Xzibit

Eine Woche vor dem Start der "Full Circle Tour 2007“ treffe ich den sympathischen MC aus Los Angeles, Kalifornien im Restaurant des Berliner Grand Hyatt in der Nähe des Potzdamer Platzes. Nachdem sein letztes Album bereits Ende 2006 erschienen war, ist Xzibit nun bereit, sich der europäischen Crowd zu präsentieren. Im Gespräch zeigte sich der Kalifornier extrem entspannt und gut aufgelegt. Es ging um seine Erlebnisse in Europa, die Tour, seine verschiedene Aktivitäten, besonders mit Bereich Fernsehen mit „Pimp My Ride“. Und was war eigentlich mit den Alkoholiks passiert?

 

Rap.de: Ich glaube, besonders in Europa bist du bei wesentlich mehr Menschen durch Film und Fernsehen bekannt, als mit deiner Musik. Wie würdest du jemandem, der noch nie von dir gehört hat beschreiben, wer Xzibit ist, wie er sich anhört?

Xzibit: Wenn ich mich jemandem beschreiben müsste, der vorher noch nie von mir gehört hat und mich nur aus der TV-Show kennt, würde ich ihm auf jeden Fall sagen, dass die Musik nichts für Kinder ist (lacht). Die Musik beschreibt einen echten Ort, kommt von einer echten Quelle. Wenn du sie noch nie gehört hast, dann würde ich sagen, es geht auf jeden Fall um den täglichen Kampf ums Überleben. Die Musik ist leidenschaftlich und spiegelt wieder, wo ich herkomme. So in etwa kann man es beschreiben.

Rap.de: Deine Tour in Deutschland startet in acht Tagen. Die meisten Acts kommen ein oder zwei Tage vor Tourstart an. Was machst du schon so früh hier?

Xzibit: (lacht laut) Ich hab hauptsächlich Promo gemacht. Dann war ich drei Wochen lang auf Reisen und habe mir mal etwas Siteseeing gegönnt. Ich habe den Louvre gesehen, war in der Akropolis in Griechenland, war zum ersten Mal in Moskau, was sehr interessant war. Die ganze Erfahrung war toll, weil ich eine Menge Dinge tun konnte, die ich sonst nicht machen kann, wenn ich auf Tour unterwegs.

Rap.de: Ich habe ein Video im Internet gesehen, wo du den Song “Thank You” mit Orchesterbegleitung performst. Ist Vergleichbares für die Tour geplant?

Xzibit: Nein, ich hab leider kein Orchester dabei. Aber die Tour hat den Titel “Back To Basics” und wir haben eine sehr energiegeladene Show, die dir sicher gefallen wird, wenn du sie siehst

Rap.de: Gehst du gerne auf Reisen, auf Tour?

Xzibit: Es ermöglicht mir, mit meinen Fans in Verbindung zu treten. Es ist natürlich auch schwierig, von meiner Familie zu Hause getrennt zu sein. Ich weiß, dass es absolut wichtig ist, weil das die Menschen sind, die es mir ermöglicht haben, mit meiner Karriere bis heute fortzufahren.

           

Rap.de: Du bist jetzt schon eine Zeit lang hier und warst auch schon früher öfter in Deutschland beziehungsweise in Europa. Welche Erfahrungen hast du mit der deutschen Szene bisher gemacht?

Xzibit: Es ist völlig verrückt! Meine erste goldene Schallplatte kommt ja aus Deutschland. Die Leute, die “Paparazzi” gekauft und unterstützt haben, haben mich sehr inspiriert. Für die deutschen Fans halte ich einen ganz besonderen Platz in meinem Herz reserviert. Ich weiß ganz genau, dass jedes Mal, wenn ich herkomme, die Post abgehen wird.

Rap.de: Themenwechsel: Wie steht es um deine Verbindung zu den Alkoholiks bzw. der Likwit Crew? Es war nichts von ihnen zu hören auf deinen letzten Alben.

Xzibit: Dies sind meine Brüder, die ersten, die mir mit meiner Musik eine Chance gaben. Wenn man sich mit seinen Brüdern streitet, selbst wenn man über Jahre wütend aufeinander ist, bleiben es immer noch deine Brüder. Unglücklicherweise sind die Dinge nicht so gelaufen, wie wir es erwartet hatten, aber ich habe bisher noch nie etwas Herablassendes über die Alkoholiks oder die Likwit Crew gesagt. Die Jungs haben meinen vollen Respekt, ich respektiere die Tatsache, dass sie mir die Möglichkeit gaben, Platten zu veröffentlichen, als das niemand Anderes tun wollte. Aber wenn sie denken, dass sie besser ohne mich klar kommen, dann soll es so sein, mir wird es schon irgendwie gut gehen. Und das ist der Punkt, an dem es geendet hat. Ich bin mir sicher, dass die Fans eine gemeinsame Platte von uns hören wollen, besonders, da alle Künstler immer noch aktiv sind. Es gibt jedoch Momente, in denen man etwas Distanz und Ruhe von Leuten braucht, die einem nicht dabei helfen, hoch zu kommen, sondern die einen eher unten halten. Ich will keine negative Energie um mich haben, ich bin kein eifersüchtiger Mensch. Deswegen will ich auch keine eifersüchtigen oder neidischen Menschen um mich herum haben. Das soll nicht heißen, dass sie so waren, sondern nur, dass die Energie zwischen uns nicht mehr die gleiche war wie früher.

Rap.de: Wie steht es um die anderen Gruppen? Golden State, Strong Arm Steady?

Xzibit: Das gleiche. Jeder ist individuell. Wenn es um Musik geht, haben wir alle unseren eigenen Geschmack, wir sind alle kreativ. Wenn ich mich in einer Position befinde, in der ich jemandem helfen kann, werde ich das auch tun. Über die Jahre habe ich jedoch gelernt, dass die Leute versuchen, einen Vorteil daraus zu ziehen, dass ich ein großes Herz habe. Irgendwo muss ich auch Grenzen ziehen. Wenn ich an Xzibit arbeite, werden da Millionen von Dollar mit gemacht, jedes Mal, wenn ich mich dann jedoch in einer Gruppe wieder finde, erwarten alle von mir, die gleiche Aufmerksamkeit zu bekommen wie ich, ohne dass sie jedoch dafür gearbeitet hätten. Man muss auch mal Niederlagen einstecken, um Siege richtig erkennen und schätzen zu lernen. Und, wenn du noch nie so eine Verlust erfahren hast, ist es sehr schwer, dir zu erklären, wie sich das anfühlt. Man muss es tatsächlich erleben.

Rap.de: Nervt es dich eigentlich, wenn die Leute ständig nach “Pimp My Ride” fragen?

Xzibit: (lacht) Es ist ein zweischneidiges Schwert, ich weiß die Plattform zu schätzen, die geschaffen wurde, die Sendung wurde ja inzwischen in etwa 100 Länder übersetzt

Rap.de: Vor Kurzem war euer Gouverneur Arnold Schwarzenegger bei dir in der Sendung, um einen Wagen mit dir zu “pimpen”. War das eine Art politische Aussage?

Xzibit: Ich bin kein Republikaner. Er ist sehr interessiert an Umwelt-Themen. Es war die Earth Day Edition. Es war gut, ihn dabei zu haben, aber es ging nicht um eine politische Botschaft, es ging darum, dass wir zeigten, mit welchen Technologien es möglich ist, umweltverträglichere Zündungen zu machen.

       

Rap.de: Weißt du irgendetwas über die Zukunftspläne mit der Show? Wird es noch weitere internationale Ausgaben gaben?

Xzibit: Es gibt eine Reihe verschiedener Versionen, die die Firma rausbringen will. Die Show wächst kontinuierlich weiter, also wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Ich weiß nicht, welchen Weg sie gehen werden, aber warten wir´s ab. Ich bin froh über die Plattform, die geschaffen wurde und dass so viele Menschen etwas Positives in der Sendung finden können.

Rap.de: Ok, dann zurück zur Musik: Das letzte Album “Full Circle” hast du zum ersten Mal komplett ohne Majorunterstützung rausgebracht. Wie war das, im Vergleich zu den früheren Releases?

Xzibit: Es bedeutet auf jeden Fall eine Menge mehr Arbeit. Man kann deutlich erkennen, an welcher Stelle die Budgets für Marketing und Promotion ins Spiel kommen. Es war spannend zu sehen, wie der ganze Mechanismus arbeitet und direkt zu sehen, was wo fehlt. Ein entscheidender Unterschied ist, dass mir dieses Mal das komplette Produkt gehört. Den Majorlabels geht es besonders um die erste Woche, um ein neues Album zu vermarkten. Ich musste das nicht machen, weil ich wusste, dass ich genug Zeit für die Veröffentlichung und die Promotion haben würde. Der größte Unterschied war also die Zeit, die es gebraucht hatte, um in die Läden zu kommen und wahrgenommen zu werden. Es verlangt eine Menge Koordination.

Rap.de: Was passiert aktuell bei Open Bar Entertainment?

Xzibit: Da bin nur ich, eigentlich ist es mehr eine Erweiterung der Marke Xzibit. Zuletzt wurde es noch um einen Film- und Fernseharm ergänzt. Jetzt geht es darum zu sorgen, dass sich alle Teile gegenseitig ergänzen.

Rap.de: Aus all den Sachen, die du machst wie rappen, ein eigenes Label führen, Schauspielen, Fernseh-Shows… Wo liegt dein Schwerpunkt?

Xzibit: Musik. Die Musik hält alles zusammen und treibt die verschiedenen Dinge an. Wenn das richtige Projekt anstehen würde, wäre ich sofort dabei. Im Moment kümmere ich mich erst mal um meine engsten Fans, die Leute, die es mir ermöglicht haben, all die anderen Sachen zu machen.

Rap.de: Wie hat die Tatsache, dass du Vater bist, deine Perspektive auf das Musikmachen und die ganze Musikindustrie beeinflusst?

Xzibit: Dass ich Vater bin, hat mich auf jeden Fall erkennen lassen, dass ich meine Prioritäten enger setzen muss. Er wird langsam älter und das bedeutet, dass Zeit immer wichtiger wird als Geld. Ich weiß, dass es mehr bedeutet, wenn ich für ihn da sein kann, als einfach nur in der Lage zu sein, für etwas zu zahlen. Es gibt Dinge, die sind unbezahlbar, wie zum Beispiel mit ihm zu reden oder ihn zu ermutigen, wenn er es braucht. Niemand außer mir könnte das tun. Ich kenne ihn und seine Art zu denken genau wie meine eigene. Diese enge Verbindung ist untrennbar. Um so mehr Erfahrung ich als Vater sammele, merke ich, dass einige Dinge nicht mehr so wichtig für mich sind wie früher. Viele der Kleinigkeiten, die für ihn wichtig sind, erlangen auch für mich immer mehr Bedeutung. Auch in Bezug auf die Vaterschaft musste ich feststellen: Nobody´s perfect. Man lernt mit der Erfahrung. Bisher war es ein wilder Ritt. Ich sage ihm jeden Tag, wie stark er mich beeinflusst und ich werde ihn auch weiterhin beeinflussen.

Rap.de: Die Frage war als Überleitung zum nächsten Punkt gedacht. Die Diskussion über anzügliche Inhalte bei Rap-Texten scheint kein Ende nehmen zu wollen. Wie sieht deine Meinung zu diesem Thema aus?

Xzibit: Ich glaube, dass Musik vor allem Inhalte haben sollte. Wenn du willkürlich fluchst, um zu provozieren, solltest du dich vielleicht etwas zurück nehmen.  Wenn die Ausdrücke jedoch nötig sind, um einen Standpunkt auszudrücken und die Bedeutung der Aussage zu intensivieren, kann man den Zuhörern zeigen, dass es keinen anderen Weg gibt, um ihnen die eigenen Gefühle zu vermitteln. Dann halte ich Zensur für unangebracht. Ich finde es immer schwierig, von Künstlern zu verlangen, sich selbst unter Zensur zu setzen. In den letzten Jahren hat Hip Hop dazu beigetragen, unsere Sprache immer mehr von der Zensur zu befreien, es bleibt aber eine Musik, die ihre Umgebung widerspiegelt. Wenn du ins Ghetto kommst, gibt es dort Menschen, die genau so reden. Wenn man in so einer Gegend noch nie gewesen ist, ist es sicherlich leicht, dass man das ändern sollte. Aber Tatsache ist, dass es wirklich Leute gibt, die so leben und die noch nie erlebt haben, was Leute wie du und ich erlebt haben. Es ist einfach, mit dem Finger auf Hip Hop zu zeigen, da die Hip Hop-Kultur die größte Sache der letzten 10, 20 Jahre ist. Als sie es das letzte Mal versuchten, mit Delores C. Tucker und der ganzen Bewegung, es hat auch nicht wirklich weit geführt. Die Kids werden Kids bleiben und hören, was sie hören wollen. Es sollte mehr Verantwortung bei den Eltern liegen, die zu Hause mit ihren Kindern reden sollten und wenn sie irgendwoher die falschen Informationen erhalten, liegt es an den Eltern, diese richtig zu stellen. Gebt euren Kindern besser etwas zum zuhören, dass nicht aus der Anlage kommt. Aber, wenn ihr es uns überlasst, eure Kinder zu erziehen, dann macht euch auf was gefasst. (lacht) Ich hab mein Kind aufgezogen und er spricht nicht so. Er geht nicht zur Schule und versucht Leute umzubringen, er schlägt sich nicht grundlos.

Rap de: Du bist jetzt seit etwa 11 Jahre im Musikgeschäft. Seit 1969.

Xzibit: `69!? (kräftiges Lachen) Yeah ich wäre DER heiße Typ. Ich wäre der erste Rapper gewesen, der altererste, noch lange vor Cold Crush. Du meintest 1996?

Rap.de: Natürlich, sorry, mein Fehler. Ich hab die Zahlen vertauscht. Ich wollte fragen, wie lange du noch weiter machen willst?

Xzibit: So lange, wie ich die Motivation und die Energie habe und die Zeit es mir erlaubt. Sag niemals nie, ich hatte immer die Idee, dass ich etwa zehn Alben machen würde und das war´s dann.

        

Rap.de: Dann wäre es ja schon fast vorbei?

Xzibit: Yeah, and that´s not bad, baby. Ich kann das nicht genau sagen, ich habe eine Menge wichtige Leute um mich, die sich sehr um mich kümmern und viel Geduld in mich investiert haben. Ich liebe, was Hip Hop bisher für mein Leben getan hat, aber ich kann es nicht über den ganzen Rest bestimmen lassen. Ich werde die Zukunft mehr auf mich zukommen lassen. Wenn der entscheidende Anruf kommt und ich für etwas gebraucht werde, das außer mir keiner machen kann, dann muss ich dass wohl auch tun. Ich bin keine 19, 20 Jahre mehr alt und muss krampfhaft darum kämpfen, es zu schaffen. So lange die Musik da ist und ich die Zeit und Energie habe, sie zu machen, bin ich dabei. Auch wenn sich die Dinge in der Industrie ändern sollten, – sagen wir, auf einmal werden 50 Milliarden Platten verkauft – wenn die Energie für mich aber nicht mehr stimmt, wenn ich es nicht mehr fühlen kann, dann steige ich aus.

Rap.de: Hast du schon einen Plan für dein Leben nach der Karriere als Musiker?

Xzibit: Klar, auf jeden Fall! Ich werde Zigarren rauchen, auf einem Boot sitzen, den Sonnenuntergang genießen und entspannen. Keine Ahnung, im Internet surfen, mich über ein paar Kids amüsieren, aber definitiv entspannen.

Rap.de: Das Leben genießen..

Xzibit: (laut) Ganz genau, es genießen!! Man kann es schließlich nicht mit sich nehmen…

Rap.de: Gibt es schon klare Pläne für nächste Projekte? Neues Album, ein Film, vielleicht etwas komplett Neues?

Xzibit: Vorerst stecke ich meine ganze Energie in diese Tour. Wenn ich nach Hause komme sehen wir weiter.

Rap.de: Dann hast du noch die Möglichkeit, eine Botschaft an die Leser von rap.de zu senden.

Xzibit: Danke für all die Unterstützung seit 1996, hört euch “Full Circle” an. Ich she euch dann bei der Show, kommt zum Columbiaclub in Berlin am 10. Juni, in die Muffathalle in München am 11.Juni.

Rap.de: Vielen Dank für das Interview und natürlich viel Erfolg mit der Tour