Berlin. Kreuzberg. Ein Donnerstag Abend. Ein voller, enger, heißer Club. Irgendwann zwischen eins und halb zwei ist es endlich soweit: Fizzle droppt den Beat zu „Skyline“ und Trettmann betritt die Bühne. Der Song, der Trettmann den zweiten Frühling beschert hat. Das Publikum: mehr als ready. Das Prince Charles voll bis unter die Decke, von der der Schweiß in dicken Tropfen tropft, und alle wollten endlich den ersten Auftritt vom Produzententeam KitschKrieg und deren Kollabopartner hören.
Schon nach den ersten paar Minuten merkt man, dass hier nicht einfach mal ein paar Leute vorbeigekommen sind, um sich ein bisschen berieseln zu lassen. Die Meute will endlich die Hits live hören, die KitschKrieg, Trettmann und Haiyti über das Jahr 2016 zweifelsohne gesammelt haben. Der bühnenerfahrene Trettmann spielt sein Programm mit der Souveränität eines sächsischen Königs. Da sitzt einfach alles perfekt. Man merkt ihm einfach an, wie wohl er sich auf der Stage fühlt und bewegt. Als dann auch noch Überraschungsgast und Edelspitter Megaloh die Bühne entert, ist alles vorbei. V-o-r-b-e-i. Die Euphorie, die in der Luft liegt, kann man mit Händen greifen. Als auch noch eine gemeinsame EP von Trettmann und Mega angekündigt wird, ist die Kernschmelze ein Witz gegen die Reaktion der hemmungslosen Meute, in die sich das Publikum (was ein steifes Wort) inzwischen verwandelt hat.
Und auch an den Decks stehen zwei Hauptprotagonisten dieses glorreichen Abends: die Producer Fizzle und Fiji von KitschKrieg. Unfassbar on point und einzigartig sind deren Instrumentals. Sie sind nicht die einzigen in Schland, die karibische Vibes in ihre Musik integrieren. Aber wie sie die Riddims an diesem Abend passgenau raushauen, das habe ich so noch nie erlebt. Wie stil- und geschmacksicher sie dreckigen UK-House und Bassline-Sound aus England einflechten – wow. Folgerichtig wurden nicht nur Paarungstänze vollzogen und Ärsche in die Luft geworfen. Hier wurde gepogt und gesprungen: Komplette Eskalation. Oder besser: Ejakulation. Mehrere Male drohte der Absperrungszaun zur Bühne hin umzufallen, weil die Fans von hinten so nach vorne drückten.
Und als ob das alles nicht schon krass genug, nicht schon der Abend, die Nacht des Jahres gewesen wäre – dann auch noch Haiyti. Die bahnbrechendste Rapperin des Jahres. Mindestens. Wie der ganze Club die Hook von „120 Jahre“ im Alleingang skandiert. Und wie selbst der etwas unbekanntere Act Joey Bargeld die Menge zum toben bringt. Es ist ein Fest. Gänsehaut auch die ruhigeren Momente, die romantischen Duette von Joey Bargeld und Haiyti, die vom Publikum super aufgenommen werden. Da knistert es schon fast in der Luft. Abgerundet wird diese Sause aller Sausen dann mit einem fantastischen Medley-Remix von Fiji, der den letzten Rest aus der Crowd herausholt. Danach sind alle außer Atem und erschöpft, aber glücklich.
Man merkt es vielleicht: KitschKrieg Live war mein Weihnachten und Silvester in einem und als ich am nächsten Tag verkatert bei der Arbeit saß, fühlte es sich nicht an wie ein weiterer trüber Dezembertag, sondern der Beginn von 2017. Und das kann eigentlich nur großartig werden.