Casper steht mit seinem neuen Album „Lang lebe der Tod“ in den Startlöchern. Bisher war jedes seiner Alben eine kleine bis mittelgroße Innovation, brachte Überraschungen mit sich und wurde von Fachpresse wie Feuilleton gleichermaßen gelobt – von Fans sowieso. Was zieht der Bielefelder also nun aus dem Ärmel? Wir wagen einen Ausblick.
Die Ausgangslage:
Casper ist dafür bekannt, auch bei der breiten, weniger rapaffinen Masse Anklang zu finden. Seine letzten beiden Alben hielten sich nicht umsonst zig Wochen in den Charts und wurden in Platin gegossen. Doch zwischen dem Überraschungserfolg „XOXO“ von 2011 und dem aktuellen Langspieler „Hinterland„, der zwei Jahre darauf folgte, tat sich musikalisch einiges. „Hinterland“ präsentierte sich noch musikalischer, noch organischer und vor allem weit weniger düster als das schwermütige „XOXO„. An sein Debüt „Hin zur Sonne“ wiederum erinnerte höchstens noch Caspers lyrische Finesse und der mitreißende Habitus, den die Wir-Rhetorik auf „XOXO“ perfektionierte.
Der erste Vorgeschmack im Vergleich:
Der Song „Lang lebe der Tod“ wurde bereits vorab veröffentlicht und ist – gerade, da es sich um den Titelsong handelt, der meist die Marschrichtung vorgibt – ziemlich aufschlussreich. Mit gleich drei singenden Feature-Gästen, bemerkenswerterweise findet sich Blixa Bargeld von Einstürzende Neubauten darunter, kommt der Sound basslastig, druckvoll und vor allem düster daher. Die schmutzige, analoge Untermalung klingt zwar immer noch organisch und handgemacht, hat aber nicht mehr viel mit den gefälligeren Indie-Folk-Klängen von „Hinterland“ zu tun. Die lebensbejahende Aufbruchsstimmung weicht den Klängen eines Rock-Orchester mit der Dramatik eines Blockbuster-Soundtracks. Textlich knüpft er eher an sein Major-Debüt an: Casper setzt wieder auf poetisch gehaltene Slogans und Metaphern der Marke „Blut sehen“ statt mit impressionistischen Assoziationsketten um sich zu werfen.
Der Ausblick:
„Lang lebe der Tod“ könnte ein finsteres Pendant zu „Hinterland“ zu werden. Nicht minder musikalisch und aufwändig produziert bzw. aufgenommen, aber eben ins Gegenteil ausschlagend. Die dunkle Seite der Macht. Kein melancholisches Bad in Selbstmitleid, wie es „Hin zur Sonne“ war, sondern laut, bedrückend und ungemütlich. Ein Lil Creep-Soloalbum wird es jedenfalls nicht, da lege ich mich fest, und auch das vor über einem Jahr angeteaste „Lord Level“ scheint (leider) nicht von „Lang lebe der Tod“ zu stammen (die Frage bleibt, von wo dann). Ich würde mich freuen, wenn ich Recht behielte – als eigentlich sehr großer Casper-Fan konnte ich mit den letzten beiden Werken nämlich nicht sonderlich viel anfangen. Was das neue Werk angeht, bin ich da deutlich optimistischer.