Interview mit Ruffiction

(Foto: Bastian Harting)

Ruffiction machen mal wieder den Panzer startklar um den Frieden in die Welt zu tragen. Doch bevor sie zu ihrer Friedensmissionen aufbrechen, habe ich die Jungs noch an einem sonnigen Tag zum Frühstück getroffen um über ihr Privatleben, die Arbeiten am Album und der Zeit seit ihrem letzten Album zu reden.

Wie sieht das eigentlich bei euch im Privatleben aus: Wissen eure Kollegen und Kommilitonen, dass ihr Musik macht und was für Musik ihr macht?

Arbok 48: Bei mir schon. Ich mach da auch kein Geheimnis draus, irgendwann kriegen die das eh raus. Wenn mich jemand fragt, was ich in der Freizeit mache, dann sag ich direkt „Ja ich mach Musik“ und sag auch wie wir heißen. Ich mein, was soll ich mich groß verstecken? Scheiß drauf.

Crack Claus: Bei mir im Krankenhaus weiß das bis jetzt eigentlich keiner. Ich hoffe das bleibt auch so.

Sonst werden die Inventuren doch mal gründlicher gemacht und man kommt dir auf die Schliche.

Crack Claus: (lacht) Genau, da fehlt ja immer einiges. Also nein, bei mir weiß es keiner. Mal gucken wie das in der Zukunft aussieht, wenn es dann doch bekannt wird, ist es aber auch egal.

Und wie waren bei dir dann die Reaktionen darauf?

Arbok 48: Naja da hat man oft Leute, die sich darüber lustig machen: „Ah guck mal, der harte Rapper. Rap doch mal was.“. Damit muss man dann leben.

Crystal F: Das ist sowieso das Schlimmste. Zu nem Bäcker gehst du doch auch nicht und sagst „komm schon, back mir mal was“. Das ist doch Blödsinn.

Wie stellt ihr euch das denn aber dann vor, wenn ihr jetzt in der Promophase auch Fernsehauftritte habt? Da wird es ja schon schwerer das geheim zu halten.

Crystal F: Ja, was heißt geheim halten? Da muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen. Wir sind in der Rap-Community. Da gibt´s krassere Künstler, die trotzdem niemand kennt. Wenn man mit Leuten redet, die gar nichts mit Rap zu tun haben, merkt man immer wieder, was für ne Sparte das eigentlich ist. Ich hab schon so viele Jugendliche erlebt, die von Trailerpark, Casper oder auch K.I.Z. noch nie was gehört haben. Und wir sind da ja noch viel spezieller. Wenn man da nicht aus der Rap- oder Hardcore-Szene kommt, wird man wohl kaum auf uns aufmerksam.

Mit „Ruffnecks“ seid ihr auf Platz 21 in den Charts gelandet. Wie war das für euch? Wart ihr zufrieden damit?

Crystal F: Total! Wir sind mit der Einstellung rangegangen „wenn es Top 100 wird, ist alles cool“, dementsprechend waren wir dann total begeistert. In den Trends lagen wir nach dem ersten Tag auf der 6, da waren wir total verwirrt. In unserer Selbstwahrnehmung sind wir halt noch so total untergrund. Auch die Tour danach war spitze, da gab es viel mehr Zuschauer als bei den Auftritten davor.

Und wie denkt ihr, werdet ihr in der Szene jetzt wahrgenommen?

Crack Claus: Besser!

Arbok 48: Würd ich auch sagen. Das muss jetzt nicht unbedingt mit den Charts zu tun haben, aber seit dem Album läuft´s schon besser und man kriegt mehr Feedback.

Crack Claus: Die Leute nehmen einen auch viel mehr wahr. Wenn man in die Charts einsteigt, ist man einfach präsenter für die.

Arbok 48: Allein schon bei den Fans. Die Tour hat mir da ein bisschen die Augen geöffnet. Das waren einfach ganz andere Konzerte als die, die wir vorher gespielt haben.

Waren denn jetzt mehr Fans aus der Rap-Sparte da?

Arbok 48: Nee, das würd ich nicht sagen, das waren immer noch größtenteils Hardcore-Leute. Aber es waren halt viel mehr Leute und dadurch ne viel krassere Stimmung.

Crystal F: Stimmt. Vorher gab es immer nur so ein paar krasse Ausnahmen wie Zwickau, wo man dann 300 Leute hatte und sonst war man schon mit 80-90 Leuten zufrieden. Jetzt waren das immer so um die 250 Leute auf den Konzerten. Das gibt einem ein gutes Gefühl. Und in der Szene: Ich kenn da jetzt wahrscheinlich einfach ein paar mehr Leute als Claus und Arbok, weil ich in Berlin wohne. Aber ja, wir sind insgesamt schon mehr in der Szene integriert. Wenn ich mir manche Leute angucke, die ich früher noch krass fand, seh ich heute nicht mehr so den großen Unterschied zwischen uns und denen.

Mit Tamas zum Beispiel scheint ihr ja jetzt sehr viel zusammenzuarbeiten.

Crystal F: Ja auf jeden. Der war bei den Arbeiten zum Album mehr im Studio als Claus. Er war eigentlich immer mit dabei und hat uns als Gruppe schon geholfen. Sonst haben wir immer recht für uns allein gearbeitet und diesmal hatten wir ihn irgendwie so als Motivator mit dabei. Vor allem für dich auch.

Crack Claus: Ja auf jeden, ich hab auch sehr viel Zeit mit ihm verbracht, im Studio und auch bei den Auftritten.

Crystal F: Die beiden schlafen ja nicht!

Aber ein konkretes Projekt ist mit ihm nicht in Planung?

Crystal F: Nee, Tamas arbeitet ja grad an seinem Soloalbum. Aber er gehört schon zur Familie und ist immer überall mit dabei. Auf dem Album hat er auch bei 3 oder 4 Songs die Backup-Vocals gemacht. Vorher haben wir immer noch so Gang-Shouts aufgenommen, aber die kamen nicht so krass rüber, wie wenn er einfach allein die Backups gemacht hat.

Diesmal habt ihr den Großteil des Albums in Osnabrück aufgenommen, oder?

Crystal F: Wir haben sogar alles im Make your Way-Studio in Osnabrück aufgenommen. So ließ sich viel besser arbeiten und das Soundbild ist einheitlicher.

Arbok 48: Außerdem ist das bei Till viel entspannter. Der zählt uns da nicht die Stunden runter, sondern hat uns nen korrekten Festpreis gemacht und dann steht man einfach nicht so unter Druck.

Crystal F: An manchen Sessions saßen wir auch einfach 23 Stunden am Stück bei ihm im Studio. Gerade Claus hat auch viele Texte erst im Studio geschrieben, das könnt man sich bei jemandem, der Stundenweise abrechnet, gar nicht leisten.

Musstet ihr Claus denn immer mit einem Knüppel ins Studio treiben oder habt ihr ihn mit der Pfeife gelockt?

Crack Claus: Beides! (lacht)

Bei unserem Ruffnecks-Interview hieß es noch, dass als nächstes wieder ein Soloalbum kommen soll. Wie steht es damit?

Crystal F: Ich hab gar nicht damit angefangen. Die Tour hat uns einfach so ein gutes Gefühl gegeben, dass wir Bock hatten direkt wieder ein Gang-Album zu machen. Ich hät auch gar nicht gewusst, in welche Richtung ein Soloalbum von mir jetzt hätte gehen sollen. Ob nun wie meine alten Sachen, die ja sehr explizit waren und uns auch das ein oder andere Mal Ärger mit dem Index eingebrockt haben, oder so wie wir es auf Ruffnecks gemacht haben, bloss dann halt Solo. Aus so einer Laune heraus, wollt ich dann einfach kein Album machen.

Arbok 48: Ich hab jetzt auch schonmal über ein Soloalbum nachgedacht, aber ich lass das erstmal ruhiger angehen. Ich fang an und schau wie es läuft, aber ich setz mir da kein Termin, wo ich das fertig haben will und mach mir so Druck.

Crack Claus: Ich hab noch viele alte Sachen, so 12-14 Tracks, die über die Jahre entstanden sind. Mal gucken, was ich davon übernehme oder ob ich einfach alles neu mache. Das entscheid ich dann nach dem Gefühl.

Crystal F: Aber ich werd jetzt auf jeden Fall mit einem Soloalbum anfangen, das steht fest. Ich warte bis Frieden durch ist und dann geht´s los. Ich hab auch schon jemanden gefunden, mit dem ich da zusammenarbeiten werde. Aber das werd ich dann erst später bekannt geben.

Du hast den Index erwähnt: Gab es denn wegen Ruffnecks da auch wieder Probleme?

Crystal F: Nee, das war wegen alter Freedownloads von uns und dementsprechend auch unsere Homepage, weil wir die da angeboten haben. Die BpjM (Anmerkund des Verf.: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) funktioniert ja auch so, dass zu prüfende Inhalte von offizieller Stelle eingereicht werden müssen. Das war bei Ruffnecks nicht der Fall, also gab es da bisher auch noch keine Probleme. Glück gehabt.

Was darf man von der DVD in eurer Box erwarten?

Crystal F: Wir hatten schon lang die Idee einer DVD gehabt, uns gibt es ja mitlerweile auch schon 9 Jahre als Label. Da ist einfach soviel an Videomaterial zusammengekommen, in der Zeit haben wir ja auch irgendwas zwischen 20 und 30 Alben releast. Auf der DVD ist dann ein großer Teil Touralltag von der Ruffnecks-Tour und ein anderer Teil Ruffiction-Geschichte, alte Bilder, alte Videos und wir erklären einfach die komplette Entwicklung von Ruffiction. Wir haben dafür auch so Interview-Teile gedreht, wo wir das nochmal kommentieren. Ich denke für jeden, der uns mag und sich für uns interessiert, wird die richtig geil werden. Die geht ungefähr 1 Stunde und 40 Minuten und ich hab die selbst locker schon 5 mal gesehen.

Und wie steht es dann um eine Tour zum neuen Album?

Crystal F: Die wird wahrscheinlich kleiner als die letzte. Wir haben gerade erst unsere Bookingagentur gewechselt und Claus hat gerade seine Prüfungen, dadurch sind wir leider etwas eingeschränkt. Anfang nächsten Jahres wollen wir dann aber vielleicht nochmal eine größere Tour spielen.

Dann bist komplett durch mit deinem Studium?

Crack Claus: Sozusagen, dann ist das Medizin-Studium endlich abgeschlossen. Endlich den Rezeptblock kriegen.

Crystal F: Das ist für uns auch super spannend. Und in Hinblick auf die Tour ist es halt schwierig Termine zu finden, wo wir alle 3 auch wirklich können. Das war bei der Albumproduktion auch schwer. Heute haben wir auch einen Tag, wo wir sämtliche Interviews abgrasen müssen und selbst der war für Claus schon schwierig.

Produktionstechnisch sind zum großen Teil die üblichen Verdächtigen vertreten. Ihr gehört aber auch zu den wenigen, die die Tracklist immer mit Produzentenangaben rausgebt.

Crystal F: Ich find das auch wichtig, Produzenten kriegen viel zu wenig Aufmerksamkeit. Ohne die würde es gar nicht laufen. Und am meisten Aufmerksamkeit ziehen die Videos mit sich und manche geben nichtmal da in den Credits den Produzenten an. Das find ich total schade. Booklets sind da nochmal ein anderes Thema, aber die werden ja meist auch nur einmal angeschaut und dann weggelegt.

Wie war ansonsten der Schaffensprozess am Album?

Crack Claus: Das war echt schwierig für mich. Die anderen beiden waren oft im Studio, während ich einfach keine Zeit hatte. Ich bin mit dem Schreiben gar nicht hinterhergekommen, als die 8 oder 9 Tracks fertig hatten, hatte ich gerade mal 1 Part. Ich musste dann manchmal Solosessions im Studio einlegen um hinterherzukommen.

Crystal F: 2 Wochen nach Abgabe musste Claus noch 5 Parts und 1 Solosong aufnehmen.

Crack Claus: Ja da musst ich das an einem Wochenende noch schreiben und fertig machen, da hat mir Tamas noch mit einigen Ideen geholfen. Aber von der Zeit, die wir hatten, fand ich es eigentlich zu kurz. Ich hätte gern noch länger dran gearbeitet.

Wie lang habt ihr denn insgesamt dran gearbeitet?

Crystal F: November bis April.

Crack Claus: 2 oder 3 Monate mehr wären mir lieber gewesen, dann hät ich entspannter dran arbeiten können.

Crystal F: Aber wahrscheinlich hät er auch dann erst 2 Wochen nach Deadline alles abgegeben.

Crack Claus: Sehr wahrscheinlich, ja. (lacht)

Crystal F: Aber das war sogar mit Ansage. Gleich zu Beginn meinte er schon, er wird erst abgeben, wenn die Zeit schon abgelaufen ist.

Aber du bist trotzdem zufrieden damit, oder?

Crack Claus: Natürlich. Ich bin mit all unseren Sachen zufrieden.

Crystal F: Ich finde aber auch, dass Claus so die größte Entwicklung gemacht hat seit Ruffnecks.

Arbok 48: Auf jeden Fall.

Crack Claus: Deshalb hab ich doch auch nur solange gebraucht.

Wollt ihr mit Frieden noch höher in die Charts einsteigen? Ist euch das überhaupt wichtig?

Crack Claus: Naja, wenn man schon einmal in den Charts war, dann wär es auch schön, wenn man wieder reinkommt und ein bisschen höher wäre auch super. Aber selbst, wenn man jetzt gar nicht charten würde, wäre das auch kein Verlust.

Crystal F: Aber ich bin eigentlich sehr zuversichtlich. Man merkt, dass es sich entwickelt und nach vorne geht. Man hat auch einen gewissen Druck, weil einfach alle Rapper zur Zeit sehr hoch gehen in den Charts. Mit Ruffnecks hatten wir einen Überraschungseffekt und es wär schön den halten oder sogar noch toppen zu können. Aber ich mag auch nicht diesen Erfolgsrap oder wenn man dann immer wieder darüber rappt, dass man das letzte mal auf die 1 gegangen ist. Und außer, dass Arbok 2-mal über die Chartplatzierung gerappt hat, ist bei uns doch alles beim Alten geblieben. Wir reden immer noch übers Wegstechen und Blech rauchen. Also bei uns hat sich nichts verändert, vor allem ja auch finanziell nicht, wir sind ja nicht reich geworden dadurch, dass wir einmal in die Charts eingestiegen sind.

Ok, Erfolgsrap magst du also schonmal nicht. Was hört ihr denn privat?

Crack Claus: Ich höre sehr wenig im Moment, ich hör in die bekannten Sachen mal rein, aber da ist nichts dabei, was ich jetzt übertrieben feier. Wobei, das Tape von Zahni & Orgi war geil. Hardtechno mit ein paar Orgi Vocals.

Arbok 48: Ich hab Normaler Samt von Audio88 & Yassin krass gefeiert. Hab mich vorher nicht groß für die interessiert, aber die Platte hab ich jetzt totgehört, bestes Release in diesem Jahr bisher.

Crystal F: Ich hab neben unserem Album eigentlich nur das Erste Welt-Album von Zero/Zero gehört.