Interview mit Qriffin, Planemo und Box Film Father über Nugod Cloud und „Kokosmilch“

Die Nugod Cloud gilt als eine Art Subgruppe der Berg Money Gang, wobei nicht alle von Nugod auch in der BMG sind. Oder wie Qriffin es formuliert: BMG ist die Bundesliga und Nugod ist die Nationalmannschaft.“ Planemo, Qriffin und Box Film Father von der Nugod Cloud veröffentlichen heute ihr gemeinsames Projekt „Kokosmilch“. Abgesehen von der Produktion ihres aktuellen Werks haben wir mit ihnen auch über ihr Kollektiv Nugod Cloud gesprochen und wie sehr das Internet zu ihrer Entstehung beigetragen hat: „Wir haben einen Facebook-Chat, der komplett außer Kontrolle ist und da wird alles geplant.“

Am besten ihr stellt zuerst die Nugod Cloud vor: wer gehört dazu?

Box Film Father: Nugod wurde von Neunfünf gestartet und wir sind ein Kollektiv von Künstlern aus Berlin, Stuttgart, Heidelberg, Ruhrpott und Kraków. Wir sind nicht nur Rapper, sondern einfach ein Künstlerkollektiv: Es gibt Beatmaker, Leute, die filmen, Leute, die Texte schreiben, Leute, die Engineering machen – also alles Mögliche.

Planemo: Designer haben wir auch: Marcel Weiershaeuser, der auch das Cover zur „Kokosmilch“-EP gemacht hat.

Box Film Father: Wir sind also ein Kollektiv und bringen Musik raus. Diesmal hat sich das gut ergeben, weil wir jetzt zu dritt in derselben Location sind. Und bei Nugod dabei sind letztendlich Neunfünf, Philly Weiss, Planemo, Qriffin, Mantineo, 101, Marcus und ich selbst.

Also ihr habt das Projekt jetzt zu dritt gestartet, weil ihr alle drei in Berlin seid?

Box Film Father: Ja das hat sich so ergeben, weil es am einfachsten geht, wenn alle in derselben Location sind.

Planemo: Wir haben uns auch das erste mal persönlich getroffen, als wir angefangen haben. Wir haben festgestellt, dass Box Film Father in Berlin wohnt und Qriffin und ich wussten das von uns schon. Dann haben wir uns gedacht, komm, wir treffen uns mal mit ihm, er baut krasse Beats und dann hat sich das gleich so ergeben.

Also habt ihr alle vorher schon Musik gemacht und dann über SoundCloud etc. zusammengefunden?

Planemo: Über Twitter. Ende letzten Jahres hab‘ ich Neunfünf auf Twitter angeschrieben, dass ich seinen „Trunkshop“-Song ziemlich feier und dann bin ich durch ihn in die BMG gekommen.

Qriffin: Ich kenn‘ Neunfünf aus dem Redbull-Camp mit den Orsons.

Box Film Father: Ich hab‘ Neunfünf auch über SoundCloud angeschrieben und dann haben wir uns irgendwo hier in Berlin letzten oder vorletzten Sommer getroffen, Bier zusammen getrunken und dann meinte er: Hey, komm doch mal dazu, deine Beats sind geil.

Planemo: Er hatte damals auch kurz in Berlin gewohnt, aber jetzt nicht mehr.

Also konnte das alles nur durch diese Social Media- und Musikplattformen entstehen?

Box Film Father: Das hat sehr viel dazu beigetragen. Ich denke, wenn’s diese Tools nicht gegeben hätte, dann wäre Nugod auf jeden Fall nicht entstanden. Ich mein‘, es steht in unserem Namen und unserem Logo. Das ist auch etwas, das die Musikindustrie heutzutage formt und auch weiter beeinflusst.

Wieso habt ihr angefangen, Musik zu machen?

Box Film Father: Ich habe mit 14 angefangen und Xzibit nachgerappt. Dann hab‘ ich erstmal jahrelang auf Französisch HipHop gemacht. Und das hat sich dann entwickelt. Ich habe eine Zeit lang in Schottland gewohnt, da ist ’ne krasse Elektro-Szene und ich hab‘ viele Einflüsse von dort gehabt.

Du hast ja auch unter dem Namen Sphynks schon vorher Beats gemacht.

Box Film Father: Ja, ich hab‘ so öfters die Namen gewechselt. Jetzt dachte ich mir aber, dass das alles schon so ein bisschen virtuelle Realität ist, was bei Nugod so abgeht und wollte dann auch so einen Avatar haben, der dazu passt. Und Box Film Father war dann geil.

Planemo: Ich hatte einfach Bock eines Tages. Ich hab‘ dann auch meine Phasen gehabt, wo ich nur Beats gebaut hab‘, bestimmt zwei, drei Jahre oder so und dann wieder gerappt.

Box Film Father: Und bei Qriff hat eines Tages einfach das Licht auf ihn geschienen.

Worauf legt ihr Wert, wenn ihr Musik macht?

Box Film Father: Ich lege darauf wert, dass ich Spaß dran hab‘, dass es innovativ ist und dass ich halt auch ein bisschen gegen den Strom gehe. Also ein bisschen, man ist ja immer beeinflusst von Sachen, die man hört. Aber ich will Spaß dran haben, ich will was Cooles machen und künstlerisch gesehen meine Stimme finden. Also meinen Stil zu entwickeln und wirklich rauszubringen, was ich auch erzählen möchte durch meine Musik. Ich mach‘ nicht nur Beats, ich mach‘ auch instrumentale Musik sozusagen. Und ich sehe das als Kunst und will mich einfach ausdrücken.

Qriffin: Same.

Planemo: Ich stimme auch zu.

Also ihr beide, Planemo und Qriffin, habt ja auch schon selbst produziert. Wie sieht das bei eurem kommenden Release aus? Habt ihr extra für die EP produziert?

Qriffin: Ja, wir haben das zusammen gemacht. Er (Box Film Father) hatte Ableton an, wir haben geschrieben, er hat weiter an den Beats gebaut – was das Beste ist, was man machen kann.

Box Film Father: Es war ein organischer Prozess, genau. Und im Nachhinein hat dann Planemo sogar noch auf Fruity Loops Kleinigkeiten dazu gebaut, kleine Toms und kleine Breaks.

Qriffin: Es gibt einen 101-Remix. Das Sample von dem Beat, den ich auf der EP gemacht habe, ist von Mantineo und da hat Neunfünf die Drums gemacht.

Box Film Father: Wir haben auch eine kleine Dropbox, wo wir alle Sachen rauflegen und die Leute nehmen sie sich. Es verschwimmt alles.

Planemo: Und am Ende kriegt das dann halt unser Engineer noch und geht dann auch nochmal über den Mix und mastert da alles. Es sind dann wirklich fast alle involviert.

Habt ihr auch schon überlegt, für andere Künstler zu produzieren? Oder wollt ihr im Nugod-Camp bleiben?

Box Film Father: Also, ich produzier‘ auch für andere Leute. Für Kumpels von mir und so weiter. Aber keine namhaften Artists. Aber was wir vor allem machen wollen, ist halt schon für uns zu produzieren und wir wollen ein Gesamtpaket rausbringen. Ich bring jetzt auch ein paar Sachen raus, wo mehrere andere Künstler drauf sein werden, aber es ist immer so closed community, wir kennen uns.

Planemo: Eigentlich haben wir alle nicht für jemand Fremdes produziert. Ich hol‘ nur immer Leute auf Songs, wo ich nicht mehr weiter komme, wo ich einen Part habe und dann keinen Bock mehr hab‘.

Box Film Father: Es sind nie Aufträge oder so bei uns.

Planemo: Aber da hab‘ ich auch eigentlich keinen Bock drauf.

Ihr habt ja so ziemlich alle musikalische Veröffentlichungen kostenlos auf SoundCloud. Habt ihr vor, das weiterhin so zu halten oder kommt in Zukunft schon was zum Verkauf, wie beispielsweise ein Album?

Box Film Father: Also wir sind in einem Stadium, wo wahrscheinlich CDs zu pressen erstmal gar keinen Sinn macht. Außerdem erweitert sich das Cloud-Konzept bis zur Verteilung unserer Musik. Es geht uns nicht um die Kohle. Wir haben schon ’ne kleine Community, die am Start ist. Und ich glaub‘ was wichtig ist, ist dass man der Community andauernd was zu hören gibt.

Planemo: Wir wollen halt live spielen. Das macht uns Spaß. Das ist das Hauptziel erstmal.

Box Film Father: Genau, wenn Leute uns buchen wollen, dann sollen sie an contact@nugodcloud.de schreiben.

Ihr habt ja, wie ihr auch schon etwas beschrieben habt, euch ein eigenes Movement mit eurem Kollektiv aufgebaut. Wie steht ihr denn dann im Verhältnis zu anderem deutschsprachigen Rap?

Planemo: Also gerade in der BMG gibt es immer wieder neue Leute. Ich weiß nicht, wie’s früher war, ich bin ja auch noch nicht so lange dabei. Aber jetzt kommen immer wieder richtig krasse Leute dazu, die sich auch alle untereinander kennen. Deshalb bleibt es auch immer spannend und mit denen arbeiten wir dann natürlich auch gerne.

Box Film Father: Du musst dir unser Movement so vorstellen wie die Start-Up-Industrie. Bei den großen etablierten Künstlern, die wie BMW oder Unilever sind, ist die Transformation ganz lahm und man muss Sachen machen, die sich verkaufen. Wir haben die Möglichkeit, flexibel zu sein und einfach innovativ zu sein, Sachen auszuprobieren. „Kokosmilch“ ist total experimental. Es sind halt weirde Beats, mit Pop-Inhalten und sexueller Connotation. Wir machen schon noch Rap, wir sind schon Kinder von Rap, so. Aber es entwickelt sich zu was ganz Neuem.

Planemo: Es ist einfach Musik.

Box Film Father: Ich glaub‘ Rap generell wird auch sehr poppig. Sehr viel Rap ist nicht mehr Straße, 80er Jahre Harlem.

Qriffin: Das ist auch einfach das, wo die Innovation im Pop gerade passiert.

Box Film Father: Ja genau. Und ich glaub, es ist nicht mehr tabu, was popmäßiges zu machen.

Planemo: Sollte es auch nicht.

Box Film Father: Und dieses ganze Berg Money-, Cloudrapmovement ist halt einfach ’ne Weiterentwicklung und ein Experiment und flexibel. Da kommen neue Sachen sehr schnell raus. Das ist natürlich auch ein Nachteil, weil nicht viel kleben bleibt. Es ist ein andauernder Wandel.

Aus welcher Situation heraus schreibt bzw. produziert ihr?

Box Film Father: Also ich arbeite und nebenbei muss ich die freie Zeit, die ich hab, dazu nutzen, Musik zu machen. Ich komm‘ am Abend nach Hause, ich mach‘ Beats. Ich steh früh auf und mach‘ noch Beats. Und wenn die Jungs dann was aufnehmen, ist es halt nicht so, dass sie sich hinsetzen, im Kerzenschein, und einen Text schreiben. Die Hälfte der Texte kommt erstmal organisch raus – so freestylemäßig. Was sehr viele Leute machen, das ist nichts Innovatives. Und dann werden ein paar Stellen nochmal nachgeschrieben. Wie gesagt, Sinn daran ist es, Spaß zu haben. Wir machen uns da gar keinen Kopf.

Planemo: Also bei dem Release ging es ganz schnell. Er hat uns einen Beat gezeigt, wir hatten ’ne Hook und dann haben wir geschrieben.

War „Kokosmilch“ auch der erste Song, den ihr geschrieben habt?

Planemo: Nee, der erste Song war „Regen“. Aber die Idee für „Kokosmilch“ war die erste.

Box Film Father: Das Ganze hat sich ein bisschen verzögert, weil wir zu viel den Sommer genossen haben.

Planemo: Ja wir hatten einfach die Idee: „Kokosmilch“ ist ein cooler Name, komm wir machen ’ne EP und dieses Thema.

Qriffin: Der erste Beat war schon da und wir wussten schon, der Vibe ist krass.

Box Film Father: Die Idee zu „Kokosmilch“ kam auch von diesem ganzen Dancehall-Zeug. Drake hat ja „One Dance“ und dieses ganze Zeug Anfang des Jahres rausgebracht. Und hat sozusagen damit erklärt, dass Dancehall zu machen, so für Rapper, wieder cool ist.

Qriffin: Aber da müssen auch Majid Jordan und Ramriddlz fallen, weil das glaube ich näher dran ist.

Box Film Father: Ja, aber so auf Mainstream-Ebene haben die das auf jeden Fall wieder cool gemacht. Und „Palmen aus Plastik“ hat sowas auch bestätigt, in der Zwischenzeit.

Planemo: Aber wir haben auch schon davor damit angefangen, bevor die das überhaupt angekündigt haben.

Box Film Father: Ja, das hat unsere Idee dann bestätigt. Das hat bestätigt, dass wir auch was machen, was gerade relevant ist und es hat zu Sommer 2016 total gut gepasst – so bisschen dancehallig, einfach easy und leicht.

Planemo: Man muss auch sagen, „Palmen aus Plastik“ ist, glaube ich, Top 5 dieses Jahr im Deutschrap. Es ist einfach sehr gut produziert alles. Alles on point. Trettmann auch super, er ist sowieso einer der Krassesten gerade.

Box Film Father: Die Idee zu „Kokosmilch“ kam also durch externe Einflüsse und auch Ideen von uns.

Qriffin: Ich mag sehr, dass es so ein bisschen was Glattes, Industrielles hat. Hoffentlich wird auch das Video so. Das ist halt Werbung für Kokosmilch, so ein bisschen.

Box Film Father: Was mir wichtig ist, ist in die Pop-Richtung zu gehen, mir macht das so viel Spaß.

Planemo: Es macht auch super Spaß, es ist einfach auch voll die Herausforderung. Das ist viel schwerer, als einen normalen Text zu schreiben. Viele denken, es ist einfach, so einen Popsong zu machen. Aber es ist eigentlich viel schwerer, weil da alles stimmen muss.

Box Film Father: Du brauchst Struktur, du brauchst geile Melodien. Es ist nicht: ein Sample flippen, ein Beat und ein Bass und zwei Mikrofone und ein Turntable. Es ist halt schon viel mehr dahinter. Auch in den Videos dann. Heute muss sowieso das gesamte Paket stimmen: Mit Video, geilen Bildern, geiler Song. Die Artists müssen ein bisschen Persönlichkeit haben, man muss ’ne Story erzählen.

Qriffin: Ich finde „Kokosmilch“ ist was, was in den 90er Jahren in der Werbung von, ja so ziemlich von anything, meinetwegen von ’nem Kokosprodukt im Hintergrund laufen könnte, so klingt das. So glatt, poppig, dass es fast schon Vaporwave ist.

Also du meintest gerade, ihr wollt mit eurer Musik eine Story erzählen.

Box Film Father: Ja, also eher ein Gefühl, oder?

Planemo: Die ganze EP ist eigentlich ’ne Metapher und jeder hat so seine eigene Story. Die Themen sind sehr erwachsen, eigentlich, aber man versteht es halt nicht, wenn man nicht richtig hinhört. Wir haben das gut verschleiert.

Box Film Father: Es ist sehr viel Raum für Selbstinterpretation, sodass die Leute sich auch ihre eigene Geschichte erzählen können. Also es ist eher ein Gefühl – oder, wie Fler sagt, so der Vibe.

Gibt es denn aus eurer musikalischen Vergangenheit Songs, die euch besonders viel bedeuten?

Planemo: Ich glaub‘, mein wichtigster Song ist der erste 101-Remix, dieser „Alles/Ich & Du“, der jetzt irgendwie auf einmal wieder voll viele Plays kriegt. Durch den bin ich erst richtig auf Twitter und so, da haben die Leute das so ein bisschen geahnt. Und dadurch hab‘ ich eigentlich auch erst Neunfünf und so kennengelernt. 101 haben mich auch durch Zufall auf SoundCloud gefunden und die wollten dann einen Remix machen. Dann habe ich ihnen die Spuren gesendet und der Remix hat dann meine Version, die ich produziert habe, komplett zerstört.

Box Film Father: Ich bin ja relativ neu bei Nugod Cloud dabei und ich hab bis jetzt nur ein paar Remixes gemacht. Ich hab‘ Songs in der Vergangenheit, also wie gesagt viel traditionellen HipHop, mit meinen Homies aus Frankreich, wo wir 17 waren, den ich mir ab und zu auch noch anhöre, der mir unglaublich viel Spaß macht und unglaublich lustig war, weil es so räudig war – also von der Soundqualität her, nicht von den Inhalten, das war schon ganz ok. Aber was ich jetzt gemacht hab‘, kommt erst noch. Gucken wir mal, ob ich dir das dann beim nächsten Interview beantworten kann.

Qriffin: Bei mir „Trigger“, weil mir das am allermeisten Spaß gemacht hat und das ist auch am ehesten der Sound, den ich auf dem nächsten Album mache.

Weitere Infos zur „Kokosmilch“-EP gibt es hier