Manuellsen widmet sein neues Album dem „Gangland“, in dem fast jeder eine Waffe trägt und man nicht ohne kugelsichere Weste sein Haus verlässt. Wo Freunde Brüder und Männer noch Männer sind. Manuellsens Verbindungen zu den Höllenengeln sind bereits hinlänglich bekannt. So hatte ich die Erwartung, dass das Album mich mit in eine gefährliche Welt nimmt. Am Ende hat sich diese fast vollends erfüllt.
Jeder Song des Albums ist wie ein Puzzlestück, die in Gänze das „Gangland“ ergeben. Manuellsen rappt für seine Brüder, die seine Cavemins sind, über die Frau, die ihn verraten hat, und seine Old Lady, für die er töten wurde. Es geht um die Jungs im Knast, die ihr Glück verloren haben, und darum Geld zu machen, um es den Seinen zu geben. Auch die Features der ersten Albumhälfte, Vega, KEZ und Moe Phoenix, fügen sich passend in dieses Bild ein.
Manuellsen wirkt bei seinen Erzählungen stets authentisch. Seine Lyrics werden von seiner tiefen Stimme getragen, die im Deutschrap ihresgleichen sucht. Egal in welcher Stimmung er rappt oder singt, man hört Manuellsen einfach gerne zu. Dies führt auch dazu, dass man, wie bei manch anderen Rappern der Fall, bereits bekannten Inhalte nicht als uninteressante Wiederholung wahrnimmt. Textlich gibt der Ruhrpottler zumeist klare Ansagen, angenehmerweise jedoch, ohne Namen zu droppen.
Musikalisch schwanken die Instrumentals, das fast ausschließlich („Money“ und „So lang‘ es mir passt“ stammen von Juh-Dee) von Gorex produziert wurden, zwischen modernen Synthies, Bässen und Drums und klassischen Raparangements. Ab und zu kommen auch elektronische Gitarren zum Einsatz. Jeder Beat passt hervorragend zu Manuellsens Stimme und untermalt passend seine Attitüde und Themen. Lediglich das etwas zu gewollt auf episch getrimmte Instrumental zu „Gedanken aus der Isolation“, in dem Manuellsen das Gedicht „Brotherhood“ eines Hells Angels Member rezitiert, wirkt deplaziert und überproduziert.
So gäbe es im Grunde fast nichts zu beanstanden, würde „Manta“ mit Snaga und Pillath nicht die schwache Phase des Albums einleiten. Denn der Ruhrpott-Representer und die zwei folgenden Songs brechen aus der Klammer, die durch den Albumtitel so passend beschrieben wird und von Beginn an aufgebaut wurde.
Der Film, in den mich „Gangland“ eingeführt hat, reißt ab. Zwar schließt „Solang es mir passt“ wieder an die erste Hälfte des Albums an, dennoch kommt der Vibe nicht mehr so richtig in Gang. Schade ist auch, das der sehr persönliche Song „Gewartet“ nicht den Schlusspunkt bildet, sondern ein sechsminütiger Telefonmitschnitt, das sich wahrscheinlich niemand ein zweites Mal anhören wird.
„Gangland“ ist ein gutes Album. Es hat starke Produktionen, mehr als einen Hit, einen Rapper mit individueller Stimmfarbe und krassem Gesangstalent, der inhaltlich zwar nichts neues, aber seine Welt spannend und anschaulich erzählt. Manuellsen baut einen Film auf, dessen Anfang stärker als das Ende ist und für ein paar Minuten sich in unnötigen Nebelhandlungen verstrickt. Das ist jetzt natürlich Jammern auf hohem Niveau: Unterm Strich besitzt der Löwenanteil des Album eine sehr hohe Qualität und Dichte.