Private Paul – Emopunkrap

Eines vorweg: Ich persönlich mag es gern, Dinge bis ins kleinste Detail durchzuanalysieren und zu sezieren. Ich weiß gern genau, was in der Psyche eines Menschen vorgeht, warum er depressiv oder fröhlich ist, was ihn fertig macht oder hochbringt, und warum er Dinge sagt, schreibt, tut oder auch rappt. Und ich stehe auf Horrorfilme. Was diese Ansagen in einer Review zu suchen haben? Ganz einfach: ich habe den Eindruck, kurz meine Psyche umreißen zu müssen, um herauszustellen, warum ich das Album „Emopunkrap“ von Private Paul als eines der besten des noch jungen Jahres ansehe.Denn wenn ich schlicht schreiben würde, dass die Beats dunkel, monoton, total depressiv sind und die Texte sämtliche Symptome des Krankheitsbildes einer Borderline-Persönlichkeit offen legen, dann sind das weder besonders verkaufsfördernde Argumente noch Dinge, die jemanden dazu animieren, sich das neue Album eines noch relativ unbekannten Rappers einmal anzuhören. Aber es lohnt sich. Wirklich, denn wer genauso gern analysiert und sich mit der menschlichen Psyche auseinandersetzt wie ich, für den ist „Emopunkrap“ perfekt. Es zieht dich durch seinen kaputten Protagonisten in den Bann und strengt das Hirn an.

Natürlich ist Private Paul eine Anlehnung an Private Paula, den dicken Soldaten aus dem Film „Full Metal Jacket“. Private Paula ist ein labiler Mann, der permanent gemobbt wird und sich schließlich umbringt.
Auch der Rapper Private Paul scheint seine Wertlosigkeit völlig verinnerlicht zu haben, denn schon im Intro des Albums erklärt er mit heruntergepitchter Stimme, dass er keinerlei Existenzberechtigung habe und es niemanden stören würde, wenn er sich ebenfalls einfach umbringt. Diese Erklärung, die die Stimmung des Albums auf den Punkt bringt, ist lediglich mit einer dunklen, röchelnden Geräuschkulisse unterlegt, durch die man sich direkt in den weiß gefliesten Keller von „Saw“ gezogen fühlt, in dem man es sich gemütlich oder ungemütlich machen kann, solange man das Album hört.

Während Paul über diverse Rauschmittel, sein kaputtes Leben, seinen Drang, sich selbst wehzutun,  seinen Hass anderen Menschen und vor allem sich selbst gegenüber rappt, eröffnet sich ein perfekter Blick auf menschliche Abgründe. Es stellen sich viele Fragen, deren Antworten zum großen Teil im Dunkeln bleiben, was nicht schlimm ist, immerhin arbeitet das Gehirn. Ist das jetzt nur eine Kunstfigur oder ist der Typ wirklich so kaputt? Wenn er wirklich so kaputt ist, was ist bei ihm schiefgelaufen? Was hat ihn zu diesem kranken Menschen gemacht? Warum hat er kein Vertrauen mehr und nur noch Hass und Trauer in sich? Und wieso kann er nur noch an Selbstmord denken, anstatt seinen Arsch hochzukriegen und sein Leben wieder zu ordnen?

Wenn Private Paul tatsächlich nur eine reine Kunstfigur ist, dann Riesenprops für den Rapper, denn dann hat er ein kleines, in sich geschlossenes Kunstwerk in Form eines Porträts eines psychisch gestörten Menschen abgeliefert. Super. Das Ganze dann unterlegt mit elektro- und gitarrenlastigen Beats und gewürzt mit viel Wortwitz und Ironie macht den „weinerlichen Punkrap“ perfekt.

Zum Abschluss noch ein kleiner Vorgeschmack aus dem Track „Das Schlechte im Menschen“: „Im Endeffekt bin ich aber doch nur ein Mann/ mit dem einfach nicht alles in Ordnung sein kann/ ich will keinen Job und keinen Studienplatz/ ich will ´n Jackpot, mit dem ich mir ´nen Ruhigen mach/ ich will ´ne Krankheit, die alles für mich entscheidet/ ich will auf dieser Scheißerde nicht mehr bleiben/ ich will alleine sein/ denn mich kann niemand leiden/ ich will zurückgehen und ein bisschen tiefer schneiden“.

Unbedingt anhören!