Interview mit Raekwon

Raekwon, seines Zeichens Wu-Tang Clan-Mitglied und Mafia-Rap-Koryphäe, releast heute sein neues Solo-Album „Fly Luxurious International Art„. Darüber, über Raekwons Lifestyle und über den damaligen Hustle unterhielten wir uns. Seine zwei Dekaden im Game merkt man ihm auch im Gespräch deutlich an. Er weiß, wie er Fragen zu beantworten hat. Ein Vollprofi.

„F.I.L.A“ klingt weit glamouröser und bezieht sich auch inhaltlich mehr auf einen luxuriösen Lebensstil, als den Weg dahin und den Hustle, wie es noch bei vorhergegangenen Releases der Fall war. Warum diese Entwicklung?

Im Endeffekt zeigt das nur die Entwicklung meiner Karriere und was ich bis heute erreicht habe. Weißt du, ich komme aus den Neunzigern, also ist es wichtig, zu zeigen, was einmal war – aber auch, was man heute macht. Bei diesem Album ging einfach darum, ein aktuelles Lifestyle-Album zu machen, das meinen Lebensstil authentisch darstellt. Das zeigt, wie es 20 Jahre später ist und so klingt, dass die Welt einen Untergrundkünstler respektieren und annehmen kann.

Ein Lifestyle-Projekt also. Wie nahe ist das Gesagte denn an deinem wirklichen Lebensstil?

Oh, verdammt nah. Das ist quasi wirklich mein Alltag. Mein Leben hat sich auf so vielen Ebenen verändert. Ich gebe den Fans einfach das beste vom heutigen Raekwon im Jahr 2015.

Also ist wirklich kein Platz mehr für neue Stempel in deinem Reisepass?

(lacht) Soll ich dir ein Foto schicken, damit du es mit eigenen Augen sehen kannst? Ohne Scheiß, ich zeig dir ein Foto davon. [Hat er dann doch nicht; Amn. d. Verf.] Es ist definitiv an der Zeit für einen neuen, mein alter sieht mittlerweile echt verdammt scheiße aus. Zumindest ein paar neue Seiten wären gut. Ich lebe international und bin an so vielen verschiedenen Orten, zeige meine Liebe und repräsentiere HipHop.

Auf deinem ersten Album, „Only Built 4 Cuban Linx“, ging es schon vor 20 Jahren darum, dass du reich bist. Aber eben auf der Straße. Was hat sich seitdem geändert?

Weißt du, wenn ich reich sage, meine ich so etwas wie: Reich im Herzen. Mental reich, verstehst du? Mein Mindstate erhebt sich einfach konstant auf ein höheres Level. Wie ich gesagt habe, ich komme aus den Neunzigern und da ist es wichtig, dass man selbst und die eigene Musik mit der Zeit wachsen. Wenn man seit zwei Dekaden rappt, dann muss man einen Weg finden, die Musik fresh zu halten und den Zeitgeist zu treffen, ohne seine Wurzeln zu verraten. Ich muss auch im Geisteszustand reich bleiben. Natürlich läuft es auch finanziell viel besser als damals, ich arbeite hart, um für meine Familie sorgen zu können. Das meine ich mit „mit der Zeit wachsen“ – den Leuten etwas neues, erfrischendes zu geben. Darum geht es mir, rein musikalisch, immer: Etwas neues, mit Flavour, das sich vom letzten Werk unterscheidet.

Aber den teuren Lebensstil genießt du, obwohl dir mentaler Reichtum wichtiger ist, sicherlich trotzdem?

Ich mag es, wenn ich meine Rechnungen bezahlen kann. Und klar mag ich auch die teuren Dinge im Leben.. Ich habe hart dafür gearbeitet – und mal ehrlich, wer mag die teuren Dinge nicht? Darum geht’s doch. Hart zu arbeiten, um genießen zu können, was man sich erarbeitet und verdient hat.

Das ist für dich der Sinn des Lebens?

Für mich ist der Sinn des Lebens, hart zu arbeiten, damit du leben kannst, wie du leben willst. So einfach ist das. Ich arbeite wirklich hart, aber ich liebe meinen Job. Ich will meinen Fans einfach das bestmögliche geben. Darin spiegele ich selbst mich dann ja auch wieder.

Also lebst du gerade genau das Leben, das du dir damals, zu Zeiten von „Only built 4 Cuban Linx“, erhofft hast?

OB4CL“ entstand, als ich den Struggle gelebt habe. Ich habe in einer ganz anderen Welt gelebt. Ich musste auf der Straße hustlen, das war eine ganz andere Zeit für mich. Ich gebe in meiner Musik einfach eine Reflexion und einen Eindruck von dem wieder, was bei mir passiert. Und jetzt bin ich einfach sehr dankbar, dass ich leben kann wie ich möchte – das ist ein Segen. Ich bin auch meinen Fans dankbar, die meine Arbeit schätzen und an mich glauben. Die respektieren mich, die bezahlen dafür, mich live performen zu sehen. Ich liebe es, um die Welt zu reisen und Menschen mit meiner Kunst glücklich zu machen.

„F.I.L.A“ sollte eigentlich früher erscheinen, warum hat sich das verschoben? Lag das am Wu-Tang Album?

Eigentlich sollte es ja im November letzten Jahres erscheinen, aber das Wu-Tang Album war eben ungefähr zeitgleich eingeplant. Also habe ich es aus Respekt vor dem Wu-Vermächtnis verschoben.

Hast du denn auch zeitgleich an beiden Alben gearbeitet?

Ich habe viel früher an meinem Soloprojekt gearbeitet. Die letzten 15 bis 16 Monate ungefähr. Daran habe ich halt alleine gearbeitet. Das Wu-Tang Album kam dann halt dazwischen.

Worauf hast du dann den Fokus gelegt?

Der Fokus lag definitiv auf meinem eigenen Projekt. Daran habe ich ja auch schon vorher gearbeitet. Aber dann kam eben das Clan-Album und ich stecke immer meine ganze Leidenschaft in das, was ich gerade mache. Das ist mein Job.

rap.de: Als du angefangen hast an „F.I.L.A.“ zu arbeiten – welche Ziele hast du dir da gesetzt?

Ich wollte den Leuten einfach einen Teil von mir geben und zwar im Jahr 2015. Wenn man zwei Dekaden lang Musik machst, ist es nicht einfach mit der Zeit zu gehen und interessant zu bleiben. Ich wollte den zeigen, dass ich besser denn je bin. Wäre ich ein Glas Wein, dann wäre ich der teuerste den du jemals kriegen kannst. So fühle ich mich.

Du hast schon damals in einem Interview gesagt, dass du jede Art von Zuhörerschaft mit dem Album zufrieden stellen willst. Denkst du, das ist dir gelungen?

Ich finde, ich habe verdammt gute Arbeit geleistet. Dieses Album erfüllt definitiv meine Anforderungen. Weißt du, ich habe ein Publikum aller Altersgruppen. Und ich wollte sicher gehen, dass jeder auf seine Kosten kommt. Dadurch wird es überhaupt zu diesem Lifestyle-Album. Man kann einfach hören, dass ich jede Gruppierung represente. Ich liebe einfach HipHop und das represente ich. Die Leute sehen, was man aus einer scheinbar perspektivlosen Position erreichen kann. Man muss bedenken, ich bin ein Künstler und will natürlich erreichen, dass jeder mit meiner Kunst glücklich wird. Ich will nicht nur den typischen Straßen-Hustler zufrieden stellen, ich will die Fans, die mich und meine Message mögen, zufrieden stellen. Und die sind eben so breit gefächert, dass ich wollte, dass für jeden etwas dabei ist. Aber trotzdem breche ich nicht mit dem, was die Leute von mir erwarten.

Klingt gewagt. Ist das nicht ein sehr riskanter Drahtseilakt?

Nicht für einen Veteranen wie mich. Ich weiß genau was ich tue. Ich arbeite konstant und habe ein Gefühl dafür, was die Leute hören wollen. Ich stecke da einfach sehr viel Arbeit rein und bin in der Lage, mich immer wieder neu zu erfinden. Ich bin momentan besser den je und mache einfach, was mir sinnvoll erscheint. Man kriegt einfach ein Stück von allem auf „F.I.L.A„.