Blumio – Blumiologie (Review)

Ich kann nicht behaupten, dass ich an Blumios neues Album „Blumiologie“ unvoreingenommen herangegangen bin. Zum einen habe ich das Video zu „Religion“ gesehen, warum ich es nicht gut fand, habe ich bereits hier erklärt. Zum anderen habe ich einige von BlumiosRap da News„-Folgen gesehen und war gelinde gesagt überrascht über die „Wahrheiten„, die hier im Gewande der Aufklärung präsentiert werden sollen. Dabei macht es einem Blumio nicht leicht. Eigentlich möchte man ihn bzw. seine Aussagen mögen, weil man merkt, dass er es gut meint. Aber gutgemeint ist eben noch lange nicht gut. Und das gilt erwartungsgemäß auch für sein Album.

Wie schon in besagten Rap-News erweist sich Blumio als geradezu kindlich naiv. Er glaubt ernsthaft, er erzählt einem etwas neues, wenn er empört berichtet, dass die Massenvernichtungswaffen, die George W. Bush angeblich im Irak vermutete, nie existiert haben. Das war zwar in jedem einigermaßen relevanten Medium zu lesen, sehen und hören – Blumio hat es offenbar verpasst. Das erklärt vielleicht auch, warum er den „Mainstream Media“ vorwirft, völlig blind und einseitig zu berichten, den Westen nie zu kritisieren und stattdessen Feindbilder wie Russland oder „den Islam“ zu erfinden. Über die „weinende Mutter“ in Afghanistan oder Palästina erfährt man dort angeblich nichts. Ähm, okay. Wobei für Blumio außerdem unzweifelhaft feststeht, dass Leid und Terror ausschließlich von „dem Westen“ ausgehen. Ein herrlich einfaches Weltbild, das in seiner schwarzweißen Einfachheit unfreiwillig dem von Pegida und anderen ähnelt  – nur mit anderem Vorzeichen.

Der Unterschied zu solchen Idioten ist allerdings, dass Blumio es wie gesagt gut meint. Nur: Das macht das Ergebnis leider nicht besser. Ich nehme es ihm voll und ganz ab, dass sein Song „Der böse Wolf“ nichts anderes im Sinn hat, als die seiner Meinung nach unverstandene Sicht der Palästinenser im Nahostkonflikt für den Hörer nachvollziehbarer zu machen. Nur, dass er dabei ein unfassbar simples und historisch extrem ungenaues Bild des Konflikts zeichnet. Komplexe internationale Konflikte sind eben keine Märchen. Wie bei allen politischen Songs auf „Blumiologie“ – und das sind nicht wenige – beschränkt sich Blumio darauf, den zwar richtigen Hinweis zu geben, dass vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint. An einer wirklich differenzierten Betrachtung ist er selbst aber auch keineswegs interessiert. Da reicht es dann, den Schwarzen Peter einfach jemand anderem zu geben und gut is. Terror? Gibt es in seiner Welt gar nicht, und wenn doch, ist wieder mal nur der „Westen“ schuld, der sich das ausgedacht hat, um alle Bürger zu überwachen. Das mag 14jährige überzeugen, weil es zum einen so verführerisch einfach ist und zum anderen auch noch extrem leicht zu verstehen. Mehr aber auch nicht.

Alle guten Ansätze – Kritik an zunehmender Überwachung, das Aufzeigen verschiedener Sichtweisen, die Plädoyers für Toleranz und gegen Vorurteile – werden durch diese Herangehensweise leider im Keim erstickt. Vielleicht hat sich Blumio mit seinen großen Themen – Religion, Krieg, Überwachungsstaat – einfach übernommen. Vielleicht hätte er sich lieber auf überschaubarer, konkretere Probleme wie etwa das nach wie vor verlogene Frauenbild vieler Männer konzentrieren sollen, das er in „Jola“ durchaus einfühlsam thematisiert. Auch mit eher albernen Dingern wie „Böser Penis“ ist zwar letztlich kein Blumentopf zu gewinnen, wenigstens wollen die aber auch nicht mehr sein, als sie sind.

Gut, jetzt ging es fast nur um die Texte und weniger um die Musik von „Blumiologie„. Das hat allerdings einen einfachen Grund: Die Beats geben weit weniger her. Keine bemerkenswerten Ausschläge nach oben oder unten. Bei den Texten ist das wie bereits ausführlich dargelegt ganz anders. Immerhin aber liefert Blumio neue Diskussionsgrundlagen – wäre schön, wenn über die von ihm angerissenen Themen tatsächlich mal diskutiert würde.