Fundkiste #23 DiscoCtrl: Berlin, Texas

Das Internet ist voller Schätze. Nicht selten stößt man auf einen wenig beachteten Rohdiamanten. Das Format „Fundkiste“ gibt eben jenen Juwelen die Möglichkeit, einem größeren Publikum vorgestellt zu werden. In unregelmäßigen Abständen werden handverlesene Künstler, Tapes oder Songs vorgestellt. Ob aktuell oder alt – Hauptsache dope.

Heute: DiscoCtrl

DiscoCtrl ist in Texas aufgewachsen und lebt mittlerweile in Berlin. Englisch ist seine zweite Muttersprache und so kommt es, dass er einer der Wenigen ist, die deutschen HipHop auf englisch oder englischen Rap in Deutschland machen. So oder so, er lässt sich schwer in eine Schublade stecken. Deshalb: Kategorien bei Seite. Joint an. Zurücklehnen.

DiscoCtrl veröffentlichte zunächst mit der Formation Image Ctrl das Album „Better Living Through Image Ctrl“ und feierte damit kleinere Erfolge. Ihr Track „Push“ hat mehr als 25.000 Klicks. Image Ctrl bestand aus zwei Produzenten, einem Grafiker, einem DJ und einem MC. So zum Beispiel Mister Mo, der unter anderem für Kobito produziert und Boogie Dan, ein begnadeter DJ. Sie wohnen auch heute noch alle in Berlin und tummeln sich in der ansässigen alternativen Szene. Nach ihrem ersten Album wurde jedoch klar, dass Image Ctrl nicht weiter so produktiv arbeiten können wie bisher. Aufgrund von diversen Nebenprojekten entschied sich die Formation deshalb, vorerst getrennte Wege zu gehen.

Nun ist DiscoCtrl als MC alleine unterwegs, spielt sich von Gig zu Gig und rappt im Vorprogramm diverser linker Rapper. Disco verdient es einem größeren Publikum vorgestellt zu werden, schon allein, weil es Zeit wird, guten englischsprachigen Rap in Deutschland wieder great zu machen – und das ist DiscoCtrl.

 
Bisher entstanden drei Videos zu neuen Songs des Berliners. Sein erstes Video gab es zu „Five Fingers“, einem klassischen Boombap-Track, „Frida Kahlo“ und der neue Song „Era“ sind eher moderne, bass-lastige und sphärische Produktionen. Was gleich bleibt sind sein Flow und sein immer mal wieder durchblitzender Südstaaten-Akzent, drapiert auf langsame und chillige Beats.

 
Wie viele Rapper hat auch Disco eine Liebe für das Power-Gras.  Die damit einhergehende Scheißegal-Haltung besteht aber trotzdem aus durchaus radikalen, gesellschaftskritischen Positionen. Sein Standpunkt resultiert, so scheint es, eher aus einem genervten Kiffer-Dasein, als aus der Perspektive eines Wissenschaftlers oder Moralapostels – genau das macht ihn so gut hörbar.

In „Push“ beschreibt er (damals noch für Image Ctrl) pointiert das Lebensgefühl: „No direction for the rage, i sit and blow my smoke / watching everything go by – middlefinger to the sky“. Eine Line, die HipHop auf den Punkt bringt. Mit der gleichen frustrierten Wut spricht Disco auch in seinen Solotracks. Hier zum Beispiel in „Era“„First world kingdom will crumble like Castro’s / please keep the dust off the face of my watch“

„Era“ ist der zuletzt veröffentlichte Track mit audiovisuellem Output. Der Song erschien auf dem „Doin‘ our thing #4“ Sampler von Audiolith. Ein Album ist noch nicht angekündigt, aber das musikalische Material, das bereits veröffentlicht ist, macht viel Lust auf mehr.