Cazino – Face Hook

Cazino aus Hamburg, der demnächst sein Album "Wenn nichts mehr geht" veröffentlicht, stellt sich mit einem exklusiven Track und einem kurzen Interview vor. 1977 geboren in Ghana kam er mit neun Jahren nach Deutschland. Aber niemand kennt seine Geschichte so gut wie er selbst – deshalb, aus der Sicht und mit den Worten von: Cazino.
Cazino – Face Hook (rap.de Exclusive) by rap.de1
rap.de: Wie hast du diese Zeit und die Veränderungen erlebt?
 
Cazino: Ich kann mich sehr gut an alles erinnern und als Kind kommt dir alles viel heftiger vor. Ich muss grad daran denken, wie ich aus dem Flugzeug ausstieg und die Kälte mir entgegen kam wie ein bissiger Hund. Meine Mum hatte mir davon berichtet, aber ich hatte gar keine Vorstellung davon, denn soviel Kälte kannte ich bis dahin nur aus dem Gefrierschrank! In  Ghana wird es abends auch kühler, aber ich konnte nicht begreifen, dass die ganze Welt plötzlich so kalt ist. Vieles war neu für mich. Das Essen, die Menschen. Die gesamte Ordnung der Straßen viel mir besonders auf. In Ghana leben auch einige Europäer und die waren auch eher gutgelaunte Menschen, so wie die Ghanaer. Ich habe ein sehr freundliches Land erwartet und war überrascht, wie stil und kühl die Menschen hier sind. Ich habe lange gebraucht, um mein Heimweh zu überwinden. Heute bin ich dankbar, dass ich beide Welten sehen darf.
 
rap.de: Hast du noch Kontakte nach Ghana? Interessiert dich, was da passiert?
 
Cazino: Ghana ist ein sehr schönes Land und seit ein paar Jahren fühle ich mich dem wieder etwas näher verbunden. Ein Großteil meiner Familie lebt dort. Ich war das letzte Mal vor zwei Jahren dort und politisch gesehen bin ich nicht auf dem neuesten Stand, aber mein Dad berichtet mir ab und dann mal, wenn was Krasses und Außergewöhnliches passiert.
 
rap.de: Wie bist du zur Rapmusik gekommen?
 
Cazino: Die Geschichte ist ganz schön lang. Durch meinen Dad hab ich schon immer gern Soul gehört und als die Ära kam mit New Jack Swing, nahm Rap langsam für mich Gestalt an. Ich habe "Yo Mtv Raps“ verschlungen und die meisten Rapper und deren Styles studiert. Ich habe Nächte lang mit meinem besten Freund Videos und Kassetten aufgenommen. Meine Liebe für die HipHop Kultur war größer als die für die Frauen – ganz ehrlich. Eines Tages nahm mich ein Freund mit zum African Heritage, eine Sonntags-Schule für die afrikanische Musikkultur. Dort entstanden die ersten Gruppen. Ich wurde in eine Gesangs- Gruppe eingeteilt und zum ersten Mal nahm ich Stift und Papier zur Hand, um nicht zu imitieren, sondern um meine eigenen Gedanken nieder zu schreiben.
 
rap.de: Was bedeutet Rapmusik für dich, welche Rolle spielt sie in deinem Leben?
 
Cazino: Ich habe Rap als einen sehr guten und schwierigen Freund kennengelernt. Ich habe mit ihm mehr durchgemacht als manche in ihren Beziehungen. "Er" gab mir ein zu Hause, hat mich getröstet und hat mich gewarnt. Rap hat mit mir geweint, gab mir Kraft und Hoffnung und war vor allem geduldig, und heute gebe ich es "ihm“ zurück.
 
rap.de: Welche Ziele hast du? Was willst du erreichen, mit Rap, aber auch sonst?
 
Cazino: Ich bin ein Zwilling. Ich habe nicht nur ein Ziel.(lacht) Einer der wichtigsten Ziele ist die geistige Entfaltung, meine Welt so zu gestalten, wie ich es mir denke und ausmale. Freiheit findet im Geiste statt und ich habe keine Angst, ihm zu folgen, auch nicht in schwierigen Tagen. Ich falle lieber, denn ich komme mit Niederlagen besser klar als mit Fragen über Fragen. Rap ist für mich der Ausdruck meiner geistigen Freiheit – darin bin ich wie ich bin: ehrlich und ungeschminkt.
 
rap.de: Was dürfen wir von deinem Album "Wenn Nichts Mehr Geht" erwarten?
 
Cazino: Dieses Album ist von selbst entstanden, es war noch nicht mal geplant. Wir haben einen Song nach dem anderen gemacht und wollten sie nach und nach rausballern. Als der Track "Schmerz“ seinen Weg zum Publikum fand, kam das erste mal das Wort "Album“ zur Sprache. "Wenn nichts mehr geht“ ist ein Herz-Blatt von
 
Cazino. Es steckt viel Liebe drin und sehr wenig Getue. Überwiegend ist es ruhig und sehr thematisch. Es ist kein Straßen-Album sondern mehr ein New-Verse-Album mit vielen Features aus der Hamburger Underground-Szene. Dieses Album ist ein Puzzle-Stück meines Lebens. Und wenn man genau hinhört, hört man mehr als nur Rap und Musik.