Kommentar: „TelVision“ – viele Probleme, keine Lösung?

Letzte Woche erschien das Video „TelVision“, von KC Rebell als nicht weniger als ein Song zur „Weltlage“ angekündigt. Er und PA Sports, Kianush sowie Kollegah sprechen auch viele ernste Probleme an. Unser Gastkommentator Kai Brokopf findet das auch richtig, merkt aber an, dass die Lösung, die die vier anbieten, selbst problematisch ist.

KC Rebell kündigte einen Song zur Weltlage an. Der Track, den er uns mit Kollegah, Kianush und PA Sports kurz drauf lieferte, enttäuschte dahingehend auch nicht. Bei vielen herrscht das Gefühl vor, dass es auf der ganzen Welt brennt, alles aus den Fugen gerät. Ob dies nun etwas Neues ist oder wir es dank Internet und Migration nur in einer neuen Qualität wahrnehmen, ist dabei zweitrangig. Von daher beschreibt „TelVision“ ganz gut, was los ist: Krieg und Konflikt von den USA bis Thailand, von Mexiko bis in den Iran. Und in diesem Afrika sowieso.

Das Lied passt aber aus einem anderen Grund noch viel besser in das derzeitige Geschehen, zumindest hier im „Westen“. Kernaussage des Songs ist nämlich, dass a) die Welt schlecht ist und wir b) permanent angelogen werden. Einzig die vier Rapper „zeigen dir Bilder, die du nicht sehen darfst“, während „sie“ – damit sind wohl die Mächtigen oder ganz generell die anderen gemeint – auf „Propagandamission“ sind und die Menschen massenhaft täuschen.

Ja, die Welt ist am Arsch

Die angesprochenen Verbrechen sind verabscheuungswürdig. Sie zeigen: dort wo Macht ist, kann sie missbraucht werden und das mit katastrophalen Folgen. Was die vier Rapper thematisieren, ist nicht falsch – wenn auch teilweise grob einseitig, etwa was die Darstellung des sogenannten Nahost-Konflikts angeht.

Doch die Jungs um KC, der sich kürzlich noch differenziert zur Lage in der Türkei zu Wort gemeldet hatte, unterschlagen, dass es sich um verdammt komplexe Probleme in einer verdammt komplexen Welt handelt. Dies wurde hier bereits kritisiert und es stimmt ja auch – Rapper sind keine Politologen, sondern haben die Fähigkeiten, durch Verknüpfung von bestimmten Wörtern mächtige Assoziationen hervorzurufen. Dies gelingt in dem auch technisch gut gerappten Lied auf voller Linie. Ein 2016er Sonnenbankflavor des Schreckens.

Wo ist dann das Problem?

Problematisch wird es dort, wo komplexen Problemen einfache Antworten entgegengestellt werden. Nach dem Motto: Die Welt steht vor dem Abgrund. Alle belügen euch. Aber wir, wir haben die einzig wahre Wahrheit. Folgt uns. Trump, AfD und Co. lassen grüßen.

Interessanterweise musste ich bei „TelVision“ an das zwanzig Jahre alte „Leg dein Ohr auf die Schiene der Geschichte“ von Freundeskreis denken. Auch hier werden weltbewegende, meist dramatische Momentaufnahmen aneinander gereiht, Assoziationen entstehen. In diesem Fall zwar nicht in der Gegenwart, sondern sozusagen mit Sicherheitsabstand in der Geschichte, doch der Mechanismus ist der gleiche.

Ratlosigkeit als Lebensgefühl

Einen großen Unterschied jedoch gibt es: Max Herre stellt sich nicht als bloßes Objekt der Ereignisse dar, sondern als handelndes Subjekt. „Unsere Herzen glühten für die Riots in US-Städten / Unsere Wunderkerzen glühten für Asyl auf Lichterketten“. Und am Ende lässt uns ein „Anything is connected to anything“ wissen, dass der Lauf der Welt ziemlich komplex ist – „you’re just a part of it“. Die vier Aufklärer aus „TelVision“ hingegen lassen einen ziemlich ratlos zurück. Was kann ich tun? Und was hat das alles mit mir zu tun? Sicher, ab und zu klingt es an; es geht um „unseren Kampf“ und auch Deutschland wird etwa als Waffenexporteur nicht geschont. Doch die Message ist eigentlich nur die: Verlass dich in dieser bösen Welt auf niemanden, außer auf uns. Nur wir kennen die Wahrheit. Und darin liegt das Problem.