In der einen Hand die Nadel, in der anderen das Mic. Lonyen ist leidenschaftlicher Tätowierer und nun auch Rapper. Unter seinen Stammkunden zählen auch einige Rapper unter anderem RAF 3.0 bzw. Camora. Erst lässt er sich den Körper verschönern und danach bastelr er Lonyen einen Beat, zum gemeinsamen Song "Regen", der auf dem Debüt-Albums Lonyens "Unter die Haut" zu finden ist. Dazu könnt ihr hier ein exklusives Making of sehen.
rap.de: "Unter die Haut“ ist dein erstes Album. Hast du vorher überhaupt schon mal musikalisch was gemacht?
Lonyen: Ja also ich hab eigentlich mit Metal-Hardcore-Punk angefangen, nebenbei auch in einer Punkband ja.
rap.de: Als Sänger?
Lonyen: Nee, getrommelt.( grinst)
rap.de: Hast du das neben dem Tätowieren weiter gemacht?
Lonyen: Am Anfang schon noch ein paar Jahre, aber dann nicht mehr. Also, eigentlich war ich erst Musiker als ich tätowiert hab. Bin durch diese Musik auch irgendwie ans Tätowieren gekommen, durch diese Hardcore-Szene, diesen New York Leuten und so, die waren alle schwer tätowiert, das hat mich beeindruckt und da bin ich dadurch irgendwie reingerutscht in diese Szene.
rap.de: Und wie kamst du dann in die HipHop-Szene?
Lonyen: Dieses HipHop-Ding hab ich schon immer gehört. Im Jahr 1994 fing das an, dass ich mich dafür interessiert hab. Die ersten Sachen, also diese West Coast-Sachen haben mich geflasht und als ich dann angefangen hab, zu tätowieren, hab ich ein bisschen ausprobiert mit nem Vier-Spur-Recorder oder so was, aber das war dann nicht so das Gelbe vom Ei. Da gab es ja auch noch kein Internet, wo man sich Beats ziehen konnte. Freebeats.de oder was weiß ich.
rap.de: Aber aus dieser Anfangszeit kam nie etwas an die Öffenlichkeit?
Lonyen: Nee, das kam nie an die Öffentlichkeit (lacht) Da gab es ja nicht mal richtigen Deutschrap, nur Franzosenrap. Das Rödelheim Hartreimprojekt gab es dann irgendwann und das fand ich auch cool, aber da konnte man selber nicht mitziehen. Da hab ich das ganze auch wieder verworfen und mich aufs tätowieren konzentriert und ganz spät wieder angefangen, vor drei Jahren erst.
rap.de: Du hast ja schon einige deutsche Rapper tätowiert. Wie entstand der Kontakt?
Lonyen: Also ich hab über Volker Idr Gebhardt (ein bekannter Toningeneur – Anm. d. Verf.) RAF Camora kennengelernt, er sollte mir einen Typen vorstellen, der Videos dreht, da ich mit einem Frontmann einer New Yorker Hardcore Band ein Video machen wollte. RAF hat dann erfahren, dass ich Tättowierer bin und gefragt, ob ich ihm nicht ein Tattoo machen könne. Dann hat er mich zu sich eingeladen.Gleichzeitig hab ich auch Sido kennengelernt. Er hat ja den Tattoladen Ich und meine Katze, dort habe ich mich als Gasttätowierer beworben. Also ich stand zeitgleich mit Sido und RAF im Kontakt. Hab bei RAF gewohnt und bei Sido gearbeitet. Das war der Start.
rap.de: Und wie ging es mit der Musik weiter?
Lonyen: RAF hat mir dann auch korrekterweise seinen Studioschlüssel gegeben und meinte, ich könne abends immer ins Studio gehen. Bin ich dann auch und hab meine Inspirationen von Berlin abgearbeitet und bisschen geschrieben. Allerdings ist nur ein Song von den Sachen nachher raus gekommen, alles andere hab ich verworfen. Als ich dann die anderen kennengelernt habe, hab ich auch gemerkt, dass man beim Schreiben auf bestimmte Sachen achten muss.
rap.de: Hast du dir von jemand bestimmtem Tipps geholt?
Lonyen: Nazar hat mir sehr viele Sachen beigebracht. Wie man Strukturen aufbaut. Ich hab ihm auch teilweise Sachen geschickt und Meinungen eingeholt, da hat er mir auch Tipps gegeben, wie man was richtig macht. MoTrip und Silla habe ich dann kennengelernt und denen auch beim Schreiben zugeguckt.
rap.de: Was waren die Themen in deinen ersten Songs?
Lonyen: Naja am Anfang sagt man noch viel, weil man denkt, das muss im HipHop so sein. Nicht gleich so was persönliches, sondern erst mal auf die Kacke hauen. Erstmal provozieren und dann hab ich auch gemerkt, dass man so auch Leute erreicht und es hat auch keiner was auszusetzen gehabt, sodass ich jetzt eher in die Richtung gegangen bin. Die harten Sachen werden bei mir aber komischerweise extrem ernst genommen. Wenn zum Beispiel ein Fler sagt, dass er jemanden abstechen will, dann bekommt er das ja auch nicht so aufs Brot geschmiert, das nimmt ja auch keiner 100 Prozent ernst, das ist halt Battle-Rap. Bei mir aber haben die echt gedacht, ich wäre ein komplett böser Mensch.
rap.de: Der alle abstechen will. (lacht)
Lonyen: (seufzt) Das war so ein Zwiespalt irgendwie. Ich feier halt diese harte Schiene, diese harten Sachen. Bei mir haben die Leute das wie gesagt extrem ernst genommen, aber mittlerweile mache ich auch mehr deepe und kritische Sachen.
rap.de: Was willst du mit der Musik erreichen?
Lonyen: Also ich will nicht der HipHop-Papi sein, der jetzt einen auf Lehrer für die Kids macht, der sagt guck, ich hab das so gemacht, du sollst das nicht. Denn im Endeffek muss jeder seine Fehler selber machen, um daraus was zu lernen. Wir haben ja auch nicht auf die Älteren gehört. Aber ich hab schon mitgekriegt, dass manche Leute daraus was ziehen können, aus manchen Texten zumindest, und im Endeffekt freut mich das natürlich schon, aber ich mach's in erster Linie, um selber raus zu kommen. Ich will nicht so ein belehrender Vater sein. Ich bin kein Torch, so ein Zeigefingermensch.
rap.de: Wie sieht es mit dem Tättowieren aus? Machst du das trotzdem noch weiter oder jetzt nur noch Musik?
Lonyen: Natürlich! Tätowieren ist ja mein Leben auch. Und HipHop ist das zweite Leben. Aber die wenigsten verdienen damit ja auch richtig Geld. Da steckt ja viel Herzblut drin, ist ja nicht so, dass man sagt, ich mach jetzt nebenbei Hiphop, als zweites Standbein, um damit noch Geld zu verdienen.