor allem dein kommendes Buch?

Mein kommendes Buch trägt den Titel „Zone” und wird ein Gedichtband. Das Release Datum ist noch nicht so klar, weil die Buchmesse ausfallen wird. Es geht um das Universum, in dem ich mich bewege. Ich gehe mit sehr offenen Augen und Ohren durch die Welt und ein paar Dinge die ich wahrnehme, stelle ich darin überspitzt dar. Es ist eine kleine herzliche Dystopie. Ich spreche immer ein lyrisches Du an, deshalb ist es sehr nah an meinen Songtexten, und es ist natürlich auch sehr erzählerisch.

Hat dir irgendjemand bei dem Buch geholfen oder hast du dich anhand deiner Skills aus dem Journalismus-Studium alleine heran gewagt?

Nach dem Journalismus-Studium habe ich eine Zeit lang in einer Redaktion gearbeitet, danach war ich wie gesagt vier Jahre in Wien an einer Uni für angewandte Kunst. Dort gibt es ein Sprachkunst-Institut, wo ich sehr viel gelernt habe. Mein Lektor vom Verlag hilft mir natürlich sehr viel bei aktuellen Sachen. Martina Hefter, eine deutsche Lyrikerin die auch aus Leipzig stammt und am Leipziger Literaturinstitut unterrichtet, unterstützt mich auch sehr. Sie gibt mir immer direkt Feedback zu meinen Texten.

Gibt es Zusammenhänge zu deinem ersten Buch?

Mein erstes Buch „Startrampen” ist damals noch bei einem Wiener Verlag erschienen. Es gibt insofern Zusammenhänge, dass ich in „Zone” die Gedanken von „Startrampen” weiterspinne. In „Startrampen” habe ich versucht, mein eigenes künstlerisches Universum aufzubauen. In „Zone” wird das weiter definiert und ausgebaut. Mittlerweile kommen auch alle meine Songtexte aus dieser Welt. Ich versuche, dass ich mich nicht am Vibe eines anderen Künstlers entlang hangele, sondern alles meinem Kosmos entspringt. Das funktioniert auch immer besser. Ich werde zwar nicht mit Goldbarren beworfen, aber aktuell kann ich von meiner Kunst ganz gut leben und das gibt mir auch das Gefühl, dass ich auf einem guten Weg bin.

Welche Projekte hast du ansonsten als nächstes in Aussicht?

Das hängt davon ab, was jetzt alles passiert. Ich werde zum Beispiel einige Lesungen haben. Ansonsten stehe ich momentan um 9 Uhr auf, gehe einen Raum weiter in mein kleines Heimstudio und mache mit einem Producer aus Wien ein paar coole Projekte. Da entstehen gerade schon einige neue Songs. Außerdem nehme ich mit Pawcut mit dem ich schon „Böse Zwillinge” gemacht habe, gerade „Böse Zwillinge 2” auf. Manchmal bin ich auch im Radio zu hören. Neulich war ich bei einer Freundin auf einem Hörspiel mit drauf, das sie für SWR produziert hat. Sonst hänge ich in Leipzig mit Gossenboss mit Zett
ab, der bald sein neues Album „No Future” bringt und auf Tour gehen möchte. Das hängt aber natürlich von der aktuellen Situation ab. Also wir warten einfach mal ab, was alles kommt.