Pyranja

rap.de: Das war im Westen ja nicht anders – auch da ist man zumindest unterbewusst mit der Vorstellung aufgewachsen, nur Weiße können rassistisch sein.

Pyranja: Das fühlte sich auch total absurd an. Ich habe auch mit kaum jemandem darüber gesprochen. Man kann es den Leuten aber auch nicht übel nehmen, bei der Geschichte. Wenn die merkten, dass du nicht aus dieser typischen amerikanischen „White Trash“-Schicht kommst, waren sie auch gleich viel aufgeschlossener.  

rap.de: Letztes Jahr hast du an der Female-HipHop-Veranstaltung in Berlin teilgenommen. Wie hast du das Ganze empfunden?

Pyranja: Ehrlich gesagt: total lustig. Ich kann es verstehen, wenn Mädchen, die sich unterrepräsentiert fühlen, die Sache mal unter sich kennen lernen wollen. Ich selbst hatte das allerdings nie. Ich habe nie an einem Rapworkshop teilgenommen und Rap kann man halt auch nicht lernen. Für mich läuft das zwangsläufig autodidaktisch und hat auch nicht nur mit Skills zu tun, weil es auch um Persönlichkeit geht, die man in einem Workshop natürlich nicht antrainieren kann. Trotzdem kann man den Leuten da Wege aufzeigen und ihnen Input geben, den sie sonst nicht bekämen. Nach der Veranstaltung habe ich einen Verriss in der TAZ gelesen, über den ich mich wirklich aufgeregt habe. Du hast richtig gemerkt, dass der Journalist ganz bestimmte Erwartungen an diese Diskussionsrunde hatte, die da am Schluss stattfand.
 

Vor allem auch daran, wie sich Frauen gegenüber Männern zu verhalten haben – diese Erwartungshaltung wurde dort nicht erfüllt, weil die Frauen das gar nicht so ernst genommen haben. Wenn man selbst in der Szene ist, kann man das auch gar nicht, weil man sich dadurch auch etwas nehmen würde. Die Diskussion war sehr unterhaltsam, weil Staiger da ja auch als provozierender Macho hingesetzt wurde. Da haben sich natürlich viele gefragt „Warum macht das denn gerade der?“. Gerade das war ja aber cool, weil der eben keine Angst hat, Leute aus der Reserve zu locken. Wie das dann in der TAZ dargestellt wurde, fand ich völlig daneben.  

rap.de: Hast du manchmal den Eindruck, dass die Tatsache, dass du ein weiblicher MC bist, für Frauen eine größere Rolle als für Männer spielt?

Pyranja: Für HipHop-Frauen gilt das nicht, die sehen die Dinge eher ähnlich wie ich. Frauen, die nicht aus der Szene kommen, erwarten von mir allerdings oft sonst was. Ich denke mir dann immer nur „Alter, ich mach nur Musik und denke nicht den ganzen Tag darüber nach, eine Sonderrolle zu haben“. Manchmal wirst du aber auch überrascht. Lustig war z.B., dass ich früher dachte, dass Emma und Alice Schwarzer mich sicher total scheiße finden, weil ich mich eben nicht offensiv für Fraueninteressen einsetze. Dann hatte ich für „Frauen und Technik“ ein Interview mit ihr, und wir haben uns sofort super verstanden. Es ging da auch um diesen Song mit Fu Manschu „Ab 18“. Sie fand es großartig, dass ich den Spieß da umgedreht habe und war eigentlich die Einzige, die das richtig verstanden und auch nicht von Grund auf in Frage gestellt hat. Früher fand ich die ganzen HipHop-Videos ja auch scheiße, in denen nur halbnackte Mädels zu sehen waren. Aber mittlerweile denke ich mir eben, dass die Frauen das auch selbst zu entscheiden haben. Du kannst ja wählen, ob du einen guten Rapsong machst und vier, fünf Jahre an deiner Karriere feilst oder ob du deinen Arsch in einem Video zeigst. Die Entscheidung kannst du frei treffen, und dann kannst du dich hinterher halt auch nicht beschweren.  

rap.de: Vielen Dank für das Gespräch.