Kommentar: Eine Verteidigung von Bass Sultan Hengzts „2ahltag: Riot“

In einer vor einer Woche veröffentlichten Review hatte unser Autor Alexander Barbian Hengzts neues Album „2ahltag“ scharf kritisiert – vor allem wegen den seiner Meinung nach frawürdigen politischen Aussagen. Eine ganz andere Meinung dazu vertritt Josefine Rieks. In ihrem Kommentar erklärt sie, warum das Album Hengzts bisher intelligentestes, politischstes und widerständigstes ist.

Wer dem Riot im Titel von Bass Sultan Hengzts neuem Album „2ahltag: Riot“ glauben will, der muss im Prinzip nur einem Gedanken zustimmen: Widerstand leistet man nie durch gute Argumente. Wenn James Bond an ein Heizungsrohr gefesselt sagt: „Das Vergnügen ist ganz meinerseits“, dann erreicht er dadurch mehr, als wenn er ein gutes Argument bemühen und sagen würde: „Ich finde es erniedrigend und unfair, dass Sie mich hier einfach so fesseln.“

Ein gutes Argument wäre es zu sagen, dass es weder richtig noch besonders schwer ist, Minderheiten in den Dreck zu ziehen. Wer aber Widerstand gegen ein System leisten will, das bedingt, dass Minderheiten Vorurteilen ausgeliefert sind, dass sie keine oder weniger Rechte haben und dass sie vom rechten Rand aus angegriffen werden, der wird leider dadurch, dass er diese Wahrheit ausspricht, nicht besonders viel erreichen.

Wer stattdessen wirklich Riot stiften will, könnte entweder auf die Straße gehen oder er könnte in Form eines Slams, eines Clips oder eines Songs (also in irgendeiner Form, die klar macht, dass man das, was man sagt, nicht genau wörtlich meint) sagen, dass er seine „Aggression an Schwachen“ auslassen will und Bock drauf hat „Panik im Flüchtlingsheim“ zu verbreiten.

Das ist geschmacklos, das ist Provokation und, ja, das ist Widerstand! Und „2ahltag: Riot“ ist voll davon.

Es wird provoziert mit allem, was geht. Neben den Flüchtlingsheimen mit der Verherrlichung von Amokläufen „Seid ihr auf dem Arbeitsplatz: Dreht durch!/ Ist in der U-Bahn mal kein Platz: Dreht durch!/ Wenn der Lehrer viel verlangt: Dreht durch!“ und Sexismus sowieso, nicht nur beim bereits hinlänglich bekannten „Stute“. Dass das alles weh tut, ist Programm. Im besten Fall geht es soweit, dass die „Mukke verboten“ wird „wie der Hitlergruß“.

So richtig genial wird die ganze Attitüde beim Song „Donald Trump“. Denn der vereidigte US-Präsident wurde von einem Großteil seiner Wählerschaft wahrscheinlich genau dafür gewählt. Dafür, dass er provoziert hat, dass er das Spiel nicht mitgespielt hat und dafür, dass er deshalb für eine wirkliche Veränderung steht, egal wie illusionär die ist. Und wenn, also falls, Donald J. Trump sich anstatt für eine präsidiale Karriere für eine Karriere als Gangsta-Rapper entschieden hätte, wäre seine Performance wahrscheinlich genauso radikal, provokativ und riot wie die von Bass Sultan Hengzt.

Gute Tracks sind nicht gut, weil sie gute Argumente bringen. Hengzt weiß das und hat ein krasses Album daraus gemacht.