Skinnys Abrechnung #8: Fließband-Produktionen und Plastik-Beats

Rapmusik lebt zu 50 Prozent vom Beat. Mindestens. Ich pumpe oft Sachen, die mir raptechnisch gar nicht besonders gut gefallen, weil ein guter Beat einfach alles rausreißen kann. Andersherum eher nicht: Was bringt ein guter Rap, wenn der Beat Schrott klingt? Genau. Gar nix. Nun gibt es beim Beat-Bauen unendlich viele Möglichkeiten – vorausgesetzt man kann es (ich ungeduldiger Vollspast kann’s natürlich nicht). Im Grunde kann man alles erschaffen – bestes Beispiel momentan: Flying Lotus. Oft höre ich irgendetwas und denke direkt „Boah, das müsste man samplen!“. Mich fasziniert all das ungemein. Was mich auch fasziniert – allerdings im negativen Sinne – ist die Tatsache, wie viele Rapper irgendwelche 08/15 Standard-Scheiße in Auftrag geben, die aus x-fach gehörten Drums und billigen Synthielines besteht. Da klingt dann jeder Beat auf einem Album gleich – und wie 2.000 andere davor. Vergleichbar mit einem Rapper, der ein lustloses Album hin scheißt, um nicht vertragsbrüchig zu werden.

Im Endeffekt geht mich das ja nichts an, wie Künstler ihr eigenes Album verkacken. Auch die Geschmackssache-Karte könnte man hier durchaus ziehen. Aber diese Fließband-Produktionen machen mich wütend. Weil oft nicht mehr dahinter steckt als nur ein Schema-F, nach dem Synthies in simplen Tonfolgen auf stets ähnlich arrangierte 90 BpM-Drums zusammen gewürfelt werden. Dabei könnten die Produzenten oft mehr, wie sie an anderer Stelle bewiesen haben. Offenbar aber gibt es in Deutschland gar nicht wenige Rapper, denen das vollkommen reicht. „AM3“ war für mich in dieser Hinsicht ein abschreckendes Beispiel. Die Instrumentale der an sich durchaus befähigten Produzenten klangen allesamt lieblos, seelenlos.

Das Problem ist gar nicht, dass ein Beat einfach synthetisch klingt. Man kann das total geil umsetzen, etwa wie der Vollbluthustler-Produzent 86-Kiloherz. Der hat zwar eine unverkennbare Handschrift, aber kein festes Rezept, nach dem alles standardmäßig abläuft – der Unterschied ist gravierend. Auch wenn die eingesetzten Elemente ähnlich klingen, unterscheiden sich die Beats. All das hängt aber eben nicht nur von den handwerklichen Fähigkeiten des Produzenten ab. Beatzarre und Djorkaeff, die EGJ-Haus- und Hofproduzenten sind ganz hervorragende Producer, bei denen jeder Handgriff sitzt. Aber „CCN3“ krankte ebenfalls daran, dass die Beats lieblos wirkten und über Albumlänge zu einem Matsch verschwammen – trotz organischen Klangbilds. Der Grat zwischen Einheitsbrei und einem Album wie aus einem Guss ist schmal – bei den Beats von 187-Produzent JamBeatz funktioniert es beispielsweise sehr gut.

Alles in allem gibt es nunmal kein Geheimrezept – viele Trapbeats klingen brutal scheiße, weil der Produzent versucht, einem Schema zu folgen: „Jaja, 808Drums natürlich! Was denn noch? Claps müssen da rein! Und vor der Bridge müssen ja noch Snare-Rolls rein! Genau wie bei Chief Keef!„. Man kann sich natürlich einen Kopf machen und Elemente zusammentragen – funktionierte bei Genetikks Überbrett „Achter Tag“ ganz hervorragend. Aber man kann damit eben auch lieblose Fließbandproduktionen abliefern. Celo & Abdi haben von m3 ein kohärentes Soundgewand für „Bonchance“ maßgeschneidert bekommen, das rund und stimmig klingt, ohne langweilig zu werden. Stilistisch könnte man die Richtung durchaus mit der Instrumentalisierung von „AM3“ vergleichen. Qualitativ nicht.