Interview mit KC Rebell

rap.de: Waren eigentlich Richter anwesend beim Dreh?

KC Rebell: Die Richter waren nur Schauspieler, aber die Polizisten waren echt. Der eine Polizist kannte mich, weil er schon einmal in einem Rapvideo mitgemacht hat und sich seit diesem Zeitpunkt ein bisschen mit Rap auseinandergesetzt hat. Es tauchen überhaupt oft unerwartet Hörer auf, in einem Kontext, von dem man das überhaupt gar nicht erwartet. Ich hatte zum Beispiel eine ZDF-Reportage gestern, in der mich eine wirklich alte Frau interviewt hat und ich hatte das Gefühl, sie hat die ganze Zeit versucht, mich mit ihren Sätzen zu ficken, mich auseinanderzunehmen. Ich konnte aber wirklich gut antworten. Und nach dem Dreh wollte diese Frau einfach drei Autogrammkarten für ihre Töchter haben, weil die meine Liebeslieder so cool finden. Dann habe ich mich mit der Frau hingesetzt, habe ihr gesagt, dass ich nicht verstehe, wieso sie mich so interviewt und dass sie jetzt ein ganz anderer Mensch sei. Dann hat sie mir erzählt, dass sie ihren Job macht, meine Texte aber gar nicht so schlimm findet. Die Meinung der Medien ist meiner Meinung nach nicht die Meinung der Menschen. Gerade diese Boulevard-Medien berichten oft sehr kitschig, die versuchen dann einfach, die Story gut zu verpacken.

rap.de: Für die bist du halt der Gangsta-Rapper. Siehst du selbst dich überhaupt noch so?

KC Rebell: Kann man hier andere HipHop-Medien zitieren?

rap.de: Natürlich.

KC Rebell: Falk hat hat mich auch letztens von diesem Straßenrap unabhängig gesehen, das fand ich erstaunlich. Er hat zu mir gesagt, ich sei für ihn kein Straßenrapper, sondern ein Rapper und Musiker. Das fand ich erstaunlich, dass die HipHop Kenner anfangen, das zu akzeptieren. Insofern, dass die das einfach auf dem Schirm machen. Ich möchte nicht, dass man mich nicht mit Straßenrap in Verbindung bringt, man kann mich gerne mit Straßenrap in Verbindung bringen. Mich kann man auch mit Gangsterrap oder mit Lovesongs in Verbindung bringen. Mit Conscious-Rap, mit Gänsehaut-Rap, Punchlin-Rap, die Leute sollen einfach nur begreifen, dass ich mich als Künstler nicht einschränken möchte. Ich versuche, mich zu trainieren und in viele Richtungen zu gehen. Ich mag es nicht, in eine Schublade gesteckt zu werden, das bin ich einfach nicht.
Liquit Walker hat letztens an mich getwittert, dass ich für ihn der beste Straßenrapper bin. Daraufhin hab ich ihm zurückgetwittert, dass ich gar kein Straßenrapper bin. Dann hat er mir geantwortet: Dann halt ein sehr kredibiler Rapper. Das fand ich lustig. Wenn man es so auffassen will, finde ich es okay. Ich denke, ich bin authentisch, nicht in meiner Straßenhaltung, sondern wenn ich einen Straßensong mache, kauft man es mir ab. Ich erzähle nicht, dass ich Banken ausraube, aber man kauft mir Sachen ab, die etwas härter gerappt sind. Wenn ich lustig rüberkomme, kauft man mir das auch ab. Wenn ich einen nachdenklichen Lovesong mache, man kauft es mir einfach ab. Das Gefühl habe ich und das finde ich schön.

rap.de: Du möchtest in all deinen Facetten wahrgenommen werden.

KC Rebell: Ganz genau.

rap.de: Die Einteilung hat ja oft auch etwas mit dem Aussehen zu tun. Kollegah würde ja beispielsweise auch kaum jemand als Straßenrapper bezeichnen.

KC Rebell: Kollegah rappt ja wesentlich härter als ich, aber das hat auch ein bisschen was mit Herkunft zu tun. Im Unterbewusstsein hat es ein bisschen was mit Religion zu tun, jemand, der schwarze Haare hat, Araber, Türke, Kurde oder sowas, und der ist dann direkt asozial. Aber so ist es ja nicht! Wer sich in letzter Zeit gut von dieser Schublade distanzieren konnte, ist MoTrip. Der sieht ja genauso aus wie Bushido, wird aber ganz anders wahrgenommen. MoTrip ist zum Beispiel jemand, mit dem ich damals angefangen habe, Musik zu machen. Als wir uns damals Punchlines hin- und hergeschickt haben, weiß ich noch, wir respektieren uns beide raptechnisch gegenseitig sehr. Als ich heute auf dem Weg nach Berlin war, habe ich mir für die Fahrt das Megaloh-Album gekauft und habe mir gedacht: Alter, irgendwie könnte ich den doch kontaktieren? Ich feier den mehr als irgendeinen x-beliebigen Straßenrapper, der hier um die Ecke kommt. Es wäre doch viel mehr Ansporn, mit ihm einen Song zu machen. Oder mit Morlockk Dilemma. Mich an solchen Leuten zu messen ist für mich mehr Ansporn als am Erfolg von irgendwelchen Image-Rappern.

rap.de: Interessant, dass du das sagst. Es gibt ja momentan eh so eine Entwicklung, dass diese ganzen vermeintlichen Untergruppen gar nicht so fest in sich geschlossen sind. Es stimmt gar nicht mehr, dass da die Straßenrapper und hier die Gangsterrapper sitzen, und da hinten die Punchlinerapper…

KC Rebell: Genau, das sind alles Klischees! Ich habe zum Beispiel DCVDNS im Interview Props gegeben. Ich denke, er hat raptechnisch sehr viel drauf. Daraufhin wollte er mich kennenlernen und hat mich zu seinem Konzert eingeladen. Ich habe mir das nicht nehmen lassen. Bevor ich ihn kennengelernt habe, fand ich ihn sehr seltsam, ich wusste nicht, welche Rolle die Ironie in seinem Leben spielt. Ich hatte das Gefühl, dass er eingeschüchtert war, als er gehört hat, dass ich wirklich komme. Komme ich in Frieden, komme ich in Freundschaft oder komme ich mit irgendwelchen komischen Hintergedanken? Ich bin doch auch ein ganz normaler Typ. Wir haben uns dann kennengelernt, haben viel gelacht. Er ist ein total korrekter Typ und ich wünsche ihm viel Glück.