Blood Spencore – Kauf, Konsumier Und Stirb!

Passend zum, aus den Staaten herübergeschwappten, in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewinnendem Kostümierungsspektakel Halloween released der bullige Schlächter Blood Spencore sein Debütalbum “Kauf, Konsumier Und Stirb!“. Das Bild des, zwischen Plastikpferdekopf und Tierknochen herausfordernd drein blickenden Rappers soll einem wohl schon beim Betrachten des Covers erste Schweißperlen auf die Stirn zaubern. Man ahnt bereits wohin die Reise gehen soll, es wird versucht ein “Respektier-mich-gefälligst“-Feeling mit dazugehörigem “100% Maskulin“-Image zu generieren. Der Eindruck, dass es jetzt gleich direkt zu Sache geht, bestätigt und verstärkt sich auch beim Checken der Tracklist, auf der Titel wie “Köpfe Müssen Rollen“ oder “All Flesh Must Be Eaten“ zu finden sind.

Nach dem Intro trifft auch genau das ein, was man erwartet hat. Blood Spencore geht mit dem Kopf durch die Wand, daraus resultiert ein “Schädelbasisbruch“. Der Track, mit Schüssen in Richtung Die Orsons und Medienerscheinung Mehrzad Marashi, schlägt wild um sich und krönt Gladbach zur neuen Rapwelthauptstadt. Auf einem spritzigen Beat rappt sich Blood emotionsgeladen den Frust von der Seele. Dass er aber auch anders kann, nämlich nachdenklicher und mit Story, stellt er im darauffolgenden Stück “Schlechter Umgang“ mit Olson Rough unter Beweis. Quintessenz: Man taugt nicht als Vorbild für Kinder, wenn man seine Sorgen im Alkohol ertränkt. Klingt logisch. Unter dem bulligen, gefährlich wirken  wollenden Pöbler, der mit der Knochensäge Pferdekadaver zerteilt, steckt irgendwo also doch ein cleverer Gesellschaftssatiriker mit Verstand.

Auf bereits angesprochenem “All Flesh Must Be Eaten“ versucht Blood dann ein wenig mehr Gas zu geben und die Schlagzahl zu erhöhen. Leider ist schnelles Rappen nicht jedermanns Ding. Blood’s Part wirkt durch die Tempoerhöhung genuschelt und so muss man schon ganz genau hinhören, um sich an dem Inhalt der gespitteten Zeilen erfreuen zu können. Hier wären Lyrics im Booklet wirklich hilfreich gewesen. Unterstützt wird Blood auf “All Flesh Must Be Eaten“ von  Featuregast Evil Pimp, der aus Tennessee auf ein paar Bars vorbeischaut.

Je mehr man von “Kauf, Konsumier Und Stirb!“ hört, desto stärker fällt einem die teils fehlende Stringenz auf. Bestes Beispiel dafür ist “Fliegen“ zusammen mit Unmensh. Die amüsante Gesellschaftskritik der ersten 16 Bars von Blood Spencore werden im darauffolgenden Part vom Featuregast praktisch überhaupt nicht aufgegriffen. Unmensch nutzt seinen Part lieber für kindliches, flowloses Profiliergehabe und so rappt er auf Zeilen von Blood wie “Wir sollen uns alle totarbeiten, denn den Staat stören Rentner und bald gibt es sogar bei Edeka nen Ganzkörperscanner“ Lächerliches wie “Und du siehst – Uhh – ne Knarre, ich mache coole Sachen wie deine Crew zum Affen“. Hier wird vorhandenes Potential nicht optimal genutzt, schade.

Was macht “Kauf, Konsumier Und Stirb!“ schlussendlich hörenswert? Man bekommt bei der LP unweigerlich den Eindruck vermittelt, dass Blood Spencore einer von denen ist, die sich durchs Rappen den Gang zum Seelenklempner sparen. Prinzipiell löblich. Mal kraftvoll pöbelnd, mal ironisch sozialkritisch und manchmal zerstreut, widmet sich Blood den anspruchsvollen Aufgaben des Lebens, wie eine adäquate Vaterfigur werden zu wollen oder nicht an den gesellschaftlichen Regeln zu Grunde zu gehen.
Blood’s Musik lebt von Wortwitz und netten Anekdoten des täglichen Lebens. Scheitern Vorhaben an der Realität, wird durch sehr viel Alkoholkonsum und Schönrederei gegengesteuert, wundervoll dargestellt auf Tracks wie “… Vor Die Hunde“ oder “Filmriss“ zusammen mit Vokalmatador.
Man spürt die Enttäuschung von Blood gegenüber dem Handeln und Denken der Menschheit, was er mehrfach, wie zum Beispiel auf  “Meine Nachbarn“, zum Ausdruck bringt. Definitiv liegen ihm Konzeptionstracks mit Handlungsstrang besser als dumpfer, manchmal platter und unvollendeter Battle- oder Straßenrap.
Kauf, Konsumier Und Stirb!“ ist ein extrem ehrliches, kein Blatt vor den Mund nehmendes Stück Rap, das seine Mitte noch nicht ganz gefunden hat.