Wer sich ein wenig mehr mit der Musik seiner Lieblingsrapper beschäftigt, stößt irgendwann auch auf die Produzenten, die sich im Vorfeldbemühen, dem Künstler ein passenden Beat auf den Leib zu schneidern. Mit einem der besten und erfolgreichsten Beat-Produzenten durfte sich rap.de einmal ausführlicher unterhalten – die Rede ist von 7inch. Er ist für einige sehr erfolgreiche deutsche, aber auch amerikanische Produktionen verantwortlich und stellt sich hier unseren Fragen. Zudem ließ er einen exklusiven Beat springen – damit es nicht nur was auf die Augen, sondern auch auf die Ohren gibt.
rap.de: Auf deiner eigenen Website (www.seveninchbeats.com) sieht man als erstes ein Bild von dir, daneben steht: Komponist, Produzent, Musiker. DieseBegriffe versprechen einiges und lassen viel Spielraum für Interpretationen. Siehst du dich selber als Musiker, Produzent und Komponist oder haben dir andere Leute diese Bezeichnungen untergejubelt?
7Inch: Ich sehe mich in erster Linie als Musiker. Da ich damals mit dem Rappen begonnen habe und mich über die Jahre immer mehr auf das Produzieren spezialisiert habe, kenne ichbeide Seiten. Ich weiß, was ein Künstler benötigt um sein volles Potential im Studio vor
dem Mikrofon auszuschöpfen.
rap.de: Welche persönlichen Vorbilder hast du? Gibt es bestimmte Produzenten, denen du nacheiferst?
7Inch: Ich habe früher, als ich mit dem Produzieren anfing, ganz krass die verschiedenen Stile von DJ Premier, Madlib, Just Blaze oder Dr. Dre nachgebaut. Ich bin nach wie vor noch ein riesiger Fan von den oben genannten Legenden, aber ich habe über die Jahre meinen eigenen Weg gefunden, die Musik so klingen zu lassen wie ich es für richtig halte. Es gibt nichts schlimmeres, als wenn dein Sound sofort mit einem anderen verglichen wird.
rap.de: Gibt es einen bestimmten Sound den du in deiner Musik umsetzen willst oder der dich maßgeblich beeinflusst/ beeinflusst hat?
7Inch: Ich würde mich als sehr abwechslungsreich bezeichnen, daher lasse ich mich ungern festlegen oder in eine Schublade stecken. Mir ist es immer wichtig, dass sich meine Beats harmonisch anhören. Ich liebe es, einen Song komplett auszuproduzieren und mit vielen Feinheiten zu versehen. Ob nun Straßenbanger, soulige Samplebeats oder plastische Popsongs, ich liebe alle verschiedenen Facetten der Musik.
rap.de: Du bist jetzt fast 15 Jahre dabei, hast selber mal als Rapper angefangen, hattest deine Crew und warst sogar als Backup-Rapper für Spax live auf demSplash. Wann kam der Punkt wo du sagtest: Jetzt fang ich an zu produzieren?
7Inch: Im Jahre 1998 fing ich mit dem Schreiben von Songs an. 2001 kam das erste Tape raus, limitiert auf knapp 50 Stück haha. Mit dem Produzieren ging es erst Anfang 2003 los. Aus der Not heraus fing ich mit dem Beats machen an, da in meinem Umfeld keiner war, der mir freshe Beats für meine Texte zaubern konnte.
rap.de: In der Biografie auf deiner Seite sagst du netterweise, dass sich der Job auf dem Bau mit deinem nur wenig unterscheidet. Wie schaut ein typischer Arbeitstag bei dir aus und hast du bestimmte Rituale, denen du abergläubisch folgst?
7Inch: Gegen 10 Uhr morgens begebe ich mich ins Studio7 und fange mit dem Arbeiten an. Je nachdem was gerade ansteht schreibe ich Rechnungen, arbeite Anfragen ab oder setze mich an neue Produktionen. Die besten Beats kommen meist, wenn ich keine Vorgabe habe und einfach nur ins blaue spiele. Aber richtige Rituale, die einen Hit garantieren habe ich leider noch nicht entdeckt. (lacht)
rap.de: Was viele nicht wissen: Du bist mehrfach ausgezeichneter Produzent, bist in der Schweiz mit einem Beat von dir und Shuko (Hustle Heart-ProduzentenTeam) für den Rapper Bligg dreifach Platin gegangen. Wen die Namen Casper, Kool Savas, Curse und Prinz Pi nicht vo Hocker reißen, dürfte bei Papoose, The Game, Tyga und Lil Wayne endgültig überzeugt sein. Wie kommt man dazu, für solche Deutschrap-Urgesteine und internationale Hip-Hop-Giganten zu produzieren?
7Inch: Man benötigt definitiv einen sehr langen Atem, um zu so einer Vita zu gelangen. Natürlich ist es auch wichtig, dass man ein Gespür für den richtigen Sound hat oderentwickelt. Talent alleine reicht aber nicht aus, um sich auf diese Vielzahl von Künstlern einzustellen. Man muss vielfältig und offen für neue Styles sein. Und natürlich muss man die Musik lieben, und wie deine erste Liebe behandeln und nie aus den Augen lassen, ansonsten hat das ganze keine Zukunft.
rap.de: Nach dem du mittlerweile mit so vielen Künstlern national und auch international zusammengearbeitet hast, gibt es sicher den ein oder anderenLieblingskünstler, mit dem die Arbeit besonders Spaß gemacht hat. Wie sieht es da bei dir aus?
7Inch: Am meisten Spaß hat mir immer die Zusammenarbeit gemacht, bei der ich mich auch konkret mit den Künstlern zusammen gesetzt habe, um die Songs gemeinsam entstehen zu lassen. Mit den Jungs von Hammer & Zirkel habe ich sehr eng zusammen an ihren Releasen getüftelt. Die Arbeit mit Savas und Xavier an den beiden Songs war sehr inspirierend. Auch das Blackbook Album von Laas Unltd hat mir mega Spaß gemacht. Und natürlich nicht zu vergessen, die Zusammenarbeit mit meinen Jungs von Nefew, die meiner Meinung nach einen verdammten Grammy für ihre Musik verdient haben.
rap.de: Kommen wir ein wenig mehr zur Materie – dem Produzieren. Wie entsteht bei dir ein Beat, gibt es einen bestimmten Arbeitsablauf bei jedem Beatden du Produzierst?
7Inch: Das ist immer unterschiedlich. Manchmal fange ich mit den Drums an und manchmal habe ich eine Melodie, die ich dann zuerst ausarbeite.
rap.de: Welche Hard/Software nutzt du am liebsten zum produzieren, gibt es bestimmtes Equipment wie eine MPC, ein bestimmtes Keyboard, bestimmte Plug-Ins die dir helfen, einen ganz bestimmten Sound zu entwickeln?
7Inch: Ich arbeite mit Cubase auf dem Mac. Dazu nutze ich Maschine von Native Instruments, den Roland Juno G Synth, ein Mikro Korg, ein Midi Keyboard von Behringer, meine Fostex Pm2 Monitore, eine Focusrite Saffire Pro 24 DSP, den Universal Audio Twin Finity 710 Vorverstärker und ein Brauner Phantom Classic Mikrofon. Dazu benutze ich noch unzählige Plug Ins, die ich hier aber alle gar nicht aufzählen kann, sonst sprengt das hier den Rahmen…
rap.de: Jeder Mensch kennt es – es gibt Phasen, in denen man überhaupt nicht kreativ ist und man irgendwie in einem Loch steckt. Für Schreiberlinge,Maler, aber eben auch für Produzenten können sich solche Phasen zu einer mittelschweren Schaffenskrise entwickeln. Hast du ein Geheimnis, wie man dem vorbeugen kann oder bist auch du davon ab und an betroffen?
7Inch: Ich kenne solche Schaffenskrisen nur allzu gut und habe leider bis heute noch kein richtig gutes Geheimrezept zur Bewältigung herausgefunden. Es ist immer hilfreich sich in solchen Momenten komplett von der Kunst zu lösen und mit anderen Dingen zu beschäftigen. Spazieren gehen, mit Freunden treffen und was essen gehen hilft eigentlich so gut wie immer.
rap.de: Man konnte letztens auf Twitter verfolgen das du dir ein neues Mic geholt hast. Wie wichtig ist es für einen Produzenten auf dem neusten Stand der Technik zu sein?
7Inch: In der heutigen Zeit ist es möglich, mit wenig Equipment viel zu machen. Früher hat man ein riesiges Studio mit millionenschweren Gerätschaften benötigt, um einen geilen Ton zu erzeugen. Heutzutage brauchst du teilweise nur noch gute Ideen, um freshe Sounds zu erzeugen. Ich versuche natürlich mich immer auf dem Laufenden zu halten, andernfalls renne ich nicht jedem neuen Trend hinterher. Ich konzentriere mich auf meine Fähigkeiten und schöpfe mein Talent mit meinem Equipment voll aus.
rap.de: Aus vielen Interviews von dir weiß man, dass du nicht nur stur auf das produzieren aus bist. Ich zitiere dich mal kurz: „“In Amerika dropt jeder halbwegsgute Produzent pausenlos Beats oder alle paar Monate ein Mixtape. Das ist krass! Die Vermarktungsmaschine haben sie dort voll im Griff. Deutsche Produzentenmüssen mehr Alarm machen. Was bringt ein Rechner vollgepackt mit den tollsten Beats? Wir als Produzenten müssen nicht nur Künstlern sondern auch HipHop-Hörern unsere Musik nahe bringen und schmackhaft machen. Dann haben vielleicht auch deutsche Produzenten im urbanen Bereich mal wieder eine Chance groß zu werden.“ Wie wichtig ist Vermarktung heutzutage und was genau stellst du dir darunter vor?
7Inch: Ich habe damals vor knapp 3 Jahren mit meiner Remixreihe „Digital Love Music“ zum ersten mal kostenlos den Leuten ein von mir komplett produziertes Tape zur Verfügung gestellt. Die Resonanz war umwerfend und so kam es zu dem zweiten Teil und einem Best of Mixtape Namens „One“, das von dem Best Men Dj Team aus der Schweiz gemixt wurde. Ich arbeite gerade an meinem vierten Free-Download-Release, welches aber wahrscheinlich erst Anfang des nächsten Jahres erscheinen wird. Ich glaube das es sehr wichtig ist, dass sich Produzenten ihr eigenes Ding aufbauen, um sich aus der Masse der Beatmaker herauszuheben.
rap.de: Insidern und Fans wird es nicht verborgen geblieben sein. Du hast vor ein paar Wochen einen Autorenexklusivvertrag bei Sony/ATV Music Publishing und Berlin Music Publishing unterschrieben. Wie kam es zu dem Deal?
7Inch: Da seit Mitte 2011 mein erster Verlagsdeal ausgelaufen war und ich mich demnach knapp ein Jahr selbst verlegt hatte, war ich eh immer auf der Suche nach einem neuen Angebot. Gemeinsam mit meinem Management sind wir die Angebote durchgegangen und haben uns am Ende für das Team von SonyATV / BMP entschieden. Ich freue mich sehr auf die gute Zusammenarbeit und ich glaube fest an große gemeinsame Erfolge in den nächsten Jahren.
rap.de: Welche neuen Möglichkeiten hast du jetzt mit diesem Deal? Bist du ein Angestellter der jeden Morgen um 7 auf Arbeit erscheinen muss, oder wie kannman sich deinen Tagesablauf jetzt vorstellen?
7Inch: Mein Verlag kann mir unbezahlbare Kontakte offerieren und mich dadurch auch im Popbereich als Musiker und Produzent etablieren. Die Arbeit erfolgt nach wie vor in meinem Studio und wird nicht von den Jungs akribisch überwacht. Wir treffen uns in regelmäßigen Abständen um aktuelle Aufträge durchzusprechen.
rap.de: Herzlichen Glückwunsch übrigens, dass du für das Gold-Album von Xavas ein paar Beats beisteuern konntest. Wie wichtig ist dir persönlich so ein Erfolg?
7Inch: Danke für die Glückwünsche. Von so einem Erfolg träumt wohl jeder von uns. Nach nur einer Woche mit dem Album Gold zu gehen ist wirklich ein unfassbarer Erfolg. Ich habe mich riesig für alle Beteiligten gefreut und bin sehr stolz darauf, ein Teil dieses Albums sein zu können. Aber nichtsdestotrotz kommt es mir nicht nur auf die Chartplatzierung an. Ein Album muss mich beim Hören berühren und in mir eine Emotion auslösen.