Interview mit Twin

Twin, das ist ehrlicher, deutscher Rap ohne Kompromisse. So beschreibt sich zumindest der Frankfurter selbst. Manchen Lesern dürfte er eher als der rappende Hooligan bekannt sein. Das Twin sehr viel Wert auf Standing und eine authentische Außendarstellung legt, zeigt sich auf seinem am 31. Oktober erscheinendem Album „1312 Prinzip“ sehr deutlich. rap.de sprach mit Twin über seine Anfänge, die Musik und das Album, sein Standing als Hooligan sowie der persönlichen Wahrnehmung der Deutschrap-Szene in diesen Tagen.

rap.de: Ey Twin, den meisten Lesern wirst du noch nicht so bekannt sein, erzähl ihnen doch mal etwas von dir.

Twin: Rapper, Hooligan und Türsteher, der mittlerweile im Puff arbeitet. Ich rap seit 2000 und bin eigentlich über meine Familie zu Rap gekommen. Die haben immer das ganze Ami-Zeugs gehört, meine halbe Familie ist ja auch amerikanisch, angeheiratet amerikanisch. 2007 bin ich dann bei „Echte Musik“ gelandet. Und ja, ich bin im Millieu tätig, bin Hooligan und box mich einfach gerne. Was sich einfach auch wieder in meinen Texten widerspiegelt. Ich erzähl einfach nur das, was mir auch wirklich in meinem Alltag passiert. Twin ist gerade raus, auch wenn es niemand passt.

rap.de: Du sprichst auch davon, das dich deine Kindheit und das Aufwachsen im Dorf enorm geprägt hätte.

Twin: Auf jeden Fall, wobei Dorf etwas übertrieben ist. Direkt neben Frankfurt-Rödelheim liegt Steinbach, gehört zum Taunus, ist aber genau neben an. Da kannst durch die Nordi (Nordweststadt Frankfurts Anmerkung der Redaktion) hinlaufen. Nur für die Frankfurter ist es halt so, der kommt aus dem Dorf. Dann grenzen sie dich auch etwas aus und dementsprechend hat’s dann halt auch oft geknallt. Und ich hab mir bereits als Kind nichts sagen lassen. Deswegen hab ich mich dann einfach gerade gemacht und mich behaupten müssen. Auch meine Mutter meinte damals, erst schlagen, dann reden. Dem bin ich vielleicht etwas zu extrem gefolgt. Aber am Ende hat’s mich zu dem gemacht, was ich heute bin.

rap.de: Dein Name bezieht sich ja darauf, dass du einen Zwillings-Bruder hast. Du bist sehr familienverbunden und musstest auch schon früh für deine Brüder Verantwortung übernehmen. Prägte auch das den Menschen Twin?

Twin: Ja schon, wobei für mein Zwillingsbruder eher weniger. Er war mir ja immer gleichgestellt. Aber ich hab noch einen jüngeren Bruder. Und für den musste ich schon öfter Verantwortung übernehmen. Meine Mutter war sehr jung als sie uns bekommen hat, deswegen dann auch berufstätig. Ich hab dann halt unseren Bruder überall mit hin genommen, ihn miterzogen. Er ist quasi von meinem Schlag.

rap.de: Und irgendwann hast du dann angefangen, dein Leben auch in Rap zu kanalisieren. Erzähl uns nochmal genau, wie du zu Rap gekommen bist?

Twin: Wir haben halt dadurch das mein Onkel und die Cousins Amerikaner sind früh mit amerikanischem Rap zu tun gehabt. Mein Onkel ist Soldat, deswegen war ich auch oft bei den Kasernen und viel mit meinen Cousins und Verwandten unterwegs. Und dort war Rap allgegenwärtig. Egal ob jetzt auf der musikalischen Ebene oder im Bezug auf Breakdance. Dann hab ich erst angefangen mit Breakdance, mir die Knochen dabei gebrochen und mich dann dem rappen zugewendet. Erst halt Texte auswendig gelernt, das Zeug auf Instrumentals gerappt und mir irgendwann gedacht, schreib doch deine eigenen Texte. Zu dieser Zeit war ich todes geflasht von Moses (Moses Pelham Anmerkung der Redaktion) weswegen ich mich dann auch für die ganze Deutschrap-Geschichte interessiert hab.

rap.de: Zu dieser Zeit bist du dann zu Jonesmann gekommen, wie hat sich denn das dann entwickelt?

Twin: Das war mehr oder weniger Zufall. 2006 waren wir damals mit unserer eigenen Kombo unterwegs und haben auf Jams und Festivals regelmäßig die Bühnen abgerissen. Wir hatten das damals mit dem ganzen Internet-Kram, mit Myspace und so Zeug, gar nicht auf dem Schirm. Also mussten wir uns einen Namen als Vorgruppe auf solchen Live-Shows machen. Damals war HipHop ja nur Baggy mit Cap. Türsteher die tätowiert und mit breitem Kreuz auf der Bühne ordentlich auf die Kacke hauen gab’s damals ja noch nicht. So ist Barnabas, der damalige Producer von Jones, auf uns zugekommen und meinte wie krass er uns finden würde und hat dann Beats für uns gebaut. Als wir bei ihm im Studio waren und aufgenommen haben, fehlte irgendwann mal eine Hook und Barnabas meinte, Jones hätte mit ihm telefoniert und würde die Hook für uns machen. Das fühlte sich dann fast schon an, wie wenn man es geschafft hätte. Irgendwann haben wir ihn dann getroffen und nachdem man sich kennenlernte, führte das Eine zum Anderen. Damals musste man ja noch Leute kennenlernen, bevor du mit ihnen gearbeitet hast. Heute schickste einfach ’ne Mail raus und gut is. Ja und so bin ich dann Stück für Stück auf’m Label gelandet.

rap.de: Nachdem Jonesmann „Echte Musik“ geschlossen hat wurde es auch um dich etwas ruhiger. Wie hast du die ganze Zeit so erlebt?

Twin: Richtig, ich bin bereits zu der Phase, als Jonesmann das Label schließen wollte, nach Amerika und wollte eigentlich auswandern. Meine Tante wohnte damals noch drüben. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich gehen oder bleiben soll. Zu dieser Zeit veröffentlichte ich auch mein Mixtape „Dreckig, Eisern und Loyal„, aber Jonesmann machte schon klar, dass die Schließung ins Haus steht. Aus den Staaten zurück  war es dann beschlossene Sache: „Echte Musik“ wird es nicht mehr geben. Für mich ist ’ne Welt zusammengebrochen. Wir waren aber alle noch cool miteinander und es war klar, dass wir weiter Musik machen werden. Wir waren aber gerade in der Phase, in der Haftbefehl und die Azzlacks so groß geworden sind. Also bin ich mit denen dann auch auf Tour, hab aber festgestellt, dass sich in der Phase, wo ich weg war auch das Publikum verändert hat. Und irgendwie kam ich darauf gar nicht mehr klar. Ich mach Musik nicht im Vordergrund für Kohle oder sowas, ich mach Musik um geile Shows spielen zu können und von der Crowd wieder was zurück zu bekommen. Und wenn dann lauter Affen in Alpha-Bomberjacke und Boxerschnitt da stehen und nicht wissen wie sie ihren Rapper zu feiern haben, dann zieht mich das obermäßig runter. Dann gab’s auf einmal kein Studio mehr, alle Leute springen ab, andere kehren dir den Rücken zu: Ich hatte kein Bock mehr! In der Zeit wurde ich dann auch Vater und dachte, zieh dich etwas aus der Musik zurück. In der Zeit hab ich aber immer Texte geschrieben, weil ich’s halt doch nicht bleiben lassen konnte. Kumpels haben dann ein eigenes Studio aufgebaut und ich hatte wieder Blut geleckt.

rap.de: Du sprichst, wie du selbst schon sagst, eine deutliche Sprache in deinen Tracks. „Ich bin Deutschraps Panzer der über Deutschrap rollt“ heißt es da zum Beispiel. Deutliche Ansage an gewisse Deutschrap-Lager, oder?

Twin: (lacht) Voll! Wobei, es geht nicht in ein gewisses Lager. Ich sprech in meinen Texten nicht, wie man oft denkt, die Rapper persönlich an, sondern mehr die Hörer. Denn die sorgen doch durch ihr Interesse an Beef für die Streitlust zwischen den Rappern und Gruppierungen. Aber was ich sagen will ist, dass der Deutsche heutzutage voll weggedrängt wird. Damals gab’s halt die Amis oder Farbigen, wie z.B. Jones, die haben sich den Mut gefasst und sich ein Namen gemacht. Heute gibt’s die ganzen Azzlacks die groß wurden. Und der Deutsche ist automatisch ein Schmock, der kann keine Ansagen machen, schon gar nicht irgend einen Streetrap. Deutscher ist gleich Rucksackrapper oder sowas. Das ist verdrehter Rassismus was da im HipHop passiert. Deswegen mach ich ne Ansage und roll da drüber wie ein Panzer und ihr könnt machen was ihr wollt. Mir scheissegal, ich lass mich weder unterkriegen noch passe ich mich an. Warum auch, nur um ne Platte mehr zu verkaufen? Da hab ich kein Bock drauf. Ich bin Deutscher, ich bin stolzer Deutscher. Ich bin kein Rassist, aber wenn ihr rassistisch seid, dann kann ich das auch. Ganz einfach.

rap.de: Du hast auch einen Track mit „Blut & Kasse und Pedaz“ gemacht. „Gardenmaß“ heißt dieser. Wie kam es zu dieser Kooperation? Durch die Einstellungsparallelen?

Twin: Nicht mal, durch die Einstellungsparallelen bin ich auf die Jungs aufmerksam geworden. Eigentlich boykottier ich ja eh alles was gerade so kommt. Ich hör zwar schon deutschen HipHop, aber ich hate viel Neues, weil das meiste eh nur ein Abklatsch ist von dem was eh schon da war. Toony hat mich dann auf die Jungs aufmerksam gemacht, meinte, du musst dir auf jeden Fall den Track „Deutsch“ von den beiden anhören. Ich dachte mir dann, Fler hat das schon damals gemacht, was sollen die jetzt neu machen? Ist doch bestimmt eh nur wieder ein Abklatsch. Irgendwann hat er mich dann aber so genervt, dass ich es mir dann doch angehört hab. Ich war so geflasht von dem Track, die haben all das gesagt was ich halt auch dachte. Ich hab ihnen dann gleich auf Twitter geschrieben und Probs gegeben. Dann hat Blut & Kasse mich letzten November direkt eingeladen zu seiner Releaseparty von „Macher oder Träumer“ in Würzburg. Ich bin hingefahren und sofort mit ihm warm geworden. Super Typ, hat gleich alles gepasst. Dann waren wir gegenseitig auf unseren Mixtapes vertreten und so wuchs die Zusammenarbeit.

rap.de: Neben deinem generellen Standing bist du auch dem Hörer durch deine Zugehörigkeit zur Brigade Nassau (Eine Hooligan-Gruppierung die Eintracht Frankfurt supportet  Anmerkung der Redaktion) bekannt. Zudem bekennst du dich ganz klar als Hooligan. Welchen Stellenwert nimmt das Ganze in deinem Leben ein?

Twin: Ich würd sagen einen großen Stellenwert. Das ganze Hooligan-Ding und die Brigade haben halt viel mit meinem Werdegang zu tun. Seitdem ich in der Brigade bin hat sich einiges getan. Jobtechnisch usw. Mein ganzes Umfeld sind eigentlich Hools oder Leute aus dem Millieu und Nachtleben. Also es hat einen großen Stellenwert in meinem Leben. Da lass ich nichts drauf kommen. Deswegen fließt das auch in meine Texte ein. Wenn ich in meiner Freizeit mit denen zusammen bin, mich auf dem Acker prügele oder an der Tür stehe, bleibt nicht viel Zeit um „andere“ Texte zu schreiben.

 

rap.de: Dein Album „1312 Prinzip“ wird am 31. Oktober veröffentlicht. Was hat der Hörer denn zu erwarten?

Twin: Auf dem Album geht’s natürlich sehr aggressiv zur Sache. Es gibt zwar auch deepere Songs, aber im Großteil sehr aggressiv. Der Titel „1312 Prinzip“ gibt halt auch nicht viel Spielraum für ruhigere Sachen. Das hätte nicht gepasst. Und ich wollte einen roten Faden für das Album. Und da die Produktionszeit eine eher schwierige für mich war hört man den Abfuck, den ich geschoben habe, deutlich raus.

rap.de: Wie geht’s denn weiter wenn du das Album veröffentlicht hast? Du meintest vorhin du tourst gern. Gehst du auf ’ne große Tour, endlich mal als Headliner? Ist da was geplant?

Twin: Nichts geplant, aber hab ich vor. Jedoch kommt direkt nach dem Album eine Kollabo-Projekt zwischen mir und meinem alten Freund Koloss. Je nachdem wie mein Album ankommt, geh ich auf ne kleine 1312 Tour oder ich warte, bis das Kollabo fertig ist und wir gehen dann auf Tour. Aber da ist noch nichts Konkretes geplant. Wie gesagt, das Kollabo ist fertig, meine EP die danach kommen soll auch schon. Da gab’s nicht viel Zeit um eine Tour zu planen. Und ich will auch keine Auftritte einfach hinrotzen. Das soll schon was Geiles werden.

rap.de: Die letzten Zeilen gehören dir. Was willst unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?

Twin: Ich kann jedem, der auf echten HipHop, auf Straßenrap, auf Deutschrap der real ist steht nahelegen, mich zu supporten und sich „1312 Prinzip“ in den Läden zu holen.

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