Wiener Wahlkampf mit Nazar

Die Wogen schlagen hoch im Wiener Wahlkampf für die im Oktober stattfindenenden Landtagswahlen und mittendrin die Wiener Hip Hop Szene.Der Rapper Nazar, geboren in Teheran und aufgewachsen im Wiener Bezirk Favoriten, war noch nie gut Freund mit der Politik seines Heimatlandes Österreich, speziell mit der Vorgehensweise der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die mit Parolen wie «Mehr Mut für unser Wiener Blut – Zu viel Fremdes tut niemandem gut» in die Schlacht zieht.

Schon auf seinem zweiten Album „Paradox“ bezog er mit seinem Track „H.C.“ klar Stellung gegen Heinz Christian Strache, den rechtspopulistischen  Bundesparteiobmann der FPÖ. Auch in anderen Songs lässt der Musiker oft durchschimmern, dass er die Ausgrenzungspolitik mancher Österreichischer Parteien absolut nicht gutheißt.

Nachvollziehbar also, dass der Hip Hopper sich nicht lange bitten lies, als SPÖ-Jugendsprecher Peko Baxant ihn beauftragte, die besten Rapper Austrias um sich zu scharen, um eine Huldigung an deren Lieblingsstadt Wien zu produzieren.
Heraus kam die überraschende Kooperation „Meine Stadt“, mit Nazar, Chakuza, Raf Camora und Kamp. Die Produktionskosten der Videosingle wurden komplett von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) getragen. Bemerkenswert an dieser ungewöhnlichen Kopplung von Rap und Politik sind, abgesehen vom SPÖ-Einheitsdress der Protagonisten, Nazars scharfe Worte in Richtung der FPÖ. So rappt er wörtlich: „Ich rap, damit ihr begreift: Wir wählen niemals Heinz! Denn seine Fehler zu verzeih’n wär wie vergangenes zu leugnen. Verstehst du? Wir kamen in das Land um dann zu träumen!

Eine reine Meinungsäußerung, gegen die erst einmal nichts einzuwenden ist, wie man meinen möchte. Dennoch reichte FPÖ Generalsekretär Harald Vilimsky heute eine Sachverhaltsdarstellung betreffend Nazar bei der Österreichischen Staatsanwaltschaft ein. In dieser wirft er dem Künstler unter anderem „gefährliche Drohung„, „Verhetzung“ sowie „Aufforderungen zu mit Strafe bedrohten Handlungen“ vor. Zuvor betitelte er den Wiener Rapper bereits als „radikalen Islamisten“ und forderte die Sozialdemokraten auf, sich schleunigst von diesem zu distanzieren. So sagte der Nationalratsabgeordnete in einem Fernsehinterview:
Dieser Rapper singt in einem seiner Lieder, er feiere weiterhin den 11. September. Diese Verherrlichung eines Terroranschlags mit tausenden Toten ist unerträglich. Und noch skandalöser ist, wie die SPÖ die Nähe zu diesem Hassprediger der Musikszene sucht. […] Ich fordere daher umgehend eine Distanzierung der SPÖ von Islamismus und Terrorverherrlichung, eine Entschuldigung gegenüber der Israelitischen Kultusgemeinde, die sich zuletzt auch über die hetzerische Wortwahl des SPÖ-Gemeinderats Al-Rawi beschwert hat, und den sofortigen Rücktritt von Gemeinderat Baxant samt Kandidaturverzicht

Peko Baxant hatte sich in der Vergangenheit tatsächlich stark für den 26 Jährigen Rapper eingesetzt. So lässt sich auf seiner Internetpräsenz nachlesen, dass er Nazar gerne öfter im Radio hören würde und dieser ein authentisches Vorbild für die Jugend und somit künstlerisch also höchst wertvoll sei.
Das ist einfach nicht verständlich, der Anteil heimischer Musik muß im österreichischen Radio – vor allem im öffentlich rechtlichen Rundfunk (ORF) mit seinem verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag – hörbar erhöht werden. Aber es gibt Anlass zur Hoffnung: Die vorweihnachtliche Einigung des ORF mit VertreterInnen der österreichischen Musiklandschaft soll den Anteil heimischer Musik auf 30% erhöhen.

So nutzen die beiden am stärksten konkurrierenden Parteien der Alpenrepublik den Rapper offensichtlich auf unterschiedliche Art und Weise für ihren Wahlkampf. Hofft die SPÖ durch diese Zusammenarbeit junge Wählerschaften zu erschließen, setzt die FPÖ um H.C. Strache weiterhin auf Ausländerfeindlichkeit und Stigmatisierung. Eine exklusive Stellungnahme von Nazar war bisher nicht einholbar.

Das umstrittene Video zu „Meine Stadt“ gibt es hier zu sehen: