Massiv – Raubtier [Review]

Es ist soweit. Das „Raubtier“ hat den Metallkäfig verlassen. Und was bereits der Titel impliziert: Massiv bleibt seiner zwischenzeitlich abgelegten roughen Art absolut treu.

Auf melodischen und gleichzeitig epochalen, imposanten Beats, meist von Johann Sebastian Kuster von der Producer Supercrew Snowgoons, der u.a. mit Young Buck, Tech N9ne und La Coka Nostra für einige Koryphäen der US-Untergrundelite gearbeitet hat, hat Massiv seinen nunmehr 13ten Langspieler aufgenommen. Mit dem erfolgreichen J.S. Kuster arbeitet Massiv seit 2009 zusammen und dessen Underground-Erfahrungen passen perfekt zum Ghettorap des Berliners. Allerdings haben an einzelnen Anspielstationen auch weitere Gütesiegelproduzenten wie Dennis Kör, Cubeatz, Joznez und Johnny Illstrument gearbeitet. Insgesamt eine weitere Bestätigung, dass Deutschrap soundtechnisch weiterhin auf der linken Spur aufholt.

Relativ schnell wird einem beim Hören klar, dass Realtalk und vor allem das nüchterne und unschöne Darstellen der Streets den Kernpunkt des Albums ausmachen. Aber ein Raubtier kommt bekanntlich – wenn auch nicht zwingend – aus dem Dschungel und dass die Großstadt ebenso ein Dschungel sein kann, ist keine Neuerung. Ebendies macht Massivs Attitüde aus und spiegelt sich auch in quasi dem ganzen Album wieder. An dieser Stelle wollte ich argumentativ die Tracks angeben, die vom Ghetto handeln, allerdings könnte man durch umgekehrtes Vorgehen einige Worte sparen, da irgendwo beinahe jeder Track dieses Thema bearbeitet. Rundum behandelt „Raubtier“ also einen absolut in sich geschlossenen Mikrokosmos. Das wird zwar auf Dauer etwas monoton, funktioniert aber.

Schon beim Betrachten der Tracklist fallen einem die vielen NRW-Features auf. Eko Fresh, Farid Bang, MoTrip, KC Rebell, Manuellsen, Kollegah, Summer Cem alle aus der NRW-Szene stammend, werten das Album nochmal auf und sind stets gut platziert. Gerade mit Manuellsen interagiert der Rudelführer hörbar eingespielt. Jedoch hebt sich ein Feature über allen anderen hervor: „Bob Marley“ mit Raf Camora ist ein absoluter Höhepunkt des Langspielers. Der Wiener hat mit seinem letzten Album eh bewiesen, dass er ein absoluter Meister seines Fachs ist und drückt dem Track ordentlich seinen Stempel auf, ohne dass Massiv zum Statisten wird. Ein absolut gelungenes Stück und vor allem eine sehr willkommene Abwechslung zu dem Ghetto-Motiv, das sonst die einzelnen Songs beherrscht. Ebenso muss man „Wir sind Jungs von der Straße“ positiv hervorheben. Der epochale Sound und die Featuregäste MoTrip und Manuellsen sind einfach auf verdammt hohem Niveau. Ansonsten ist der Langspieler ein gelungenes Werk, was einem jedoch wahrscheinlich nicht großartig in Erinnerung bleiben wird. Ich für meinen Teil habe solche Track fast alle schon in ähnlicher Form gehört und finde daran keinen großen Catch mehr.

Das Album ist durchzogen von kleinen Höhen und Tiefen, worauf man jetzt nicht weiter als bisher eingehen muss, um ein Gesamtbild vermitteln zu können. Insgesamt ist es das, was man von Massiv erwarten konnte. Thematisch sowieso: der rote Faden sticht für meinen Geschmack jedoch etwas zu stark hervor, „Raubtier“ ist konsequent typische Al Massiva Kost. Der Berliner hat hier kein neues Stück Rap-Geschichte geschrieben, aber eben auch nicht das Gegenteil. Ein solides Stück Straßenrap also, das keine Maßstäbe setzt, aber sich auch keine Blöße gibt.