Nate57 – Gauna [Review: Oli vs. Louis]

Louis: Nate57 ist ein „Gauna“ – und tut auf seinem dritten Soloalbum das, was er am besten kann: Der Hamburger erzählt über gewohnt stark ausproduzierte Instrumentals à la Rattos Locos bildhafte Geschichten aus dem Kiez, zwischen die sich immer mal wieder eine Prise Polit-Rap mischt. Klingt gut, aber irgendwie auch nicht wirklich neu. Und genau das ist das Dilemma, in das mich dieses Album bringt: Nate57 rappt hervorragend, die Beats bringen meinen Kopf immer noch zum nicken und die Hooks bleiben gut im Ohr. Aber leider schafft es „Gauna“ einfach nicht, mich zu überraschen oder mir eine neue Facette des Künstlers auf zu tun.

Oliver: Naja, überraschend ist es natürlich nicht, dass Nate ein sehr guter Rapper ist. Aber ich finde, „Gauna“ klingt wieder viel frischer als das letzte Album „Land in Sicht“ . Nate hat seine Stärken wieder in den Vordergrund gerückt: Schnelle, harte Streetrap-Songs, weniger Politik, mehr Straße. Und das steht ihm hervorragend. Ich fand es immer schade, dass er den Hype um „Blaulicht“ nicht wirklich in eine solide Karriere umsetzen konnte. Ob ihm das mit „Gauna“ endlich gelingt, weiß ich nicht. Die Zeichen stehen aber besser als zuvor: Sein bisher konsequentestes Album und genau das, was man von ihm hören will.

Louis: Na klar ist Nate ein verdammt starker MC, allerdings hätte ich mir mehr Überraschungsmomente in Sachen Arrangements und Beatauswahl gewünscht. Auf „Gauna“ passiert mir zu viel auf Nummer sicher. Zu oft sind die Songs nach dem simplen Prinzip „Guter Beat-Part-Hook-Part-Hook“ aufgebaut. Klar, das funktioniert sehr gut, wirkt auf mich bei 17 Songs aber leicht ermüdend. Beispielhaft dafür steht „Konsequenzen“ . Ein positives Gegenbeispiel ist jedoch „Saxofon“ : Hier wird (endlich) mal mit dem Schema gebrochen. Die Parts von Nate57, Crackaveli, der überraschend stark abliefert, und Olexesh werden einfach mal ohne Hook aneinandergereiht, bevor eine zweizeilige Bridge / Hook den Song abschließt. Hier passiert etwas mehr oder weniger unerwartetes, befreit von jeglichen 08/15 Arrangement-Gerüsten.

Oliver: Mich stört das absolut nicht, wenn Rapsongs simpel und eindeutig aufgebaut sind. Im Gegenteil. Und obwohl ich eigentlich nie auf Features achte, sind zwei Songs mit Gästen extrem herausragend: „Mische für Mische“ mit Kalim ist der Wahnsinn – die sollen am besten ein gemeinsames Westcoast-Album aufnehmen! Und Gzuz auf „Hitzefrei“ – oh mein Gott. Hoffentlich wird es bald Sommer! Einziger Schwachpunkt für mich: „Chaos“ . Politischer Rap ist ohnehin schwierig, hier klappt es mal wieder nicht. Songs wie „Alarm“ oder „Kein Para? Kein Sinn“ transportieren für mich dieselbe Message im Grunde viel besser und pointierter.

Louis: Deine Einschätzung zu den Featureparts teile ich zu 100 %. Die Gastauftritte sind sehr gut ausgewählt und stellen eine Bereicherung für das Gesamtbild dar. Meine Highlights sind „Wie ne Platte die springt“ und das Outro „Saudade“ . Ersterer besticht vor allem durch das wahnsinnig atmosphärische Piano, während beim Hören des letztgenannten Songs immer wieder das Kopfkino einsetzt. Nate erzählt absolut unpeinlich von seiner Sehnsucht nach Portugal, das Land, in das seine Familie kurzzeitig auswanderte. Das angenehme, gitarrenlastige Instrumental und die detaillierten Beschreibungen von Landschaften, Gerüchen und Stimmungen nehmen mich für einen kurzen Moment mit an die Algarve. Sehr gelungen! „Gauna“ ist ein von vorne bis hinten gutes Album, das sich, meiner Meinung nach, aber noch mehr hätte trauen dürfen.

Oliver: Okay, hohe Ansprüche sind eben der Fluch, den man nach einem dermaßen fulminanten Einstieg ins Game nicht so schnell los wird. Ich bin da etwas nüchterner und sage: „Gauna“ ist sein bisher bestes Album, sogar besser als „Stress aufm Kiez“ . Basta.

Nate57 – Gauna
VÖ Datum: 25. März 2016
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