Kurt Prödel: Der Mann hinter den originellen Videos der GUDG

 

Oberkörperfrei steht der Glo Up Dinero Gang-Rapper MC Smook vor einem Schwarm Delfine. Bei den Meeressäugern handelt es sich um schlecht animierte 3D-Models, Smook selbst ist als unsaubere Greenscreen-Aufnahme mehrfach gespiegelt. Wie der Song „Grinden mit Delphinen“ selbst punktet auch das bewusst Bildfehler-behaftete Video mit einer gewöhnungsbedürftigen Trash-Ästhetik die polarisiert. Hinter dem markanten visuellen Material steht Kurt Prödel, so das Pseudonym des Videoproduzenten (eigentlich der Name des Projektes), der von sich selbst stets im Plural spricht. „‚Wir bei Kurt Prödel Video orientieren uns stark an mittelständischen Imagefilm-Unternehmen. Die schreiben auch immer ‚Wir‘“ , so die Erklärung dieses Stilmittels. Prödel ist ein schwer durchschaubarer Gesprächspartner.

Das Logo des Kölners ist ein Schriftzug, entstanden in Microsoft Word-Art – das sind diese trashigen Schrifttypen, mit denen Kinder der 90er-Jahre begeistert im Grundschul-Computerkurs experimentierten. Der Slogan „Mit Know-How & Leidenschaft auch zu Ihrem perfekten Webideo!“ – ein Kunstgriff, schon in Anbetracht der bewusst unperfekten Videos, vor allem aber in der trockenen Austauschbarkeit des Slogans selbst, der tatsächlich auch von jedem beliebigen mittelständischen Imagefilm-Unternehmen stammen könnte. Bei Kurt Prödel ist es voll beabsichtigt, zu polarisieren. „Wir bei Kurt Prödel Video arbeiten für den Disslike-Button. Am liebsten 50/50“ .

Fachmänner allerdings loben die Arbeit Prödels. Keine Musikvideo-Fachmänner jedoch – es handelt sich um Kunst. Kurt Prödel wurde im Rahmen einer Ausstellung der Kunsthochschule für Medien in Köln mit einem auf 1250€ dotierten Förderpreis ausgezeichnet. Von etwa 50 Bewerbern wurde ein Preis von 7000€ auf sechs Gewinner ausgeschüttet. Sein Projekt – ein Kurt Prödel Imagefilm, der seine von ihm produzierten Videos, sowie einen von einer monotonen Frauenstimme vorgetragenen Werbetext beinhaltet und in einer Marmorsäule eingelassenen Monitor im Loop läuft – setzte sich gegen diverse andere Nominierte, von Fotografien bis Installationen, durch. „Kurt Prödel Video Mixer 1.0“ nennt der Künstler seine Schöpfung. „Dem Projekt Kurt Prödel Video gelingt es, permanent an der ästhetischen Schmerzgrenze zu spielen„, formulierte es Preispate treffend. Ein gewagtes Unterfangen, ein derart exzentrisches Werk bei solch einer Ausstellung einzureichen. „Wir fanden es jedoch enorm reizvoll, die Webclips auch außerhalb des Internets zu zeigen und die direkten Reaktionen der Ausstellungsbesucher mitzubekommen“ schildert Prödel seinen Beweggrund. Eine Fotodokumentation der Ausstellung findet sich hier.

Die gewünschten Reaktionen seien sogar überwiegend positiv gewesen: „Die Vibes waren gut. Die Leute setzten sich die Kopfhörer auf und wirkten zunächst irritiert. Das ging aber meistens sehr schnell in ein Grinsen über, als sie es gefühlt haben“ . Überhaupt sind der Vibe und das Gefühl entscheidend für Prödels Visualisierungen – selbstverständlich, die technische Umsetzung ist schließlich alles andere als auf Hochglanz poliert. „Es geht um den Vibe und das Gefühl und es muss im Prozess Spaß machen. Solange es einen selbst beim Editieren nicht irritiert ist es nicht gut genug“ . Es muss einen selbst beim Editieren irritieren – das spricht Bände. Prödels Schaffen hat etwas Dekonstruktivistisches, es bricht mit jeder Norm, die man im deutschen Musikvideo-Dschungel gewohnt ist.

Wir setzen es uns nicht als Aufgabe, gegen die Norm anzugehen bei Kurt Prödel Video. Wir würden einfach sehr gerne ausgefallenere Projekte sehen, statt die ewig gleichen Videos in denen Shishacafés und Dönerbuden ausgeraubt werden.“ erklärt Prödel seine Arbeit. Nicht zu verkopft darf es sein – wie auch die Musik, die er bebildert. Zu viel Kopf schadet dem Endprodukt. „Wir bei Kurt Prödel Video haben in der Produktion unserer Videos ein Dogma: ‚Dreh nicht länger als 2 Stunden, Schnitt nicht länger als 4 Stunden‘“ – das ist dem trashigen Charme nur zuträglich, auch wenn Prödel der Meinung ist, seine Videos würden nur als „sehr eigen“ und „trashig“ empfunden, weil alles andere so „unglaublich gleich“ sei.

Kurt Prödel, der übrigens den Kontakt zwischen Money Boy und MC Smook hergestellt hat (für den Fall, dass Davud fragen sollte), sieht sich nicht als Dienstleister. „Selten geben die Künstler eigene Ideen mit rein oder kommen mit einem konkreten Plan.“  Prödels Kunst ist etwas Eigenständiges. Prödel erzählt, das Projekt sei vor zwei Jahren entstanden, als er spontan das Video zu Money Boys Song „High&Twisted“ drehte. Daraufhin kam MC Smook auf ihn zu. „Für Grinden mit Delphinen hat MC Smook Bettlaken an die Wand gehangen und sich mit dem Handy gefilmt“ schildert Prödel die Zusammenarbeit. Vor Fertigstellung des Videos haben die beiden sich nie getroffen. Mittlerweile hat Kurt Prödel bereits diverse Videos für Money Boy, MC Smook, LGoony, Juicy Gay, Mighty Marine, Veedel Kaztro und Gwalla G produziert. Mit derart einfachen Mitteln entstehen Kurt Prödels gewöhnungsbedürftige Kunstwerke – und stauben Kunstförderpreise ab. „Unsere Videos haben Pepp und Charme, sind frech und anders.“ – Amen.