Interview mit Fard

rap.de: Welche Seite magst du persönlich lieber, die harte oder die emotionale und ehrliche?

 

Fard: Ich mag das, wo beides drin ist. Das macht ja meinen Style auch aus. Es mag sein, dass das für den ein oder anderen zu weich ist. Wenn ich jetzt so Songs wie „Zu spät“ oder „Madar“ mache, sagt der eine, der ist ’ne Pussy und der andere sagt bei „60.000 Terrorbars“,  bei „Stamm der Nazizis“ oder bei „Ruhrpott Elite“, ich wäre genauso wie all die anderen. Keine Ahnung, ich habe es schon immer so gemacht. Ich höre auch privat beides.

rap.de: Die zwei Seiten einer Medaille.

Fard: Ja, das ist ein schöner Begriff. „Bellum et Pax“ – zwei Seiten einer Medaille.

rap.de: Das Dugh ist gut.

Fard: Ja, die Iraner trinken das wie Wasser im Sommer, dafür killen die. Aber ich feier das irgendwie garnicht. Ich bin eher so das Cola-Kind.

rap.de: Bist du eigentlich gläubig?

Fard: Ja, ich bin gläubig, aber ich bin kein Vorzeige-Gläubiger. Also mich sollte man nicht nach vorne stellen und sagen, so soll ein Gläubiger sein.

rap.de: Man merkt, dass Religion gerade mehr Thema wird und auch viele Rapper ihren Glauben entdecken und anfangen, das zum Thema zu nehmen.

Fard: Bei mir ist es so, dass Religion für mich schon immer ein Thema war, aber nicht diese ganzen Sachen, die man in den Medien mitbekommt. Den Islam gibt es hier in Deutschland vielleicht seit 30 oder 40 Jahren, in den Großstädten wie Hamburg und Berlin, ist er vielleicht schon länger im Alltag angekommen. Da schiebst du dir keine Macken, wenn du da als Kanak bist. Ein Beispiel: Du bist irgendwo im Supermarkt und die Frau an der Kasse ist typisch deutsch und unfreundlich zu dir, dann reduzier ich das nicht darauf, dass sie so zu mir ist, weil ein Kanak vor ihr steht, sondern ich denke, dass sie vielleicht einen scheiß Tag hat und einfach abgefuckt ist, in einer Großstadt. Aber wenn ich das bei uns manchmal so erlebe, dann denke ich mir, du miese Fotze, dich würd ich hier gerne an der Nase herausziehen, Alter.(lacht) Aber das ist auch alles Kopfsache. Davon muss man sich auch frei machen können. Ich bin auch selber an manchen Situationen schuld. Oft reduziert man Menschen auf so kleine Dinge und hinterher stellt man fest, dass er der toleranteste Typ ist, den man je getroffen hat. Er hatte einfach nur einen schlechten Tag und das war garnicht auf dich bezogen. 

rap.de: Wie ist das denn in der Rapszene eigentlich? Die Kritik an Haftbefehl scheint mir teilweise auch rassistisch motiviert. Da  wird dann argumentiert, dass er kein richtiges Deutsch könne und dass er ein „asozialer Ausländer“ sei.

Fard: Ich sag ganz ehrlich, man sollte sich nicht diese YouTube-Kommentare reinpfeiffen. Das ist Nervengift, Alter, pures Nervengift. Aber bei Facebook ist das mittlerweile auch so. Das sind einfach Plattformen, die den Leuten das Gefühl geben, dass ihre Meinung plötzlich eine Rolle spielt. Es ist zwar nicht so, dass das nicht der Fall ist. Aber, das klingt jetzt vielleicht auch bisschen spießig, aber ich würde sagen, gib deiner Meinung oder deinen Kommentaren einen gewissen Ausdruck. Du kannst es ja immer noch cool rüber bringen, dass dir etwas nicht gefällt. Nicht einfach nur rumheulen oder der Basstard oder was weiß ich.

rap.de: Das liegt aber auch daran, dass man, wenn man etwas Schönes sieht, sich nicht die Mühe macht, einen Kommentar zu verfassen. Aber wenn jemand frustriert ist oder einen schlechten Tag hat, dann kann er seinen Frust so rauslassen. Das ist anonym und dann sind die immer ganz stark.

Fard: Mir ist auch aufgefallen, dass es zwei verschiedene Arten von Künstlern gibt. Die einen, die bei YouTube und Facebook sehr relevant sind, die aber  bei den Verkaufszahlen nicht krasser sind als andere Künstler. Oder umgekehrt. Du guckst dann deren YouTube-Videos und siehst dann, dass das nur 80.000 Klicks hat. Da denkste dir so, hää? Der ist doch gestern auf Platz 5 gegangen.  

rap.de: Noch mal zu deinem Album. Da gibt es diesen einen Song, der auch für deine Mutter ist, das ist bisher dein persönlichster Track gewesen, oder?

Fard: Das ist schon einer, mit dem ich mich auch angreifbar mache, so persönlich ist der. Aber ich denke, damit zeigt man auch Stärke. Ich dachte mir eben einfach auch, dass es mal cool ist, wenn jemand die Muttersprache oder die Sprache seiner Herkunft verwendet und damit etwas positives produziert. Anstatt immer nur zu schreien, ich komme von woher-auch-immer und ich stech dich ab. Was ist das denn für eine Bauernart? Wie präsentierst du denn dann dein Volk? Damit beeindruckst du ein paar kleine, unterbelichtete Bauern, aber mich beeindruckt das einfach nicht. Das ist auch einfach peinlich für die Leute, die schon älter sind und aus deinem Land kommen und für dieses Land wirklich kämpfen mussten, weil sonst irgendwelche anderen Leute einfach einmarschiert wären und dir das, wofür dein Land heute steht, weggenommen hätten. Aber das ist vielleicht auch die Sicht von einem, der ein bisschen älter ist und nicht von einem dreizehnjährigen, der zuhause den ganzen Tag vor YouTube sitzt. Ich finde man kann mit vielen Sachen provozieren, man muss das nur irgendwie korrekt angehen.