Dendemann – Die Pfütze des Eisbergs

""Die Pfütze des Eisbergs" ist die zur absoluten Pessimistenfloskel "Die Spitze des Eisbergs" passende Realistenfloskel. Alle kochen nur mit Wasser und am Ende des Tages muss jeder aus diesem Wasser die etwas bessere HipHop-Suppe kochen. Und ich hab Omis Geheimrezept und alle anderen sind Topfgucker." Das sagte Dendemann im Interview mit rap.de. An dieser Aussage will ich nun versuchen seine neues Album zu messen.

Wie so viele Aussagen seinerseits proklamiert auch der einleitende Spruch die Originalität und die Vielfältigkeit deutscher HipHop-Musik. Und tatsächlich lässt sich das Album Dendemanns weder an den Scheiben anderer Deutschrapper, noch an den Erwartungen der Fans und Kritiker messen, sondern nur an seinem eigenem daran selbst angelegten Anspruch. Und der ist hoch!

Wonach klingt also das Album? Funk, Blues, Jazz, Swing, Soul, Rock ’n Roll und ganz, ganz viel HipHop! Guter alter Sample-Shit, der durchgehend zum exzessiven Kopfnicken einlädt. Die live-getesteten Songs lassen das Genick des Hörers einfach nicht in Ruhe. Die Audiotreats, die das Album bis auf "Endlich Nichtschwimmer"(Jansen&Kowalski) auf gesamter Albumlänge produziert haben, lassen eine eindeutige und stimmige Handschrift erkennen,  die aber dennoch ungeheuer abwechslungsreich ist. Wer den Sound von EinsZwo mochte, dem gefällt auch der Sound der Audiotreats. Und die guten alten Deutschrap-Scratches fehlen natürlich auch nicht.

Wie rappt Dendemann? Technisch ist der Mann genauso souverän wie eh und je. Dazu kommt, dass er auf höchstem Level Doubletime spittet, den Blues singt und seine Reibeisenstimme betonungsmäßig in jedem Song an jeden Beat ideal anzuschmiegen weiß. Und das alles auf nur einem Album!

Worüber rappt Dendemann? Nach eigenen Angaben gibt es für Dendemann zwei Arten von Themen: "Einmal die Themen, die keiner macht außer ich, wie in „T-Shirts“ oder „Omi aus dem ersten Stock“ oder wie in „Nichtschwimmer“. Es denken halt alle: Ich halte mich doch nicht mit solchem Blödsinn auf. Und dann gibt es die Themen, die jeder schon hatte, wie keine Zeit, kein Geld, wo dann für mich das Wie zählt. Die bearbeite ich dann dendemäßig, und komme auf Vergleiche, die sonst noch keiner hatte." Ok, let’s see:

Ich würde die Themenwahl zwar ein bißchen anders kategorisieren, aber im Kern hat der Dende recht. Egal was er rapt, es ist anders, es ist original. Doch auch der Dende representet schwer, auf seine ganz eigene Art und Weise. Offensichtliche Representer sind vor allem der erste Song "Check mal die Rhetorik ab", der Doubletimer "Hörtnichauf" und die Preisung des eigenen Lungenvolumens auf "Inhalation". Weniger offensichtlich sind die Songs, in denen Dendemann uns versteckt etwas von sich oder seiner Art Musik zu machen preisgibt. In "Gut und gerne" geht es um die Liebe zu lauthalsem Singen. "Endlich Nichtschwimmer" erzählt uns davon, wie Dende sich zum Beobachter des Lebens als Bademeister gemacht hat. "Volle Kontrolle" erzählt uns etwas von seiner Arbeits- und Lebenseinstellung. "Sensationell" personifiziert den guten alten HipHop und Dende erklärt ihm seine Liebe. Und die Fernsehbiographie des Dendemeiers in Audio-Form "Dende 74" malt einen wunderbar nostalgischen Background für einen wunderbar tighten Deutschrapper des Jahres 2006. Übrig bleiben noch die nicht unbedingt repräsentierenden Themensongs wie "Das erste Mal", "Sachmagehtsnoch" und "Kommt Zeit dreht Rad", die tatsächlich an die starken Konzeptualisierungen wie in "T-Shirts" erinnern und vielleicht die schwächsten Songs auf dem Album sind. Diese Songs stören den ansonsten stimmigen Gesamteindruck aber nur wenig. "Das Lied mit dem…" handelt vom Lied mit dem… und in "LaLaLabernich" wird Dende zum Verkuppler für seinen Kumpel Volker. Für den, der so ein bißchen auf Battleraps steht, gibt es dann noch in dem "IchsoErso"-Remix "ErsoIchso" ein paar nette unnachahmlich verpackte Punchlines und die Single "3 1/2 Minuten", tja, was soll ich dazu noch sagen. Ihr habt das Video wahrscheinlich schon gesehen, euch schlapp gelacht und eine alte D’Angelo-Scheibe rausgeholt.

Der Dende dürfte mit seinem Album also mehr als zufrieden sein, genau wie ich. Fazit: Bestes Deutschrap-Album 2006! Pflichtkauf!