Fler & Jalil – Epic [Review]

„Epic“ ist nicht einfach nur ein Rapalbum. „Epic“ erzählt eine Geschichte. Die Geschichte vom Underdog on top. In diesem Fall vor allem verkörpert von Fler, der in den letzten Jahren einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen alle führte – Konkurrenten, deren Fans, Kritiker, Journalisten – und am Ende triumphierte.

Das alles, dieser Höllenritt vom von allen gedissten zum von (fast) allen respektierten, diese ganze Geschichte von „Mama ist nicht stolz auf mich“ bis „Kann euch nicht mehr dissen wegen mei’m Standing“ steckt in „Epic“. Nicht, dass sie in den Lyrics auserzählt würde, nein, aber sie steckt in jeder Zeile, in jeder Note dieses Albums.

Und das ist wichtig. Rap lebt von solchen Narrativen. Es geht nicht nur um den richtigen Reim und den richtigen Bummtschack. Es geht verdammt nochmal auch um die richtige Geschichte – und das ist eine. Mehr Rap geht nicht.

„Epic“ ist aber auch die Geschichte von Jalil. Vom von vielen belächelten Sidekick Flers zu einem vollwertigen Partner in rhyme. Der nicht nur mit seiner unglaublich tiefen, sonoren Stimme das perfekte Gegengewicht zu Flers schneidendem Organ bildet, sondern auch inhaltlich starke Zeilen wie

„Meinem Pack und mir eilt jeden Tag der Ruf voraus
Eine Ansammlung von Gangstern aus dem Jugendhaus
Importiert und kriminell aus den Konfliktländern
Und heute sind wir aus der staatlichen Sicht Gangster
(„Rudel“)

aus dem Ärmel schüttelt.

„Epic“ lebt von der Attitüde der beiden Protagonisten, die locker zwischen Gewaltandrohungen und dem Anpreisen von Luxusartikeln switchen. Eine Standort-Bestimmung auf 17 Tracks, ein sich Abgrenzen gegen alle, die nicht zur Gang gehören. Also beinahe alle.

„Ja, ich bin nicht mehr wie früher
Ein Star so wie vorne auf dem Kühler
Egal, wie die Wichser jetzt haten
War vieles, doch niemals ein Lügner
War vieles, doch niemals am faken
Egal, wie die Wichser jetzt haten“ (Fler auf „Regen“)

Und vergessen wir nicht, dass mit Mortel ein dritter Protagonist seine Signatur auf „Epic“ hinterlassen hat. Seitdem dieser 2013 mit „Jung frisch wild“ vorstellig wurde, war mir klar, dass bei dem was gehen wird. Seine Beiträge auf dem düsteren „Coogi“ und dem überlebensgroßen „Sollte so sein“ fügen „Epic“ die richtige Prise Salz hinzu – welche Härte und welcher Hunger da aus seinen Zeilen spricht, ist beachtlich:

„Tote Blicke zier’n die Perspektivlosigkeit
Verschiedene Kulturen, doch die Meinung ist gleich: Fick die Polizei!“ („Coogi“)

Das alles geschieht auf erneut erstklassig produzierten Beats von Nico Chiara. Es gab eine Zeit, als man einen Deutschrap-Song auf Anhieb erkannte, noch bevor das erste Wort gerappt wurde. Einfach am Beat. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei – auch Dank Jungs wie Nico. Der hat dafür gesorgt, dass tatsächlich fast nur Bretter auf „Epic“ zu hören sind. Dafür braucht er meistens nicht viel: Ein Sample oder eine eingespielte Melodie auf die Drums, eine mächtige Bassline – fertig. Obwohl die Beats eine unglaublich dichte Atmosphäre erzeugen, sind sie nicht überladen oder pompös.

Angesichts dieser Vorzüge ist es fast egal, dass einige Hooks etwas monoton ausgefallen sind – und eine der wenigen, die vom Schema abweicht, nämlich die von „Gang für immer“, stark an die von Bellys „Money go“ erinnert. Für manche Ohren mögen sich die Tracks vom Aufbau her auch zu stark ähneln, aber es ist eben bei aller Musikalität immer noch ein Straßenrap- und kein Jazzalbum. Und klar ist bei 17 Songs nicht jede Line ein Killer („Jalil – ich bin nicht von der Elfenbeinküste“).

Aber: Das Momentum ist klar auf ihrer Seite. „Epic“ ist ein in sich schlüssiges, souveränes Gesamtwerk, auf dem die beiden Protagonisten ihre Stärken ausspielen. Und ihre Geschichte erzählen. Nicht mehr und nicht weniger.

Epic (Ltd. Fanbox)
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