Game One – Rap und Spiele

Simon: James Blunt, oder?
 
Etienne: Hör dir doch mal diese ganzen Schmonzetten an, die labern auch nur Scheiße. Zwar romantische Scheiße, aber das ist auch nur Scheiße. Wenn du wirklich ernsthaft Musiklyrics hinterfragst, wer sagt denn dann "Oh, dieser Musiktext hat mich wirklich weitergebracht in meinen Gedanken“? Das ist doch Quatsch. Es geht immer nur um die Stimmung, die Musik erzeugt und HipHop soll halt so ´ne Poserstimmung schaffen und das ist doch auch ok. Wenn ich auf die Kirmes geh, will ich doch auch Achterbahn fahren und keine Buchvorlesung. Ja, ist doch so!
 
Simon: Du hast mich überzeugt.
 
Etienne: Mir geht es doch nicht darum, ob Bushido oder sido jetzt besonders smarte Typen sind, die politisch irgendwas beitragen können. Mir geht es darum, ob ich Bock drauf hab, in eine coole Stimmung versetzt zu werden und wenn ich in ´nem Auto sitze und da gibt’s so ein paar Punchlines und einen dicken Bass, finde ich das einfach geil. Das ist einfach Unterhaltung pur und ich habe keinen Bock, mich ständig dafür zu rechtfertigen, dass das nicht besonders anspruchsvolle Musik ist. Was ist schon anspruchsvolle Musik? Keiner von uns hört Klassik. Insofern… Mehr sage ich dazu jetzt auch nicht.
 
 
rap.de: Savas hat mal gesagt, in einem relativ alten Track mit Fumanschu vor tausend Jahren: "Warum fragen mich die Leute: 'Wieso rappst du über’s Ficken?‘ – Wieso nicht?“ und ich finde das trifft es sehr gut auf den Punkt.
 
Etienne: Was ich generell viel schlimmer finde als so Streetrap oder Gangsterrap ist, wenn Leute plötzlich diesen Consciousrap fahren und dann über Politik rappen oder so. Immer wenn sie eine coole Single oder so brauchen machen sie das, weil sie mit ihrem harten Shit keine Kohle verdienen. Schlimmstes Beispiel ist Samy Deluxe. Die schlimmsten Songs von ihm sind echt, wenn er über Politik rappt und darüber, wie scheiße es in Deutschland ist. Darauf habe ich keinen Bock. Die politische Meinung von Samy Deluxe interessiert mich nicht!
 
Simon: Jaaa, mag schon sein, aber da gibt es ja weiter die Tatsache, dass man überhaupt mal darüber nachdenken kann, dass es noch was anderes gibt als Bitches. Ich finde es ok, wenn man da auch mal versucht, in diese Richtung…
 
Etienne: Ja, aber es kommt halt so unglaubwürdig, wenn einer  zehn Jahre über’s Kiffen rappt und dann erzählt, wie scheiße und abgefuckt die deutsche Jugend ist und dass alle anderen daran schuld sind. Wenn das wirklich einer ist, der das durchzieht und nicht seine Rapkarriere daran aufbaut, dann finde ich das auch ok. Jedenfalls brauche ich keine Rapper, die über Politik rappen.
Die sollen die Tageszeitung lesen und sich bilden und die Tagesschau gucken, aber Samy Deluxe soll mir nicht erzählen, weil er sich über Angela Merkel abfuckt, dass er weiß wo der Hase langläuft. Da werde ich richtig aggressiv als politisch interessierter Mensch. "Ich hab jetzt gehört, die Ausländer werden hier in Deutschland voll schlecht behandelt. Scheiß Politik!“ –  das sind dann so Statements, da kann ich nichts mit anfangen. Tut mir Leid, das ist mir viel zu oberflächlich. Ich will aber davon abgesehen auch keine Rocker über Politik reden hören.
 
Simon: Künstler sollten sich vielleicht generell aus Politik, außer es sind jetzt bildende Künstler oder so was, das kann man sich dann überlegen, so ein bisschen raushalten. Andererseits sind das jetzt aber auch Künstler, die dann halt einen Song machen und den da hinstellen. Die haben vielleicht auch keine Ahnung, aber…
 
rap.de: Aber dann doch lieber ein guter Song über Penisse, als ein schlechter Song über Politik.
 
Simon: Aber den 101sten Song über Penisse braucht man vielleicht nicht.
 
rap.de: Das ist ein zeitloses Thema.
 
Simon: Das äh… Ja, glaube ich auch. Jetzt hast du mich wegargumentiert. "Penisse sind ein zeitloses Thema“ – könntet ihr vielleicht auch als Überschrift nehmen.
 
rap.de: Was hörst du denn eigentlich für Musik?
 
Simon: Ich höre alles so ein bisschen. Als Kind hatte ich immer die Möglichkeiten: Investierst du dein ganzes Geld jetzt in Filme, Musik oder Spiele? Und für mich waren’s irgendwie immer Spiele, an zweiter Stelle Filme und an dritter Stelle erst Musik. Irgendwie habe ich da richtig was verpasst. Ich hatte Phasen, wo ich tatsächlich die Prinzen gut fand oder Guns’n’Roses gehört habe und später waren’s dann halt Fettes Brot. Ich war immer sehr Mainstream.
 
Etienne: EAV  ham wa gehört, ne? EAV ham wa gehört.
 
Simon: (lacht) Das habe ich auch gehört, ja!
 
Etienne: Ist ja im Prinzip auch schon eine Form von Rap. Wenn man sich das mal überlegt… Die haben auch gereimt. (singt) "Ich bin eine Mischung, die ist ziemlich lecker. Aus Albert Einstein und Arnold Schwarzenegger. Das Dumme ist nur: Ich habe Schwarzeneggers Hirn und von Einstein die Figur!
 
Simon: Ich hatte davon eine Platte. Eine Langspielplatte!
 
Etienne: Das sollte man aber mal wirklich machen. Bushido macht doch auch mit Karel Gott "Biene Maja“ und so ´nen Scheiß. Warum nicht mal von EAV Songs nehmen?