Interview mit Capital über „Kuku Bra“

„Die sollen einfach wissen, dass ich da bin“.

Capital dürfte dem einen oder anderen Rap-Fan mit seinen Auftritten bei „Rap am Mittwoch“ im Gedächtnis geblieben sein. Dass der Berliner es auch auf Platte kann, möchte er mit seinem Debütalbum „Kuku Bra“ beweisen. Wir haben mit dem gebürtigen Ukrainer über Politik, Battles vs Songs schreiben und sein Erstlingswerk gesprochen.

Die Frage, die sich am meisten aufdrängt, zuerst: Was heißt „Kuku Bra“?

„Bra“ heißt Bratan (Bruder) und „Kuku“ bedeutet so etwas Ähnliches wie „Pass auf“ oder „Scheiße“, je nachdem wie man es ausspricht.

Wie erklärst du dir, dass sich der Begriff so gut in den Köpfen der Leute festsetzt?

Keine Ahnung (lacht). Für mich ist es ein ganz normales Wort, keine Ahnung was es für die Leute ist.

In der ersten Zeile deines Albums schießt du direkt gegen die PEGIDA. Im weiteren Verlauf gibt es auch immer mal wieder Zeilen gegen den Terror und gegen Nazis. Wie sehr beschäftigst du dich mit Politik?

Ich mach auf jeden Fall keinen Politik-Rap. Ich hab damit nicht viel zu tun, aber wenn ich es sehe, kann ich ja nicht weggucken. Nazis sind Hurensöhne, das sage ich gerne in meiner Musik und denen selbst ins Gesicht.

Eine Zeile lautet „Thomas kriegt Freispruch, Ali kriegt Anklange“. Inwiefern erlebst du diese Art von Ungerechtigkeit in deinem Umfeld?

Naja guck mal, einerseits ist man selber schuld: Ausländer bauen gerne viel Scheiße, aber Deutsche eben genauso. Aber manchmal werden bestimmte Leute eben anders behandelt als andere. Wenn du ein Kind fickst, machst du ein Leben damit kaputt. Wenn du etwas klaust, und seien es 20.000 Euro, ist das egal, Geld kommt wieder. Wenn du ein Kind geschändet hast, kriegst du dann irgendwie 40 Stunden beim Psychiater, wenn du etwas klaust gehst du in den Knast. Warum? Ich versteh das nicht.

Du bist selbst erst mit sieben Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Was waren die größten Unterschiede für dich?

Die Leute. Hier gibt es so viele kalte Leute, so etwas gab es bei uns damals nicht. Dort sind die Leute freundlich, du kannst einfach zu deinem Nachbarn gehen, ganz normal. Hier kann ich so etwas nicht.

Wie bist du hier aufgenommen worden?

Als ich noch kein Deutsch konnte, bin ich natürlich viel unter den Ukrainern geblieben. Die Deutschen haben mich verarscht, wie das so bei kleinen Kindern ist. In meiner Klasse waren zwar nur Ausländer, aber wenn irgendwelche anderen zu mir „Fick deine Mutter“ gesagt haben, hab ich das wahrscheinlich nicht mal verstanden.

Kommen wir auf dein Album zurück: Der Sound ist größtenteils sehr modern und trappy, an vereinzelten Stellen aber auch eher trueschool-artig. Was hörst du persönlich für Musik und wie schlägt sich das auf „Kuku bra“ nieder?

Alles. Ich hör sehr viel Musik. Xatar und das Alles oder Nix-Umfeld zum Beispiel. Es gibt hier viele gute Rapper. Von den 187ern bis zu den Azzlackz. Ich finde immer etwas, dass ich krass finde.

Hast du einen bestimmten Musikstil im Kopf, auf den du hinarbeitest, oder wirst du deinem jetzigen Sound erstmal treu bleiben?

Ich will das, was wir jetzt gemacht haben, dreimal so krass machen. Und danach machen wir es sechsmal so krass, verstehst du? Jedes, wirklich jedes Lied soll krass werden. Wenn man dasitzt und nicht klar kommt, dann fühl ich mich zufrieden. Wenn man das Album hört und es dann nochmal anmacht und nochmal und noch drei Mal. Dann ist es krass.

Haben dir die Erfahrungen bei Rap am Mittwoch beim Schreiben von Songs geholfen?

Beim Songs schreiben jetzt nicht so viel, aber dieses Gefühl auf der Bühne zu stehen, wenn Leute auf dich gucken. Ich hab dadurch mehr Lust bekommen auf der Bühne zu sein und noch mehr zu zeigen.

Ist dieses Kapitel für dich abgeschlossen oder wirst du nochmal mitmachen?

Ja, bestimmt! Aber ich werde vorher nichts sagen, sondern eines Tages einfach hingehen (grinst).

Hast du davor eigentlich schon bei Freestyle-Battles teilgenommen oder wie bist du dazu gekommen?

Nein, bei Freestyle-Battles eigentlich gar nicht. Aber so einfach, ein Freund von mir hat irgendwas gesagt und ich hab spontan daraus irgendwas gerappt und er hat sich tot gelacht.

Was machst du mittlerweile lieber: Battlen oder Songs schreiben?

Songs schreiben. Einen Beat zu hören und daraus etwas Eigenes, Rundes zu machen.

Wie lang hast du denn an „Kuku Bra“ gearbeitet?

Ich hatte bereits sechs Songs fertig und dann hat das so circa ein halbes Jahr gedauert. Eigentlich wollte ich auch alle Songs die ich gemacht habe aufs Album nehmen. Dann haben wir aber ein paar gesaved.

Was planst du mit den unveröffentlichten Songs?

Die werden bestimmt noch veröffentlicht. Vielleicht mache ich die nochmal krasser und dann kommt irgendwie ein Tape oder so.

Du hast vielen deiner Fans einen Wunsch erfüllt, indem du einen Track mit Olexesh gemacht hast. Wie kam es dazu?

Das kam durch Celo & Abdi. Die haben sich mal gemeldet und dann waren wir etwas essen. Ich feiere die schon sehr lange und dann haben wir uns ein wenig kennengelernt. Als ich dann mal in Frankfurt war, habe ich Olexesh kennengelernt. Sehr korrekter Typ und wir als Ukrainer halten natürlich zusammen.

Das ist eine Bestätigung für einen als Künstler, oder?

Ja, natürlich! Als ich 16 war habe ich die beiden jeden Tag gehört und auf einmal rufen die mich an, das war schon ein richtig gutes Gefühl.

Du rappst mit einer sehr aggressiven, druckvollen Stimme. Machst du das bewusst oder kam das einfach so?

Für mich ist das bei Rap einfach so. Ich stell mir vor, dass jemand vor mir steht beim Rappen und dem willst du halt geben (lacht).

Könntest du dir vorstellen auch mal ruhigere Musik zu machen?

Kommt immer darauf an, in welcher Situation man gerade ist. Wenn ich morgen plötzlich fünf Millionen habe, dann rappe ich darüber dass ich fünf Millionen habe, Bratan.

Hast du Lust mal auf Russisch zu rappen?

Ja, aber das ist sehr schwer zu schreiben. In den neuen Tracks die ich mache benutze ich zum Beispiel ganze russische Sprichwörter. Auch privat hör ich gerne russischen Rap.

Fällt es dir schwerer, auf Russisch zu schreiben?

Auf jeden Fall. Ich habe viel mit anderen Ausländern und Deutschen zu tun und rede deswegen viel Deutsch. Ich spreche nur Zuhause Russisch oder mal mit meinen Jungs, die auch daher kommen.

Was für ein Feedback erhoffst du dir auf dein Album?

Die sollen einfach sehen, dass ich da bin – mehr erstmal nicht. Was kommt, was geht, ist egal. Die sollen einfach wissen, dass es einen Capital gibt, der aus Berlin kommt und die Mutter von Deutschrap fickt, verstehst du? (lacht). Mehr will ich nicht.