Kontra K – Wölfe EP (Review)

Nach seinem Wechsel zu FOUR Music und der Ankündigung, den eigenen Stil in kreativer Treue mit neuen melodischen Einflüssen zu kombinieren, mag es dem ein oder anderen alteingesessenen Kontra-K-Sympathisanten die Pratzen an die Schläfe gehauen haben. Von „12 Runden“ (2013, Charteinstieg Platz 8) über „Auf Teufel komm raus“ (2013) – zum Labelkollegen von Curse und Materia ? Gesungene Hooks und Texte mit dem Anstrich einer kafkaesken Melancholie im Kanon mit Benjamin Griffey ? Da kiekste.

„Wölfe“, die erste Video-Single, gleichermaßen Titeltrack sowie erste Anspielstation, bringt dann gleich den Skepsis-Apparat zum Leuchten. So zeigt sich deutlich, Melodie: Check. Siehe Hook. Die Suche nach dem tiefen Grund: Check. Siehe Strophen. Das Video, inklusive Sepia/ Glendale-Filter: Check. Die Kick auf die Eins in den Strophen, gefolgt vom Wirbel in der Hook, liefert einen idealen Teppich für Kontras Ausflug. Das Gesamtpaket des Türöffners ist stimmig, fast so zu erwarten, wirkt berechnet und verwirrt mich doch in seiner widersprüchlichen Lebendigkeit. Misstrauen, ob der oben erwähnten Richtung, bleibt höchstaktuell.

Wobei zu sagen bleibt: Scheiße hat der Typ auch ein Gefühl für Ohrwürmer. Die Hook geht mies rein, bleibt auch ein paar Stunden später im Gehörgang und soll auf „Wölfe“ auch nicht isoliert bleiben. Menschen die Kontra nun allerdings per Sinnlos-Kommentar vorwerfen, er habe ja einen Hund, und keinen Wolf im Video: Gott verdammt!

Nun mag man hier nicht mehr den Kontra K hören, den man über seine drei Solo -sowie vier Kollaboalben kennengelernt hat. Aber ihm Adaption für Plattenverkäufe zu unterstellen, verkommt dennoch zu blanker Ironie. Der Mann ist selbstständig, erwachsen, Hundebesitzer und Vater. Viel Verantwortung für einen Menschen. Da bleibt die logische Weiterentwicklung nicht aus. Es sei denn, es ist eine Errungenschaft ein hängengebliebener Idiot zu sein. Sympathisch zu sehen, dass Kontra auf diese, ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit bewussten Gedankengänge der Hater, einen gehörigen Haufen kackt. Das hier ist Rap für Erwachsene. Ohne gleich von Grown-Up-Rap sprechen zu wollen. Für Menschen, welche die Regeln dieser Begrifflichkeit selbst definieren wollen und müssen.

Die nächsten beiden Anspielpunkte „Ratte“ und „Adrenalin“ zeigen dies in ihrer inhaltlichen Vielfältigkeit und ideologischen Gemeinsamkeit. Auf die Fresse, mit Melodie. Für unsere Kultur. Für unsere Gemeinschaft. Gegen die Verräter und repressiven Ignoranten und Tiefschläger im Ring. Das meint alle und niemanden, fühle sich angesprochen, wer mag.

Geht „Wölfe“ noch mehr auf die Perspektive des Künstlers ein, reiben sich „Ratte“ und „Adrenalin“ im Mikrokosmos seines Umfeldes. Speziell „Adrenalin“, produziert vom sehr gut aufgelegten Dirty Dasmo, sticht mit seinen stampfenden Drums, ziehenden Synthies und progressiven Lyrics in jedes verschlossene Auge für Kunst. Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal eine Hommage an die Writer und ihr Leben da draußen gehört habe. Ganzes großes Tennis.

Werte werden groß geschrieben. Kampf, Ehre und Ehrlichkeit heißen die Schlagwörter, für die es sich zu bewegen lohnt. Um mehr als „Erde und Knochen“ zu hinterlassen. Motivationsmusik für harte Zeiten, ebenso wie der finale Track „Wo sie scheitern“, der noch einmal die Quintessenz der EP in Akustik gießt.

Am Mikrophon hat sich Kontra bisher stets weiterentwickelt und bleibt seiner Formkurve treu. Die Dichte an Kombinationen aus Flows und Technik bekannter Form, neuer Mixtur und A-typischer Betonung, macht die EP zu einer abwechslungsreichen Klangprobe für ein Folgealbum mit Wiedererkennungswert.

So bleibt zu hoffen, dass der hier eingeschlagene Weg weiterverfolgt wird. Scheiß auf ihre Regeln: ich male mir die Welt, wie sie mir gefällt!