Sookee – Wordnerd

Sookee ist wohl kaum das, was der gemeine Raphörer sich vorstellt, wenn er an, Achtung Unwort, Frauenrap denkt. Die Berlinerin färbt Rap nämlich lila und liefert den Soundtrack zur Slutwalk-Bewegung – so jedenfalls die Selbsteinschätzung. Ihr neues Album hört auf den programmatischen Titel "bitches, butches, dykes & divas" und bietet Rapmusik jenseits der immer noch aktuellen, nennen wir sie ruhig heteronormativen, Norm.

rap.de: Sookee, machst du "Gender-Rap"? Ergibt diese Schublade für dich irgendeinen Sinn?
 
Sookee: Ist das eine Genre-Bezeichnung? Ich kann mir darunter nicht viel vorstellen. Begriffe, die ich für meine Musik verwenden sind "Zeckenrap" und "queerfeminist Rap". In der Schnittmenge ergibt das die Beschäftigung mit antifaschistischen, antisexistischen und antihomophoben Themen. Allerdings findet sich auch allerhand Emokram, Sprachfetischismus und Feierei in meinen Songs.
 
rap.de: Ist es dein Ziel, das Rapgame zu verändern? Sookee: Natürlich ist es mein Ziel, Spuren in der deutschsprachigen Rap-Landschaft zu hinterlassen, andere Themen und Attitüden einzubringen und die Dominanz des konstanten Schwanzvergleichs in Frage zu stellen. rap.de: Wie reagieren eigentlich Rapper-kollegen auf dich, abgesehen mal von Leuten aus deinem Umfeld?
 
Sookee: Meine Kollegen unterstützen mich. Andere Rapper wird es sicherlich irritieren, wenn ich in aller Deutlichkeit sage, dass eine krass geflowte Vergewaltigungsphantasie auf einem fetten Beat immer noch eine Vergewaltigungsphantasie ist.
 
rap.de: Ist eine Rapszene ohne Homophobie und Sexismus vorstellbar?
 
Sookee: Meine kleine Sub-Szene ist lebendes Beispiel für eine antisexistische, antihomophobe Rap-Szene. Aber der Mainstream wird Sexismus und Homophobie erst dann abschaffen können, wenn die mehrheitliche Gesellschaft es auch getan hat.
 
rap.de: Sind probleme wie Homophobie, Sexismus oder Antisemitismus unter Rapfans deiner Meinung nach stärker ausgeprägt als in anderen gesellschaftlichen Gruppen? Oder spiegeln sich in der Rap-Szene lediglich allgemeine gesellschaftliche Tendezen?
 
Sookee: Rap kann nur so sexistisch sein wie die Gesellschaft, von der er offen oder heimlich gefeiert wird. Alle möglichen gesellschaftlichen, medialen, kulturellen Felder sind hochgradig heterosexistisch. Im Rap ist der Ausdruck dessen nur besonders offensichtlich und aggressiv.
 
rap.de: Bist du auch mit sexistischem und homophobem Rap aufgewachsen und von ihm geprägt worden? Oder hat dich sowas von Anfang an nicht interessiert?
 
Sookee: Ich hab eine Weile gebraucht um zu verstehen, dass irgendwas verkehrt läuft, wenn schwule Männer als Verräter an Männlichkeit bezeichnet werden und Frauen ihres Namens, ihrer Biographie, ihrer Meinung und Persönlichkeit beraubt werden, um dann nur noch als Ansammlung dreier Löcher gesehen zu werden. Zum Glück gab und gibt es großartigen Rap, der diese faschistoide Scheiße nicht mitmacht und bei aller Koolness immer noch menschlich ist.
 
rap.de: Siehst du Tendenzen in der Rap-Szene, sich einem etwas modernen Geschlechterbild zu öffnen?
 
Sookee: Ich werfe gerne Blicke nach UK, um mir Hoffnung zu holen. Da gibt es ziemlich koole progressive Jungs und haufenweise großartige Frauen, die ein neues Zeitalter einläuten. Aber klar freu ich mich auch hierzulande über Bühnenmenschen, die sich nicht an dem völlig ausgelatschten Mackerhabitus bedienen, weil sie sonst nix zu sagen haben.
 
rap.de: welchen Aktivitäten gehst du außer Rap noch nach?
 
Sookee: Ich bin in der Politischen Bildung tätig und in der linken Subkultur unterwegs. Ich schreibe viel und feier oft.
 
rap.de: Welche Rolle nimmt Rap in deinem Leben ein? Wie wichtig ist dir Rap?
 
Sookee: Rap ist mein primäres Medium. Ich will so schnell nix anderes machen außer auf Beats schreiben und Flows ausprobieren und die Möglichkeit von dreieinhalb Minuten nutzen, um meine Sicht der Dinge auf der Bühne zu spreaden.