Mo-Torres über Köln, FC, Red Bull & AfD

Mo-Torres ist einer der Hoffnungsträger der Kölner Rapszene. Mit seinem Debütalbum „Irgendwo Dazwischen“ gelang es ihm, seine Musik einer breiteren Masse zugänglich zu machen. Wir haben mit dem „Jung us’m Veedel“ über seine Heimatstadt und seinen Lieblingsverein, den 1. FC Köln, aber auch über die Kommerzialisierung des Fußballs und rechte Tendenzen in der Gesellschaft gesprochen.

Du hast ja mehrere Songs über deine Verbundenheit zu Köln und dem FC geschrieben. Welche Rolle spielt denn der FC und das kölsche Brauchtum in deinem Leben?

Ja, also es spielt generell ’ne große Rolle. Sowohl Köln an sich als auch der FC. Ich hab jetzt seit 15 Jahren ’ne Dauerkarte in der Südkurve. Die Heimat ist immer ein noch größerer Teil als der Verein, aber das greift beides ein bisschen ineinander über. All das, was man mit dem FC verbindet, verbindet man natürlich auch mit der Stadt.

Was war das für ein Gefühl, dann auf dem Rasen zu stehen, als du vor dem Spiel gegen RB Leipzig im Stadion auftreten durftest?

War ein großartiges Gefühl, klar. Du stehst vor 47.500 echten Fans. Der Nachteil an so was Großem ist natürlich, dass du keine Gesichter siehst, du siehst keine Reaktionen. Du hörst sie halt, wenn die Leute mitsingen, was großartig ist. War generell natürlich ein Traum, der sich erfüllt hat. Direkt danach bin ich in die Südkurve gerannt, um das Spiel ganz normal zu gucken.

Über die Protest-Aktionen gegen RB Leipzig ist ja viel diskutiert worden, teilweise sind da manche sicher auch übers Ziel hinausgeschossen. Was hältst du persönlich von RB Leipzig und den Kölner Fanaktionen?

Es ist immer ein schmaler Grat. Ich fand jetzt sowohl die Sitzblockade als auch den Großteil der Banner, die dann auch teilweise relativ humorvoll waren, aber auch Gesänge wie „Von Red Bull kriegt man Durchfall“ oder so, schon witzig. Solange es friedlich abläuft, ist alles ok. Wir haben ja hier in Deutschland nicht umsonst Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, usw. – das finde ich vollkommen ok. Ich finde die Reaktion halt absolut nicht ok, die dann aus Leipzig kommt, die Stadionverbote fordern, wo ich mir denke: „Du willst ein Stadionverbot fordern für Sachen, die nicht im Stadion stattgefunden haben?“. Das ist ein bisschen witzig.

Leipzig ist halt die Personifizierung von all dem, was man im Fußball bis dato nicht so direkt gekannt hat. Man hat sich natürlich mit Hoffenheim auch ein Feindbild geschaffen. Wobei man zu Hoffenheim sagen muss: Klar, die haben sich hochgekauft, aber in den letzten Jahren nicht so viel investiert, sondern gut gewirtschaftet. Leipzig hat sich innerhalb von sieben Jahren aus der fünften Liga in die Bundesliga hochgekauft. Andere Vereine kämpfen um’s Überleben, und dann kommt so jemand durch den finanziellen Reichtum eines Einzelnen in Liga 1. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass sie ’ne gute Rolle spielen werden dieses Jahr. Das ist halt genau das Gegenteil von der Fußball-Romantik, die man sich als Fan wünscht mit Malocher-Vereinen, die sich alles selbst erarbeitet und einfach gut gewirtschaftet haben. Das widerspricht dem natürlich alles. Einen Verein als große Marketing-Maschinerie zu nehmen, hat für mich nichts mit Fußball zu tun.

Zu deinem Feature mit Sülo der Boss gibt es ja eine Vorgeschichte. Der Verlag von Sülo wollte zunächst mit rechtlichen Mitteln gegen dich vorgehen, weil ihr das selbe Sample benutzt habt („L’amour toujours“ von Gigi d’Agostino, Anm. d. Red.). Wie kam es dann zu der Zusammenarbeit?

Letzten Endes hat Sülo davon Wind bekommen und hat gesagt: „Lasst den Jungen in Ruhe! Wir nehmen den mit auf den Song! Warum gegen jemanden arbeiten, wenn man mit dem arbeiten kann?“, was ich ihm sehr hoch anrechne. Dann haben wir halt ’ne neue Version von dem Song gemacht und die rausgehauen.

Was hältst du eigentlich von Mundart-Rap? Könntest du selbst auch auf Kölsch rappen?

Ich könnte schon, aber Kölsch existiert leider Gottes im wirklichen Sinne für mich nur noch, wenn du um 12 Uhr mittags in irgendwelche Cafés gehst hier in Köln, wo die „Ahl Lückscher“ sitzen, wie man immer so schön sagt, die alten Leute halt. Die sprechen noch dieses richtige Kölsch. Alles, was du jetzt hörst, mit den neuen Bands usw., ob es jetzt Kasalla ist oder sonstwer, hat für mich nicht mehr viel mit Kölsch zu tun. Ich bin damals mit 5 Jahren mit Bläck Föös penetriert worden, Willy Ostermann usw., also richtige Kölner Legenden. Alleine aus Respekt vor denen würde ich mit meinem jugendlichen Kölsch das einfach nicht machen. Mein Kölsch würde dann quasi so klingen wie ein Deutscher, der englische Mucke macht. Egal, ob er Englisch-Leistungskurs hatte oder was auch immer, du merkst es trotzdem. Deswegen will ich nicht auf Krampf kölsche Mucke machen. Ich beschränke mich halt nicht nur auf Köln. Im besten Fall kommt das natürlich auch überregional an, und ich hab auch noch andere Songs, die nichts mit Köln zu tun haben. Da will ich mich einfach nicht beschränken, indem ich auf Kölsch irgendwas mache, und wenn, dann muss man sowas auch richtig machen und nicht nur einmal aus Jux und Dollerei. Das ist für mich halt so ’ne Anstandssache, dass ich es nicht mache. Ich beherrsch’s halt auch nicht zu 300.000 Prozent.

Was hältst du denn von der Kölner Rapszene? Gibt es da Jungs, denen du Props gibst?

Ich find Seany sehr cool von Bezirk Zwo. Der hat jetzt letztens ’ne EP rausgebracht („Wild Boyz“, Anm. d. Red.), die hab ich auf jeden Fall gefeiert. Benyo & Fly feier ich noch. Ansonsten Timeless natürlich, der jetzt nicht mehr in Köln ist, aber Köln so ein bisschen mit Eko auf die Karte bringt meiner Meinung nach. Ansonsten meine Jungs Jascha, Splinta und Kypa.

Was denkst du, woran es liegt, dass Köln sich in der Raplandschaft nie richtig etablieren konnte?

Ja, woran hat et jelegen? Das fragste dich nachher immer, woran et jelegen hat. Ich schätze, es liegt daran, dass in Köln einfach nicht so viele Leute rappen wie in Berlin. Ich glaube, das ist auch so ein Generationen-Ding. Du hattest in Frankfurt mit Azad halt jemanden, der super viele Leute inspiriert hat. Die Azzlacks, Vega, die haben alle Azad gehört. Der stand für Frankfurt. Dann hattest du in Berlin Leute wie Savas, Bushido oder Sido. Wegen denen haben unfassbar viele Leute angefangen, zu rappen. In Hamburg gab’s Samy Deluxe und Konsorten, die den Nachwuchs hochgezogen haben. In Köln hattest du halt damals niemanden zu der Zeit. Vielleicht dann irgendwann Eko, aber ich glaube nicht, dass wegen Eko viele Menschen angefangen haben, zu rappen, ohne ihm zu nahe treten zu wollen.

Du hast auch den Song „Edelweisspiraten“ gemacht. Wenn du von rechten Anschlägen und Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte hörst, siehst du da Parallelen zu der damaligen Zeit?

Nee, Parallelen nicht. Nichtsdestotrotz muss man sagen: Jeder Typ, der AfD oder NPD wählt, ist für mich einfach Abschaum und hat hier nichts verloren. Was ich immer so krass finde, ist, dass diese Angst vor Flüchtlingen gerade dort am stärksten ist, wo es kaum Flüchtlinge gibt. Wenn die AfD in Köln mehr als 5% kriegt, ist das ’ne Katastrophe. Ich hab einfach unfassbaren Hass auf AfD, NPD und jeden Bastard, der so ’ne Scheiße wählt, der auf die Idee kommt, dass das, was die vertreten, auch nur im Ansatz Deutschland weiterhilft. Gerade das zeichnet unsere Stadt aus: Dass wir einfach multikulturell sind. Hier leben, glaub ich, über 280 Nationen, und jede dieser Nationen bereichert das Miteinander und die Kultur dieser Stadt – ob es jetzt kulinarisch ist oder auf anderen Wegen. Auch die Religionsvielfalt, die man hier hat. Genau das macht ein geiles Zusammenleben aus. Dann werden Dinge hochgespielt, wenn zehn Flüchtlinge sich daneben benehmen. Ich kann dir genauso gut zehn Deutsche sagen, die sich unter Tausenden daneben benehmen. Das ist absoluter Bullshit.