Enoq – Wie ich do [Review]

Wirklich viel kannte man bis gestern nicht von diesem Enoq. Ein paar YouTube-Videos, ein paar Features und ein Auftritt bei der jüngsten Splash! Mag Cypher. Das war es grob gesagt auch schon. Nun legt der Berliner mit der „Wie ich do“ EP das erste echte Release nach. Sechs Tracks, darunter der geheime 2014er Sommerhit „Meine Stadt kocht„, produziert von Swoosh Hood, KevBeats und Enoq selbst.

Das Intro der EP, „Nichts & Niemand“ , stellt direkt klar, mit was man es hier zu tun hat: Der Sound klingt bis ins Detail ausproduziert und dem Künstler am Mikrofon auf den Leib geschneidert. Die Beats bewegen sich in niedrigen BPM-Bereichen, werden aber zu keinem Zeitpunkt träge. Sie schaffen es, eine eigene Atmosphäre zu entfalten und dem Rapper trotzdem genug Raum für die Vocals zu lassen. Diesen nutzt Enoq mit seiner tiefen und druckvollen Stimme voll aus. Hier wird nichts auf Doubletime, technisch extravagante Parts oder die ausgefeilteste Reimstrukturen gegeben. Viel mehr liegt der Fokus auf der Aussage – und die sitzt. Die Zeilen werden in einer trügerischen Seelenruhe vorgetragen. Enoqs reduzierter Rap-Stil klingt besonnen, aber gleichzeitig bedrohlich. Das Ganze wird immer wieder mit gesungenen Passagen oder Hooks angereichert, so dass die Monotonie, die Enoqs Stil auf Dauer durchaus bürgen könnte, geschickt umgangen wird.

Das Gesamtpaket zeigt sich gut auf „Bisschen für den Fame“ . Mit kredibiler Berliner Schnauze vorgetragene Punchlines, einzelne gesungene Zeilen und ein „this is how we do it„-Vocalsample in der Hook machen aus diesem Song einen der straightesten und gleichzeitig melodischsten Battlerap-Tracks seit langem. Wie wenig der junge Mann aus Steglitz mit deutschem Rap anfangen kann, wird auch auf dem Track „0815„, auf dem ein Gespräch mit einem imaginären Fan oder Hater geführt wird, deutlich. Da heißt es: „Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen will/ ‚Warum sind keine Bitches in deinem Video, dicka?‘  – Weil ich nicht mit Fotzen chill/„, oder „‚Warum so spät?‘ –  das beste kommt zum Schluss / ‚Die anderen fahren schon Siebener, Dikka‘ – ich fahr lieber Bus“ . Das Ganze klingt dank punktgenauer Delivery und eiskalter Stimme nicht nur glaubhaft, sondern vor allem dope.

Dass man in Südberlin aber nicht nur anderen Rappern auf die Backen gibt, stellen die Tracks „Raus aus meinem Kopf“ mit Yassin und „Meine Stadt kocht“ mit Zwang eindrucksvoll unter Beweis. Ersterer meistert den schmalen Grat zwischen der künstlerisch wertvollen Darstellung von Gefühlen und peinlichem Kitsch mit Bravour. Die fast schon radiotaugliche Hook rundet die beiden melodisch vorgetragenen Verse ab und lässt ein schlichtweg schönes Lied über verflossene Liebe entstehen. Keine Fremdscham, kein unkreatives Rumgeheule, sondern zwei erwachsene Männer die einen erwachsenen Song gemacht haben. Letzterer überliefert pures Hood-Sommer Feeling, direkt aus der viel berappten 41 zwischen „Insulaner und Teltow-Kanal“ . Keine Cheesyness, kein Pop, sondern ein Hauch von Atzenmusik auf entspannten Beats.

Die „Wie ich do“ EP ist das Statement eines hungrigen Künstlers, dem dieses Rap-Game getrost am Arsch vorbei geht. Enoq überzeugt musikalisch sowie raptechnisch mit einem eigenem, unkonventionellen Style. Diese EP ist ein Geheimtipp und schon jetzt ein heißer Anwärter für meine Top Ten der ersten Jahreshälfte. Lange hat ehrliche Ignoranz gepaart mit ehrlichen Gefühlen nicht mehr so fresh geklungen.