Interview mit Schwartz

Schwartz meldet sich dieser Tage nicht nur mit seinem neuen Album „Der Spermanist“ zurück, sondern auch mit seinem Fortsetzungsroman „Point Noir“, dessen erste Folge „Tiersnuff beim Showdown“ heißt. Grund genug, sich mit dem dreckigen, alten Mann mal gepflegt zu unterhalten. Über Rap ja sowieso, aber auch über Literatur. Das wohl intellektuellste Interview ever auf rap.de – und das mit einem Member der umstrittenen Hirntot-Posse. Gegensätze, wie wir sie lieben. 

rap.de: Dein Album heißt „Der Spermanist“. Ist natürlich ein super Wortwitz.

Schwartz: Ja, das war eigentlich wirklich so ein typischer Witz, den wir damals schon immer im Studio gerissen haben. Spermanistik, haha, ein richtig billiger Witz eben. Aber die Idee hatte ich wirklich schon lange, aber ich wusste auch, dass wenn ich das Ding mache, dann sollte das nicht mehr ganz so übelst der Untergrundsound sein. Natürlich soll das auch kein Mainstream werden. Aber dieses Projekt hatte ich eigentlich weiter hintangestellt. Davor stand die Idee für die EP „Der Hurensohnzüchter“ im Vordergrund. Dann gab es aber ja im Oktober diese Hausdurchsuchung. Die haben ja meinen PC und alles mitgenommen. Ich Vollidiot hatte die ganzen Sachen natürlich nicht noch irgendwo anders gespeichert. Alle Texte und Beats waren auf diesem Rechner drauf, der dann somit erst mal weg war.

rap.de: Hat sich deswegen auch dein Buch verzögert?

Schwartz: Ja, deswegen hat sich tatsächlich alles verzögert. Das Buch-Manuskript hatte ich noch auf einem Stick, aber da war auch noch ein weiteres Projekt. Ich habe die Sachen inzwischen wieder bekommen. Die hätten das theoretisch auch einziehen können. Ich hätte wohl zwischenzeitlich zu bestimmtem Bedingungen für 50 Euro pro Stunde dran gekonnt, unter Aufsicht eines LKA-Beamten. Das war aber in meinem Fall nicht nötig, weil ich das Ding ja auch vor ein paar Wochen wiederbekommen habe. Naja, die Geschichte mit dem Album kam dann eben, weil ich mir natürlich dachte, dass ich jetzt gar nichts habe und irgendetwas von vorne anfangen muss. Dann dachte ich mir eben, scheiß drauf, dann machste jetzt eben das Spermanisten-Ding zuerst. Ich habe im November damit angefangen und dann zwei Monate durchgearbeitet. Am Ende ist dann daraus ein 24 Track starkes Ding geworden, das musikalisch wirklich fast alle Spektren abdeckt. Beim Intro habe ich mich von den The Last Poets inspirieren lassen. Die haben dieses „Niggers are scared of revolution„, das ist so ein Fünf-Minuten-Ding, wo die auf Kongas rumtrommeln und dann die ganze Zeit ihre Sprüche rüberbringen. Das habe ich dann für das Intro und das Outro verwendet. Erstmal, weil es geil ist und zweitens, um den Leuten auch mal zu zeigen, dass sie leise sein sollen. Du kennst das ja. Hirntot und HipHop das ist immer so eine Sache. Hirntot ist ja kein HipHop mehr, weil wir machen ja angeblich keinen Rap und blablabla.

rap.de: Aber das wird ja mittlerweile fast jedem vorgeworfen. Inzwischen gibt es somit gar keine Rapper mehr. Oder Rap überhaupt. 

Schwartz: Interessanterweise ist es ja eigentlich so, dass wir tatsächlich nicht die Sachen machen, die wirklich als guter Rap gelten. Diese Doppelreime und die Punchlines, bei denen man um die Ecke denkt. Und das ist dann eher der Grund, warum Leute sagen, dass Hirntot kein HipHop ist. Die ganzen Sprachspielereien, das machen wir ja wirklich gar nicht. Also Rako macht das vielleicht manchmal, aber dann auch wirklich nur spaßeshalber.

rap.de: Ja, bei euch geht es mehr um die Message. (lacht)

Schwartz: Ja, klar. (lacht) Nee, es geht bei uns mehr um die allgemeine Atmosphäre. Wenn man mich jetzt fragt, was Hirntot genau ist, dann würde ich antworten, dass bei den Sachen immer ein gewisser Humor mitklingt. Das ist eben so ein Ding, das immer so ganz haarscharf ins extrem Niveaulose geht, immer ganz nah an dieser Klippe entlang. Es gibt auch Sachen, bei denen wir auch dann selber sagen, nee, das machen lieber anders. Rako zum Beispiel, der wollte bei „Doktor Bitch Gay“ auf seinem Part, wo er wieder gegen Lady Bitch Ray geht, etwas mit „Ehrenmord“ sagen. Da haben wir aber auch gesagt, er solle das besser weglassen, weil das eben ein Schritt zu weit geht.